Filmprojekt auf dem FriedhofKölner Studierende und Kuckelkorn beerdigen Kreativität

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Köln – Sondereinsatz für Christoph Kuckelkorn: Am Donnerstagmorgen brachte der Bestattungsunternehmer in einem dunkelblauen Leichenwagen eine schwarze Urne zum Südfriedhof, in die ausnahmsweise keine Asche gefüllt war. Denn was folgte, war keine Beisetzung. Es waren von der Friedhofsverwaltung genehmigte Aufnahmen für einen Film, in der symbolisch die Kreativität zu Grabe getragen wird.

Die Idee stammt von einer Gruppe von Studierenden der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Zollstock. In einem von Professor Martin Rendel betreuten Semesterprojekt des Masterstudiengangs „Kommunikationsdesign und Kreative Strategien“ haben sie sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Bedeutung von Kreativität beschäftigt.

Semesterprojekt zu Kreativität

Mit welchen Methoden lässt sie sich stärken?  Inwieweit kann Künstliche Intelligenz kreativ sein? Eine Untergruppe hat untersucht, ob Kreativität angeboren ist und in Schulen ausreichend gefördert wird. Dafür befragten die Studierenden eine Kinderpsychologin, Lehrer und Lehrerinnen und machten mit rund 200 Schülern und Schülerinnen konventioneller Schulen Tests.

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Zu den Aufgaben gehörte etwa, ein den eigenen Wünschen entsprechendes Haus zu malen, Antwort darauf zu geben, was sich alles mit einer Büroklammer anstellen lässt, und zu überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, von einem Ufer eines Flusses zum anderen zu kommen. Die Ergebnisse, die noch nicht vollständig ausgewertet sind, seien „relativ ernüchternd“, sagte Studentin Simona Clej-Vonica.

Schule lässt wenig Platz für Kreativität

Nicht nur die Gleichartigkeit von Antworten sei aufgefallen, sondern auch, dass die Schüler und Schülerinnen es gewohnt seien, sich an starre Vorgaben zu halten und nach einem Richtig-Falsch-Schema zu antworten. Dadurch bleibe die Kreativität auf der Strecke. Repräsentativ sei die Untersuchung nicht;  und sie gehe davon aus, dass die Resultate in reformpädagogischen Schulen anders ausgefallen wären.

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Weil sich Kreativität nicht messen und bewerten lasse, habe sie in der Schule viel zu wenig Platz, sagte Martin Rendel, der die Filmaufnahmen begleitete. Die leistungsorientierte Erwartung der Eltern trage dazu bei, dass bei der Wissensvermittlung nach Lehrplan das Schöpferische zu kurz komme. Dabei sei Kreativität nicht nur für die Persönlichkeit wichtig, sondern auch für die Wirtschaft eines rohstoffarmen Landes, das auf Erfindungsgeist angewiesen sei: „Wir leben davon, dass wir Technologien, Innovationen und Ideen verkaufen.“

Kuckelkorn: „Provokation, um wachzurütteln“

Kuckelkorn hatte sich bereiterklärt, an dem  Film mitzuwirken. Geduldig folgte er den Anweisungen, die ihm Simona Clej-Vonica und ihr Kommilitone Maximilian Waidhas gaben, die sich an der Kamera abwechselten. Mit dem Leichenwagen drehte er Runden auf den Friedhofswegen, wiederholt öffnete er die Heckklappe und holte das Aschegefäß heraus. Die Szene mit der Beisetzung der Urne hatten die Studenten am Vortag in einem Garten gedreht.

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Die Studentin Simona Clej-Vonica filmt eine Urne, in der symbolisch die Kreativität begraben werden soll.

„Es ist eine unkonventionelle Art, mit dem Thema umzugehen“, sagte Kuckelkorn. Als Vater, der acht Kinder durch ihre Schullaufbahn begleitet habe, könne er bestätigen, dass über der Vermittlung und Abfrage von Wissen die Kreativität und  Eigenständigkeit ins Hintertreffen geraten würden, obwohl sie wichtig seien, um mit zukünftigen Situationen umgehen zu können. Der Film sei eine „gewisse Provokation“, aber angemessen, „um Menschen wachzurütteln.“ Bald wird er in der Hochschule im Rahmen einer Ausstellung gezeigt, in der die Projektergebnisse präsentiert werden.

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