Freitreppe vor St. Maria im Kapitol in KölnBeginn der Bauarbeiten – Anwohner in Sorge

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Vor St. Maria im Kapitol entsteht eine Freitreppe.

Vor St. Maria im Kapitol entsteht eine Freitreppe.

  • Die Lage der Kirche mit dem umgebenden Lichhof werde als Ort der Stille und der Kontemplation besonders geschätzt.
  • Laut dem Architekten handele es sich aber lediglich um einen von mehreren Schritten auf dem Weg zu einem völlig neuen Stadtraum, der in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem möglichen Bau eines U-Bahn-Tunnels zwischen Heumarkt und Aachener Weiher stehe.

Köln – Der Beginn der Bauarbeiten für eine 90 Meter breite Freitreppe vor der Kirche St. Maria im Kapitol hat Proteste einiger Anwohner hervorgerufen. Sie sorgen sich darum, dass das Bauwerk den bisher ruhigen und besinnlichen kulturellen Stadtraum zerstören könnte.

Eine Begrenzungsmauer, die den Bereich bislang abschottet, und drei Garagen sollen abgerissen werden. Neben der frühromanischen Kirche befinden sich das Dreikönigenpförtchen sowie der Platz Lichhof mit dem Denkmal „Die Trauernde“ von Gerhard Marcks, dem Singmeisterhaus und der Erinnerungsstele für Menschen, die an Aids gestorben sind.

„Hotspot des Kneipentourismus“

„Der Blick auf die Ostfassade wie auch die Geschichte des Lichhofs verbieten es geradezu, diesen Ort zu einem Hotspot des Kneipentourismus und des Massenpublikums umzuplanen“, kritisiert Manfred Eisenbeis, Mitbegründer der Kunsthochschule für Medien. Die Lage der Kirche mit dem umgebenden Lichhof werde als Ort der Stille und der Kontemplation besonders geschätzt. Grünflächen sowie Bäume und Gebüsche würden erheblich zu dieser Qualität beitragen. Eisenbeis fordert daher einen Baustopp, um noch einmal über die Gestaltung zu diskutieren.

Die Freitreppe könnte in Zukunft auf die an dieser Stelle autofreie Pipinstraße führen.

Die Freitreppe könnte in Zukunft auf die an dieser Stelle autofreie Pipinstraße führen.

Architekt Ulrich Coersmeier, der die Idee zu der Freitreppe entwickelt hatte, sieht das völlig anders. „Man darf diese Freitreppe nicht isoliert betrachten“, sagt er. Er könne nachvollziehen, dass eine 90 Meter breite Treppe mit Blick auf eine von Autos befahrene Straße auf den ersten Blick merkwürdig erscheine.

Es handele sich aber lediglich um einen von mehreren Schritten auf dem Weg zu einem völlig neuen Stadtraum, der in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem möglichen Bau eines U-Bahn-Tunnels zwischen Heumarkt und Aachener Weiher stehe.

Coersmeier und sein Team gewannen 1992 einen Architektenwettbewerb für die Umgestaltung der sogenannten Ost-West-Achse. Die Freitreppe vor St. Maria im Kapitol war bereits damals ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes. „Unsere Idee bestand darin, den Elogiusplatz, den Hermann-Josef-Platz und den Augustinerplatz zusammenzubringen“, sagt Coersmeier.

Die Pipinstraße, die sich unmittelbar vor der Freitreppe befindet, soll zudem vollständig für den Autoverkehr gesperrt werden, der stattdessen über die Augustinerstraße geführt würde. „Dann entsteht dort ein völlig neuer Raum, wie es ihn bislang in Köln nicht gibt“, sagt Coersmeier. Gleichzeitig werde die historische Achse zwischen Dom und St. Maria im Kapitol wieder geöffnet, so dass die Altstadt und die Südstadt zusammengebracht würden.

Ulrich Coersmeier hat den U-Bahn-Hof Heumarkt gestaltet.

Ulrich Coersmeier hat den U-Bahn-Hof Heumarkt gestaltet.

Lissabon als Vorbild

Die Umgestaltung der Plätze sowie der Bau der Freitreppe sind laut Coersmeier darauf angelegt, dass die Stadtbahnen der Linien 1, 7 und 9 unter die Erde verlegt werden. Dann könnten die Autospuren auf jeweils eine pro Richtung reduziert werden, und es könnte eine acht Meter breite Fahrradstraße entstehen. Darüber hinaus wäre es möglich, Anlieferzonen, breite Grünstreifen und eine Promenade mit Flächen für die Gastronomie anzulegen. Städte wie Lissabon in Portugal und Aix-en-Provence in Frankreich dienten bei den Planungen unter anderem als Vorbilder.

Freitreppe am Bahnhofsvorplatz vor dem Dom

Freitreppe am Bahnhofsvorplatz vor dem Dom

Auch der von Coersmeier und seinem Büro Design Team C gestaltete U-Bahn-Hof Heumarkt könnte dann um eine Attraktion bereichert werden. Sobald die Stadtbahn unterirdisch fahren könnte, wäre es möglich, grüne Oberlichter in der Decke einzubauen, so dass Tageslicht in die Station fallen würde.

Das Lichtband wäre auch oberirdisch gut sichtbar in einen Grünstreifen integriert. „Beim Bau der U-Bahn-Haltestelle wurde das alles vorbereitet, um es später in Betrieb nehmen zu können“, sagt Coersmeier. Die U-Bahn würde den enormen Gewinn eines neuen Lebensraums mitten in der Innenstadt bringen.

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