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Gamescom-Camp im Kölner JugendparkSo lebt es sich im Hauptquartier der Zocker

Lesezeit 5 Minuten
Gruppe um Konstantin Jonas und alexander

Die Fünfergruppe um Konstantin Seitz, Yannik Granzin und Alexander Moskau auf dem Gamescom-Camp.

Köln – Seit Mittwoch ist Köln wieder voll und ganz in der Hand der Gamer. Nach zwei Jahren coronabedingter Live-Pause strömen wieder hunderttausende Besucher auf die größte Computer- und Videospielmesse der Welt. Auch wenn die Besucherzahlen wohl nicht ganz an die Zahlen der Vor-Corona-Zeit reichen, spürt man den Ansturm der Gamer nicht nur auf der Messe selbst.

Hotels sind ausgebucht, Bahnhöfe überfüllt und am Donnerstag wurde der Hohenzollernring zwischen Rudolfplatz und Friesenplatz für das City Festival abgesperrt.

Auf den dort errichteten Open-Air Bühnen treten von Freitag bis Sonntag Musik-Acts wie Zoe Wess, Elif und Albi X auf. Für Autofahrer ist dort dann kein Durchkommen.

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Wer zum Gamescom-Camp kommt, ist nicht nur wegen der Messe da

Am deutlichsten prägen die Gamer außerhalb der Messe das Stadtbild aber wohl im Jugendpark zwischen Deutz und Mülheim. Auf etwa 20 000 Hektar bietet das Gamescom-Camp den Gamern einen günstigen Ort zum Übernachten. Wer hier hin kommt, so zeigt sich, ist aber nicht nur wegen der Messe in Köln.

Camping in der Natur und Gaming vor dem Bildschirm – folgt man dem Klischee, sind das zwei Sachen, die nicht unbedingt zusammenpassen. Das Gegenteil ist der Fall: „Für viele hier ist der Ort der ideale Ausgleich zum Treiben auf der Messe. Hier trifft man Freunde, die man sonst nur aus dem Internet kennt“, erzählt einer der Veranstalter beim Gang über das Gelände am Mittwoch.

Obwohl zu diesem Zeitpunkt nur Presse- und Fachpublikum auf der Messe zugelassen ist, ist der Trubel auf dem Zeltplatz groß. Etwa 700 Leute seien schon angereist. Die meisten von ihnen suchen im spärlichen Schatten des Geländes Schutz vor der Mittagshitze, während aus Bluetooth-Boxen Bässe kreuz und quer über den Platz dröhnen. Im Vergleich zu den letzten Jahren sei das aber gar nicht so viel: Bis zu 3000 Leute hätten hier schon während der Gamescom gecampt. Dieses Jahr sei der Andrang nicht ganz so groß. Etwa 1500 Anmeldungen hätte es dieses Jahr gegeben, heißt es vom Veranstaltungsteam.

Neben Platz zum Campen finden die Gamer auf dem Platz Zeltinseln zum Zocken. Auf einer Leinwand wird ein Livestream von „Worms“ ausgestrahlt, eine Tischtennisplatte und ein Basketballkorb laden zum Sport ein, werden in der Mittagssonne aber kaum genutzt.

Großes Wiedersehen auf dem Gamescom-Camp

„Die Menschen kommen teilweise seit Jahren hierhin. Für viele ist es ein großes Wiedersehen mit alten Freunden. Andere sind zum ersten Mal alleine im Urlaub und in der Großstadt unterwegs. Insgesamt ergibt das ein schönes Festivalfeeling“, so der Veranstalter.

Wie auf einem Festival? Die fünfköpfige Gruppe um Lena Rodigas, Timo Melsbach und Jan Blötz ist sich uneins. „Es ist schon ein bisschen anders hier“, wendet Melsbach ein, „besser“ sogar. „Man kann Getränke stehen lassen, ohne dass sie sofort geklaut werden, wie auf dem Hurricane zum Beispiel“, sagt Melsbach.

Seit 2014 kommt der Großteil der Gruppe schon zum Campen in den Jugendpark. „Ohne Camp keine Gamescom“ stellt Blötz fest. Die meisten kennen sich von ihnen aus Online-Games. Schon am Montag haben sie ihre Zelte hier aufgeschlagen. Im Schatten der Mittagssonne sitzen sie zusammen an einem großen Campingtisch, während das erste Bier aufgemacht wird. Aus der Bluetooth-Box strömt der Malle-Hit „Layla“.

Schon am Montag sind die Fünf angereist. Auf der Messe selbst sind sie nur von Donnerstag bis Samstag unterwegs. Die meiste Zeit verbringen sie auf dem Campingplatz: „Hier trifft man auf gleichgesinnte und tauscht sich aus. Und auf dem Gelände werden Mario-Kart-Turniere und Streaming-Events angeboten“ so Melsbach. Dagegen sei der Trubel auf dem Messegelände anstrengender: „Um dort zu spielen, muss man teilweise den ganzen Tag anstehen.“

„Die Prioritäten haben sich geändert“

Am Donnerstag hat die Zahl der Besucher im Jugendpark dann mit 1500 Gamern ihren Höhepunkt erreicht. Die meisten der Besucher befinden sich am Nachmittag aber auf der Messe. Nur vereinzelt verstecken sich ein paar Grüppchen unter Zeltplanen, um der brühenden Hitze auf dem Gelände zu entkommen.

So auch die Gruppe um Jonas Seitz, Yannik Granzin und Alexander Moskau. Vor sieben Jahren hat sich die neunköpfige Truppe aus Regensburg und Hamburg kennengelernt. Seitdem trifft sie sich jedes Jahr auf dem Gamescom-Camp. Aber: „Die Prioritäten haben sich geändert“, sagt Granzin.

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Auf der Messe selbst sind sie mittlerweile nur noch ein oder zwei Mal, das Gamescom-Erlebnis findet auch für sie hauptsächlich hier auf dem Camp statt: „Nach ein paar Jahren kennt man die Messe einfach. Da wird dann jedes Jahr das neue Call of Duty oder das neue Fifa vorgestellt. Vier Stunden Schlange zu stehen, um das anzuzocken, das lohnt sich nicht mehr“, findet Moskau. Überhaupt seien die Preise in den letzten Jahren stark gestiegen. „Vor ein paar Jahren hat man für eine Tageskarte noch 12 Euro gezahlt, jetzt sind es 30“, sagt er, „frech“ sei das.

„Man nimmt dort ein bisschen den Vibe mit, schaut sich ein oder zwei interessante Sachen an und verbringt den Rest der Woche hier“, fasst Konstantin Seitz zusammen. Erst am Freitag will sich die Gruppe das erste Mal auf die Messe wagen. Bis dahin verbringt sie die Zeit hier auf dem Gamescom-Camp. „Für viele Gamer, die dem Klischee nach viel vor dem Bildschirm hocken und nicht viele Freunde haben, fällt hier ein Stigma ab. Hier können sie sein, wie sie sind und werden akzeptiert.“ 

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