Gag-Bauprojekt - Gag-BauprojektDas Herzhäuschen - Ende und Neuanfang

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Abbruchbagger an einer der ehemaligen Fabrikhallen

Abbruchbagger an einer der ehemaligen Fabrikhallen

Bickendorf –  Das Ende des Herzhäuschens steht unmittelbar bevor. An welchem Tag der Abbruch erfolgen wird, ist jedoch ungewiss. Den genauen Termin konnte Kim Pubanz , Mitarbeiterin der GAG-Pressestelle, nicht nennen. Bis Redaktionsschluss jedenfalls war das Herzhaus noch unversehrt. Es hat nur noch eine kurze Galgenfrist., denn alle anderen Gebäude, die auf dem ehemaligen Fabrikareal zwischen Häuschensweg und Grüner Brunnenweg standen, sind bereits niedergelegt. Sie mussten einem Wohnungsbauprojekt der GAG-Immobilien AG weichen.

Das Herzhäuschen wird zwar auch verschwinden, soll aber in einigen Jahren aber Wiederauferstehung feiern - in Form einer Kopie. Das winzige Häuschen, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, ist so etwas wie das inoffizielle Wahrzeichen von Alt-Bickendorf. An der Ecke Ahorn-/Häuschensweg markiert es den Eingang zur historischen Rosenhof-Siedlung.

Zeitgeschichtliche Bedeutung hat das Haus auch deshalb, weil die jüdische Familie Herz darin lebte - bis zu ihrer Deportation 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof im heutigen Polen. Im hinteren Bereich des Baugrundstücks ist der Bagger schon seit Tagen im Gange, die alten Bürogebäude werden Stück für Stück niedergelegt. Am Häuschensweg entsteht auf dem früheren Gelände der Metallverpackungsfabrik Groten ein neues Quartier, geplant sind 195 Wohnungen, rund ein Drittel davon öffentlich gefördert. Dazu soll es eine Kindertagesstätte geben, ferner einen öffentlich zugänglichen Spielplatz und eine Tiefgarage mit rund 140 Stellplätzen. Bauherrin ist die GAG Immobilien AG.

Das ehemalige Arbeiterwohnhaus an der Ecke Ahornweg/Häuschensweg wird bald abgebrochen.

Das ehemalige Arbeiterwohnhaus an der Ecke Ahornweg/Häuschensweg wird bald abgebrochen.

Das Herzhaus war eigentlich dem Bauvorhaben im Wege. Die GAG entschied sich wegen der besonderen Geschichte, das Häuschen nach dem Abbruch wieder zu erbauen, wollte es aber um mehrere Meter versetzen lassen, vom Straßenrand weg. Dann wurde nach längerer Diskussion mit Bürgern beschlossen: Das neue Herzhaus kommt genau dorthin, wo das alte war. Die vergangenen 30 Jahre hatte dort niemand mehr gewohnt.

Die Bausubstanz war so verfallen, dass eine Restaurierung nicht mehr sinnvoll, geschweigen denn wirtschaftlich war. Der Standort des Häuschens ist für die Verkehrsteilnehmer von Nachteil: Wegen der vorgeschobenen Position ist die Zufahrt in den Ahornweg verengt. Auch den Fußgängern ist die freie Sicht verwehrt, der Gehsteig rund herum ist so schmal, dass ein Rollator oder ein Kinderwagen kaum Platz haben. So schimpft etwa eine Seniorin, die mit ihrem Gehgerät vorsichtig das Haus umkurvt: "Das ist eine verdammte Ecke, ich habe jedes Mal Angst, dass mich ein Auto erwischt." Sie sei dafür, das neue Herzhaus an eine verkehrstechnisch günstigere Stelle zu setzen, egal, ob das nun historisch korrekt sei oder nicht, erklärt sie mit Nachdruck. Jedoch: "Leider gibt es gewisse Leute im Viertel, die das anders gesehen haben."

Gemeint ist die Initiative Künstler für Bickendorf. Sie überzeugten die Ehrenfelder Bezirksvertretung und die GAG im vergangenen Jahr, den Neubau an der angestammten Position zu belassen. Die unübersichtliche Kurve zwinge die Autofahrer zum Langsamfahren, war das Argument. Die GAG sagte der Künstlerinitiative außerdem zu, beim Wiederaufbau möglichst viel historische Bausubstanz zu erhalten. Dabei ist jetzt schon sicher: Das neue Herzhaus wird nur ein Abglanz des alten sein, eine moderne Replik. Allein die Ziegel können wiederverwendet werden. Die GAG betont zwar, so ist auf dem Plakat an der Mauer zu lesen, bei der Wahl der Materialien werde Wert darauf gelegt, "dem Charakter des alten Gebäudes gerecht zu werden". Doch weil das neue Häuschen auch wieder Wohnhaus werden soll, muss es modernen Standards genügen und wird äußerlich nur entfernt dem historischen Vorbild ähneln.

Die sechs Stolpersteine, die der Künstler Gunter Demnig zum Gedenken an die Familie Herz verlegt hatte, wurden bereits vor Monaten durch die Künstlerinitiative vom Gehweg entfernt, sie lagern im NS-Dokumentationszentrum, warten auf ihre Rückkehr nach Ende der Bauarbeiten spätestens im Herbst 2021.

