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Flüchtlinge in KölnLand zahlt nicht genug – Stadt fordert Geld für Versorgung

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Szene vom Bahnhof: Eine Gruppe kommt nach der Flucht an

Szene vom Bahnhof: Eine Gruppe kommt nach der Flucht an

  • Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen, bleiben oft auf großen Teilen der Kosten sitzen.
  • Professor Thomas Lenk hat errechnet, dass der Stadt Köln pro Jahr pro Geflüchtetem rund 3100 Euro fehlen.
  • „Es ist nicht fair, dass das Land nicht zahlt“, betont auch der Vorsitzende des Sozialausschusses, Michael Paetzold.

Köln – Bürgerkrieg in Syrien, Terror des Islamischen Staats im Irak, Armut in afrikanischen Staaten. Die Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen und unter anderem nach Deutschland fliehen sind zahlreich und nachvollziehbar. 

Die Kommunen, die die Geflüchteten aufnehmen, werden aber oft von Land und Bund zum Teil alleine gelassen, wenn es um die Erstattung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung der Flüchtlinge geht. Schuld ist daran, dass die Pauschale nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) offenbar viel zu niedrig angesetzt ist. „Wir bleiben auf einem erheblichen Teil unserer Kosten sitzen“, sagt der Kölner Sozialdezernent Harald Rau.

Kommunen werden nicht ausreichend finanziert

Worum geht es? Das Land NRW überweist den Kommunen eine Pauschale von 866 Euro pro Flüchtling und Monat. Im Jahr kommen so knapp 10.392 Euro pro Geflüchtetem zusammen.

Professor Thomas Lenk (Universität Leipzig) hatte gegenüber dem NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie den kommunalen Spitzenverbänden ein Gutachten vorgelegt, nachdem die die Kommunen vom Land nicht auskömmlich finanziert werden.

Pauschale muss angehoben werden

Lenk beziffert den Bedarf für kreisfreie Städte wie Köln auf 13.500 bis 15.900 Euro. Pro Flüchtling und Jahr kommt damit ein Fehlbetrag von mindestens 3100 Euro zusammen. Im August 2019 wurden 2257 Flüchtlinge über die Pauschale finanziert.

„Um sämtliche Kosten der Stadt auszugleichen, müsste die Pauschale nicht nur für alle Leistungsberechtigten und unbefristet gewährt, sondern zugleich um etwa 10.000 Euro pro Kopf und Jahr angehoben werden“, sagt Rau.„Die Ausgaben der Stadt Köln pro Leistungsberechtigten liegen somit noch deutlich über dem im Lenk-Gutachten vorgeschlagenen Satz.“

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Grund hierfür sei, dass die Stadt bei der Unterbringung geflüchteter Menschen aufgrund des besonders engen Kölner Wohnungsmarktes auch auf zum Teil sehr teure Lösungen wie Hotels oder eigens errichtete Interimsbauten setzen musste.

Land zahlt nur drei Monate lang

Hinzu kommt noch ein zweites Problem: Denn das Land zahlt die Kosten für geduldete Flüchtlinge nur drei Monate lang. Dabei handelt es sich um Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber zum Beispiel aus humanitären Gründen in Deutschland geduldet werden und de facto oft Jahre im Land bleiben.

In Köln lebten im August 2019 insgesamt 5580 Geduldete in der Stadt. Die Stadt habe 2018 insgesamt 169 Millionen Euro für die Unterbringung und Verpflegung aufgewendet. Über die Landespauschale wurden aber nur 32,7 Millionen Euro vom Land gegenfinanziert. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Dringender Handlungsbedarf

Den Ball haben nun die SPD sowie CDU, Grüne, FDP und die Ratsgruppe Gut in zwei unterschiedlichen, inhaltlich aber ähnlichen Anträgen aufgenommen, die im kommenden Sozialausschuss beraten werden sollen. Im SPD-Papier heißt es: Die Ergebnisse des Gutachtens „belegen den dringenden Handlungsbedarf“. 

Es sei nicht länger hinnehmbar, dass die Kommunen „mit der Finanzierung alleine gelassen werden“. In beiden Anträge verlangen die Politiker die Pauschale anzuheben und die Befristung der Zahlungen für geduldete Flüchtlinge aufzuheben.

Frustration bei den Kommunen

„Es kann nicht sein, dass die Kommune die Kosten alleine trägt“, sagt Sozialexpertin Marion Heuser für die Grünen. „Es ist nicht fair, dass das Land nicht zahlt“, betont auch der Vorsitzende des Sozialausschusses, Michael Paetzold (SPD).

Sozialdezernent Rau sagt, die Kommunen hätten bereits in der Vergangenheit über die kommunalen Spitzenverbände wie dem Städtetag versucht, eine Änderung durchzusetzen – ohne Erfolg. „Unsere Erwartungen werden nicht erfüllt. Wir erleben eine gewisse Frustration.“

Ziel ist ein „ akzeptables und tragfähiges Ergebnis“

Auch der Kölner Flüchtlingsrat fordert das Land auf, sich finanziell mehr für die geflüchteten Menschen zu engagieren. „Unterbringung und Versorgung müssen vom Land gezahlt werden“, sagt Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß. Prölß plädiert wie die Grünen dafür, möglichst viele geduldeten Menschen, die sich zum Teil seit Jahren in Deutschland aufhalten, eine Bleiberechtsperspektive zu geben.

Am Freitagabend teilte das Düsseldorfer Ministerium schriftlich mit, eine Novelle des FlüAG werde angestrebt, „mit der die Pauschalerstattung des Landes an die Kommunen neu geregelt werden soll“.

Ziel sei ein „für die Kommunen und das Land akzeptables und tragfähiges Ergebnis“, das dauerhaft wirke und auch ein Höchstmaß an Rechtssicherheit beinhalte. In diesem Zusammenhang werde auch die finanzielle Entlastung der Kommunen bei den Ausgaben für Geduldete in den Blick genommen.

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