Für Gladbach-Fan gehaltenPolizist nach Verfolgungsjagd mit FC-Ultras vor Gericht

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Polizei FC Gladbach Fans

Polizisten beobachten Fans des 1. FC Köln bei der Ankunft in Mönchengladbach. (Symbolbild)

Köln – Ein Kölner Polizist musste sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt vor dem Amtsgericht verantworten. Der Beamte wurde beschuldigt, ein mutmaßliches Mitglied der Ultra-Gruppierung „Wilde Horde“ bei einem Polizeieinsatz verprügelt zu haben. Vorausgegangen war eine Verfolgungsjagd und eine offenbare Verwechslung. Vor dem geplanten Derby im Februar 2020 hatten die Ultras offenbar gedacht, Fans von Borussia Mönchengladbach würden sie ausspionieren.

Köln: Szenekundige Polizisten von Ultras verfolgt

Dabei waren es szenekundige Zivilpolizisten auf „Aufklärungsfahrt“, die einen Tag vor der letztlich wegen einer Sturmwarnung abgesagten Fußball-Begegnung mit ihrem Fahrzeug am Vereinsheim der Gruppierung an der Vogelsanger Straße in Bickendorf vorbeigefahren waren. Kaum war das geschehen, verließen ein Skoda und ein Dacia das Vereinsgelände, die Fahrer nahmen die Verfolgung auf. Mit Lichthupe und Handzeichen versuchten die Ultras die Beamten zum Anhalten zu bewegen.

Während ein Ultra sein Auto vor das der Polizisten lenkte, fuhr der andere immer wieder dicht auf. Von überfahrenen roten Ampeln war im späteren Polizeibericht die Rede und einer „Gefahrenbremsung“, die die Zivilpolizisten ausführen mussten. „Wir wurden in die Zange genommen und gerieten etwas in Not“, sagte einer der Beamten am Donnerstag beim Prozess aus. Die Polizisten riefen Verstärkung unter dem Stichwort „dringende Unterstützung“.

Verdächtigen mit „Karpfengriff“ aus Auto gezogen

„Für uns hieß das: Alles stehen und liegen lassen und hin“, erklärte der später angeklagte Polizeioberkommissar dem Richter. Im Bereich der Lessingstraße in Ehrenfeld endete die Verfolgungsfahrt, der herbeigerufene Streifenwagen, in dem der jetzt Angeklagte saß, stoppte neben dem roten Dacia. Der 34-jährige Beamte stieg aus, lief einmal um das Auto, dessen Motor noch lief, herum. „Ich habe dem Fahrer zugerufen, er soll aussteigen, das hat er aber nicht gemacht“, erklärte der Polizist beim Prozess.

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Was dann passierte, darüber gingen die Aussagen auseinander. Der Beamte schilderte, den Fußball-Fan mit einem sogenannten „Karpfengriff“ ins Gesicht aus dem Skoda gezogen und „zu Boden gedreht“ zu haben. Bei der anschließenden Fesselung habe er auch auf dem Kopf des Mannes gekniet. Möglich sei es, dass der Verdächtige dabei ein paar Schrammen abbekommen habe, so der Polizist. Der Ultra hingegen hatte geschildert, dass der Polizist ihm unvermittelt ins Gesicht geschlagen habe.

Ultras hatten sich auf Zeugensuche begeben

Laut wurden die Vorwürfe gegen den Beamten erst bei einem Prozess gegen die Ultras im November 2020. Wegen versuchter Nötigung verurteilte das Amtsgericht den Dacia-Fahrer zu 800 Euro Geldstrafe, der Skoda-Fahrer wurde verwarnt. Im Verfahren präsentierten die Ultras eine Anwohnerin aus Ehrenfeld, die die Schläge gesehen haben will. Einen Tag nach dem Vorfall hatten sich die Ultras und Bekannte im Bereich der Lessingstraße auf Zeugensuche begeben und waren fündig geworden.

Die Lehrerin im Vorruhestand hatte von mehreren Schlägen des Polizisten bei der Festnahme am Skoda berichtet, der Ultra hatte diese zeitlich später eingeordnet, als er zum Streifenwagen gebracht worden sei. Zu widersprüchlich, befand letztlich die Staatsanwältin. Sie beantragte Freispruch für den Polizisten, so auch dessen Verteidiger Christoph Arnold.

Der Vorsitzende Richter Karlheinz Seidel folgte den Anträgen und sprach den Polizisten frei. „Das Verfahren lässt einen unbefriedigt zurück“, sagte Seidel nach der Urteilsverkündung und pflichtete der Staatsanwältin bei, dass auch die Aussagen von Kollegen des Angeklagten nicht unbedingt glaubwürdig und damit unbrauchbar waren. Im Zweifel für den Angeklagten, hieß es daher.

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