GAG-BAUPROJEKT

Das geschichtsträchtige kleine Haus wird abgerissen und neu errichtet - Der Standort gefällt nicht jedem

Das Ende des Herzhäuschens steht unmittelbar bevor. An welchem Tag der Abbruch erfolgen wird, ist jedoch ungewiss. Den genauen Termin konnte Kim Pubanz , Mitarbeiterin der GAG-Pressestelle, nicht nennen. Bis Redaktionsschluss jedenfalls war das Herzhaus noch unversehrt. Es hat nur noch eine kurze Galgenfrist., denn alle anderen Gebäude, die auf dem ehemaligen Fabrikareal zwischen Häuschensweg und Grüner Brunnenweg standen, sind bereits niedergelegt. Sie mussten einem Wohnungsbauprojekt der GAG-Immobilien AG weichen.

Das Herzhäuschen wird zwar auch verschwinden, soll aber in einigen Jahren aber Wiederauferstehung feiern - in Form einer Kopie. Das winzige Häuschen, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, ist so etwas wie das inoffizielle Wahrzeichen von Alt-Bickendorf. An der Ecke Ahorn-/Häuschensweg markiert es den Eingang zur historischen Rosenhof-Siedlung.

Zeitgeschichtliche Bedeutung hat das Haus auch deshalb, weil die jüdische Familie Herz darin lebte - bis zu ihrer Deportation 1942 ins Vernichtungslager Kulmhof im heutigen Polen. Im hinteren Bereich des Baugrundstücks ist der Bagger schon seit Tagen im Gange, die alten Bürogebäude werden Stück für Stück niedergelegt. Am Häuschensweg entsteht auf dem früheren Gelände der Metallverpackungsfabrik Groten ein neues Quartier, geplant sind 195 Wohnungen, rund ein Drittel davon öffentlich gefördert. Dazu soll es eine Kindertagesstätte geben, ferner einen öffentlich zugänglichen Spielplatz und eine Tiefgarage mit rund 140 Stellplätzen. Bauherrin ist die GAG Immobilien AG.

Das Herzhaus war eigentlich dem Bauvorhaben im Wege. Die GAG entschied sich wegen der besonderen Geschichte, das Häuschen nach dem Abbruch wieder zu erbauen, wollte es aber um mehrere Meter versetzen lassen, vom Straßenrand weg. Dann wurde nach längerer Diskussion mit Bürgern beschlossen: Das neue Herzhaus kommt genau dorthin, wo das alte war. Die vergangenen 30 Jahre hatte dort niemand mehr gewohnt.

Die Bausubstanz war so verfallen, dass eine Restaurierung nicht mehr sinnvoll, geschweigen denn wirtschaftlich war. Der Standort des Häuschens ist für die Verkehrsteilnehmer von Nachteil: Wegen der vorgeschobenen Position ist die Zufahrt in den Ahornweg verengt. Auch den Fußgängern ist die freie Sicht verwehrt, der Gehsteig rund herum ist so schmal, dass ein Rollator oder ein Kinderwagen kaum Platz haben. So schimpft etwa eine Seniorin, die mit ihrem Gehgerät vorsichtig das Haus umkurvt: "Das ist eine verdammte Ecke, ich habe jedes Mal Angst, dass mich ein Auto erwischt." Sie sei dafür, das neue Herzhaus an eine verkehrstechnisch günstigere Stelle zu setzen, egal, ob das nun historisch korrekt sei oder nicht, erklärt sie mit Nachdruck. Jedoch: "Leider gibt es gewisse Leute im Viertel, die das anders gesehen haben."

Gemeint ist die Initiative Künstler für Bickendorf. Sie überzeugten die Ehrenfelder Bezirksvertretung und die GAG im vergangenen Jahr, den Neubau an der angestammten Position zu belassen. Die unübersichtliche Kurve zwinge die Autofahrer zum Langsamfahren, war das Argument. Die GAG sagte der Künstlerinitiative außerdem zu, beim Wiederaufbau möglichst viel historische Bausubstanz zu erhalten. Dabei ist jetzt schon sicher: Das neue Herzhaus wird nur ein Abglanz des alten sein, eine moderne Replik. Allein die Ziegel können wiederverwendet werden. Die GAG betont zwar, so ist auf dem Plakat an der Mauer zu lesen, bei der Wahl der Materialien werde Wert darauf gelegt, "dem Charakter des alten Gebäudes gerecht zu werden". Doch weil das neue Häuschen auch wieder Wohnhaus werden soll, muss es modernen Standards genügen und wird äußerlich nur entfernt dem historischen Vorbild ähneln.

Die sechs Stolpersteine, die der Künstler Gunter Demnig zum Gedenken an die Familie Herz verlegt hatte, wurden bereits vor Monaten durch die Künstlerinitiative vom Gehweg entfernt, sie lagern im NS-Dokumentationszentrum, warten auf ihre Rückkehr nach Ende der Bauarbeiten spätestens im Herbst 2021.

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