Kalaschnikow im KofferraumSo lief der Raub auf den Geldtransporter in Köln

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Überfall möglicher Fluchtweg Grafik 2

  • Bewaffnete Räuber haben am Mittwochmorgen einen Geldtransporter am Flughafen Köln/Bonn überfallen.
  • Bei dem Raub fielen Schüsse – ein Fahrer wurde schwer verletzt und war zeitweise in Lebensgefahr.
  • Die Polizei ermittelt weiter – ein besonderer Fehler der Täter könnte Hinweise liefern.

Köln – Die Täter hatten an vieles gedacht, ihre Flucht war gut vorbereitet – und dann klemmt ein Griff des Geldkoffers. In ihrer Hektik gelingt es den Räubern nicht, den Henkel so einzuklappen, dass das Behältnis in den Kofferraum des Fluchtwagens passt. Mit offener Heckklappe rasen sie schließlich mit dem schwarzen Audi und einem weiteren Geldkoffer auf der Rückbank davon.

Bei dem außergewöhnlich brutalen Überfall auf einen Geldtransporter am Mittwochvormittag vor dem Terminal 2 am Flughafen Köln-Bonn passierten aber noch weitere Missgeschicke.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben die Täter wohl auch mit einer deutlich höheren Beute gerechnet. Letztlich flüchteten sie mit einer geringen Summe – angesichts des Aufwands, den sie betrieben haben, ein „Taschengeld“, wie es ein Ermittler ausdrückte. Über den genauen Betrag macht die Polizei keine Angaben.

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Terminal 2, schwarzer Audi, Ansturm auf Transporter

Es ist 9.15 Uhr, als die zwei maskierten Täter aus dem schwarzen Audi aussteigen. Sie haben ihn am Busbahnhof geparkt, unmittelbar vor dem seitlichen Zugang zur Ankunftshalle von Terminal 2. Zehn Meter daneben steht der blaue VW-Geldtransporter eines Sicherheitsunternehmens.

Die drei Mitarbeiter befinden sich gerade außerhalb ihres Wagens. Die Täter stürmen auf sie zu, rufen: „Auf den Boden legen!“ Fast zeitgleich eröffnen sie das Feuer, berichtet ein Polizeisprecher später. Einer der Wachmänner wird von mindestens einem Schuss in den Oberschenkel getroffen, er droht zu verbluten.

Ein Polizist, der nur ein paar Sekunden nach dem Überfall hinzukommt, bindet dem Schwerverletzten das Bein ab. „Das hat dem Mann vermutlich das Leben gerettet“, berichtet Polizeisprecher Wolfgang Baldes später. Am Nachmittag dann die Entwarnung: Das Opfer ist außer Lebensgefahr.

Den Fluchtwagen in Brand gesetzt

Nach den Schüssen greifen sich die Täter je einen Rollkoffer mit Geld. Den ersten verstaut der Fahrer – bekleidet mit einer dunkelgrünen Daunenjacke und einer schwarzen Hose – im Kofferraum, allerdings so, dass der Henkel herausragt. Den zweiten packt er auf die Rückbank. Er setzt sich hinters Steuer, sein Komplize – ganz in schwarz gekleidet und mit einer Schusswaffe in der Hand – nimmt auf der Rückbank Platz.

Noch haben die Ermittler den genauen Fluchtweg der Männer nicht rekonstruiert. Fest steht, dass Anwohner den Audi ein paar Minuten später brennend im Wendehammer der Jägerstraße in Porz-Eil sehen. Die Täter haben das Auto in Brand gesetzt, um Spuren zu verwischen. Die Feuerwehr löscht.

Ermittler finden Kalaschnikow im Fluchtauto

Im Kofferraum finden Brandermittler der Polizei eine Kalaschnikow. „Es handelt sich möglicherweise um die Waffe, mit der auf einen der drei Wachmänner bei dem Überfall geschossen wurde“, sagt Polizeisprecher Carsten Rust. Die Kennzeichen waren nicht auf den Audi zugelassen. Ob oder wem der Wagen gestohlen wurde, ist noch unklar.

