Fehlende PfarrerGemeindevertreter verärgert über Kirchenpläne für Köln

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Die Kirche St. Gereon in Köln

Die Kirche St. Gereon in Köln

Köln – Für die katholische Pfarrei St. Agnes in der Altstadt-Nord ist die Neuigkeit vom Wochenende eine Zäsur; für die gesamte Innenstadt ist sie nichts weniger als die Vorbotin eines Kirchenbebens: Der langjährige Leitende Pfarrer von St. Agnes, Frank Müller, verzichtet auf sein Amt und wird zum 1. März Nachfolger von Matthias Schnegg (St. Maria Lyskirchen) als Diözesan-Caritaspfarrer. Damit hat ein weiterer „Seelsorge-Bereich“ – ein Verbund früher eigenständiger Gemeinden – bis auf Weiteres keinen eigenen Pfarrer mehr. Da Pfarrer Andreas Brocke (St. Gereon) vor einem Wechsel nach Köln-Marienburg steht, werden im Sommer vier der sechs Seelsorgebereiche vakant sein.

Aus dieser dramatischen Entwicklung zieht die Bistumsleitung jetzt Konsequenzen. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, soll es künftig nur noch eine Innenstadtpfarrei geben. Das geplante Großgebilde mit 38 000 Gemeindemitgliedern soll „Sendungsraum Köln-Mitte“ heißen.

Am vorigen Samstag sollten Seelsorger, pastorale Mitarbeiter und ehrenamtliche Gremienvertreter aus den Seelsorgebereichen St. Agnes, St. Gereon, St. Aposteln, St. Severin, den Gemeinden Herz Jesu und St. Mauritius (Seelsorgebereich zwischen Zülpicher Platz und Griechenmarkt) sowie aus den Gemeinden St. Maria im Kapitol, St. Maria Lyskirchen, St. Pantaleon, St. Peter und St. Georg in zwei aufeinander folgenden „Auftaktveranstaltungen“ vom zuständigen Hauptabteilungsleiter Seelsorgebereiche, Monsignore Markus Bosbach, auf die geplante Neuordnung eingestellt werden. Die betroffenen Pfarrer waren schon vor zwei Wochen in einer internen Sitzung informiert worden.

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Die Kirche St. Aposteln am Kölner Neumarkt

Unverständnis und Ärger

Nach Angaben von Anwesenden reagierten die Gemeindevertreter zum Teil mit Unverständnis und Ärger auf die Veränderungen, die Teil des von Kardinal Rainer Woelki ausgerufenen „pastoralen Zukunftswegs“ sind. Eine Teilnehmerin wird mit den Worten zitiert: „Seien wir doch ehrlich: Wenn wir genügend Priester hätten, säßen wir nicht hier.“ Etliche Seelsorger, unter ihnen langgediente Pfarrer, zeigten sich konsterniert und ernüchtert. Mit blumigen Worten wie der Rede von der Innenstadt als „Garten mit vielen bunten Pflanzen“ sei niemandem gedient. Weder sei für den Reformprozess eine klare Zielvorgabe erkennbar noch ein hinreichendes Maß an Fürsorge für die noch vorhandenen Seelsorger: „Wir werden verheizt“, klagte ein Geistlicher mit Blick auf die zu erwartende Aufgabenlast. Als Alarmsignal sei es zu werten, dass in den vergangenen Jahren mehrere Pfarrer in Leitungspositionen mit so schwer wiegenden gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten, dass sie ihr Amt aufgeben mussten.

In seinem ebenfalls am Wochenende veröffentlichten Fastenhirtenbrief ging Kardinal Woelki nur sehr knapp und ohne inhaltliche Festlegungen auf den Stand der Reformen ein. Die Zeit bis Ostern sei „uns auch dafür geschenkt, unseren Wegen in besonderer Weise Platz zu machen, damit Christus an unsere Seite treten kann: uns zu begleiten, uns zuzuhören, uns zu erinnern, uns das Brot zu brechen, uns die Augen zu öffnen, uns zukunftsfähig zu machen. In diesem Sinne will auch unser pastoraler Zukunftsweg Christusweg sein“, so der Kardinal.

Einschnitte von größerer Tragweite

Aus der kirchlichen Statistik ergibt sich, dass die Einschnitte im Zentrum von größerer Tragweite sind, als es die bloße Zahl der Gemeindemitglieder nahelegt. In der Innenstadt wohnen zwar nur zehn Prozent der 380 000 Katholiken im Stadtdekanat Köln. Der Gottesdienstbesuch in der Innenstadt liegt aber bei rund 26 Prozent, im gesamten Stadtdekanat nur bei knapp acht Prozent. Demnach sucht fast ein Drittel aller Kölner Gottesdienstteilnehmer sonntags eine Kirche im Stadtzentrum auf.

Die Suche nach dem künftigen Leitenden Pfarrer gestaltet sich dem Vernehmen nach schwierig. Es ist von einer komplexen Aufgabe die Rede. Auch der Erzbischof selbst habe von einer „großen Schwierigkeit“ gesprochen, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Darüber hinaus würden auch kompetente Seelsorger für die Innenstadt-Kirchen gebraucht, um deren je eigenes pastorales Profil erhalten zu können. In der Gesamtbetrachtung spielt für die Bistumsleitung offenbar auch die Tatsache eine Rolle, dass die finanzielle Situation der Seelsorgebereiche sehr unterschiedlich ist.

Pfarrer Müller von St. Agnes soll auch in seiner neuen Aufgabe bei der Caritas weiterhin in einem der Kölner Seelsorgebereiche mitwirken. Dabei könnte es sich angesichts des bevorstehenden Stellenwechsels um St. Gereon handeln.

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