Die Jägerstraße ist vier Kilometer und sechs Fahrminuten vom Flughafen entfernt. Der direkte Weg führt über die Kennedystraße und die Frankfurter Straße. Möglicherweise haben die Täter aber auch die Route über den Grengeler Mauspfad genommen. Jedenfalls bogen sie wohl von der Straße Hirschgraben auf einen Fußgängerweg ab, der nach ein paar Metern in dem Wendehammer an der Jägerstraße endet.

Kurz nachdem der Wagen in Flammen aufgeht, hört eine Zeugin einen Knall. Sie sieht das brennende Fahrzeug sowie zwei Männer, die gleich daneben eilig über eine brusthohe Mauer steigen. Hier verliert sich die Spur der Täter. Eine Fahndung mit Streifenwagen und einem Hubschrauber bleibt erfolglos. Die Polizei (Telefon 0221/229-0) sucht dringend weitere Zeugen – vor allem solche, die gesehen haben, wie die schwarze Limousine mit dem Stufenheck mit offener Heckklappe durch Porz gefahren ist.

Täter flüchten zu Fuß weiter

Hinter der Mauer, über die die Täter zu Fuß geflüchtet sind, führt eine dicht bewachsene Böschung steil hinunter zur Autobahn 59, Fahrtrichtung Bonn. Sind die Männer mit den beiden Geldkoffern hier hinunter und unten in ein wartendes Fahrzeug gestiegen? Einen Seitenstreifen gibt es an dieser Stelle nicht, der Fluchtwagen hätte also auf dem schmalen Grünstreifen neben der Autobahn halten müssen.

Wahrscheinlicher ist, dass die Räuber oberhalb der Böschung entlang der Mauer etwa 120 Meter weiter zur Shell-Tankstelle Schloss Röttgen gelaufen und dort in ein bereit stehendes Auto eingestiegen sind. Die Polizei prüft diese Version– auch mit Hilfe von Überwachungsvideos der Tankstelle.

Während der genaue Fluchtweg also vorerst unklar bleibt, ist der Überfall dagegen nahezu perfekt dokumentiert. Verschiedene Überwachungskameras haben die Tat vor dem Terminal 2 gefilmt – außerdem sollen gleich mehrere Augenzeugen der Polizei Fotos und Videos zur Verfügung gestellt haben.

Schlugen Täter schon einmal in Köln zu?

Doch wer sind die Täter? Einer habe Hochdeutsch gesprochen, der zweite kein Wort gesagt, berichtete ein Polizeisprecher. Auffällig ist, dass der Überfall deutliche Parallelen aufweist zu einer ähnlichen Tat auf dem Ikea-Parkplatz in Köln-Godorf voriges Jahr im März.

Auch hier entkamen seinerzeit zwei Männer mit Beute nach einem Raub auf einen Geldtransporter. Sie brannten ihren Fluchtwagen kurz darauf in einem Feld nieder. Von den Männer fehlt bis heute jede Spur. Die Polizei prüft nach eigenen Angaben einen möglichen Zusammenhang zur Tat vom Mittwoch.

Auch das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen hat sich eingeschaltet. Die Behörde in Hannover ermittelt federführend gegen die drei ehemaligen RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette.

Sie sollen für mehrere Raubüberfälle auf Geldtransporter in Norddeutschland verantwortlich sein. Sie verliefen nach einem ähnlichen Muster wie die Taten in Köln. Die drei Ex-Terroristen sind seit Jahren verschollen. Ein LKA-Sprecher sagte allerdings am Mittwoch, es gebe bisher „keinerlei Hinweise“ auf eine Beteiligung der Ex-Terroristen an dem Überfall am Flughafen.

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