Gemeinsam mit UniklinikStadt Köln will Corona-Dunkelziffer mit Studie erforschen

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Reker PK

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Köln – Die ersten Nachrichten des neuen Jahres waren zwar deutlich besser als die letzten im vergangenen Jahr, die OB Henriette Reker und der Krisenstab verbreiteten. Sinkende Zahlen, kaum Lockdown-Brecher, dazu die ersten Impfungen. Allzu optimistisch wollte Reker noch nicht sein. Sie sehe „Licht am Ende des Tunnels, aber der Tunnel ist noch lang.“ Die Themen im Überblick.

Studie

Zusammen mit der Uniklinik plant die Stadt eine Dunkelziffer-Studie, um herauszufinden, ob sich womöglich deutlich mehr als die bisher bekannten 27.060 Kölner mit dem Coronavirus angesteckt haben. 6000 zufällig ausgewählte Menschen werden für diese sogenannte „Cologne Corona Surveillance Studie“ (CoCoS) noch in diesem Monat per Post einen 34-seitigen Fragebogen erhalten. Sie werden gebeten, online oder in einem Telefoninterview Fragen zu ihrem Gesundheitszustand, ihrer Lebenssituation und zu ihrem persönlichen Infektionsrisiko zu beantworten.

Alle Studienteilnehmer sollen zweimal auf eine mögliche akute Infektion mit dem Virus und später auf Antikörper untersucht werden – im Januar und dann wieder Anfang März 2021. OB Reker bat am Freitag „alle, die angeschrieben werden, auch mitzumachen“: „Die Studie kann einen wichtigen Beitrag zur Erkenntnis darüber leisten, wie weit sich die Virusinfektion in der Kölner Allgemeinbevölkerung ausgebreitet hat. Genauere Einsichten ermöglichen uns eine bessere Kontrolle der lokalen Epidemie und leisten einen Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung der Corona-Pandemie.“

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Kita-Gebühren

Eltern von Kita-Kindern können mit einem kompletten Erlass der Gebühren für den Monat Januar rechnen. Sie werde am Montag dem Hauptausschuss vorschlagen, dass die Stadt die Hälfte der Beiträge erstattet, sagte Reker und nannte die Erstattung „eine Selbstverständlichkeit“. Die andere Hälfte hatte das Land schon angekündigt übernehmen zu wollen.

Lockdown-Maßnahmen

Sowohl die Verlängerung des Lockdowns als auch die von Bund und Ländern beschlossene Verschärfung der Kontaktregeln hält OB Reker für richtig. „Es schmerzt mich sehr, wie diese Stadt im Moment aussieht“, sagte Reker. Sie meine die leeren Straßen und dass niemand ausgehen könne. „Aber das ist notwendig“, ergänzte sie. Auch halte sie für richtig, dass das Land die 15-Kilometer-Regel für Hotspots nicht pauschal übernommen hat, sondern die Regelung den Kommunen anheimgestellt hat.

Sollte Köln noch einmal so hohe Inzidenzen wie im November erreichen, wolle sie aber „kölnspezifische Maßnahmen ausdrücklich nicht ausschließen“, sagte Reker weiter. Eine Begrenzung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort, wie für Landkreise vorgesehen, ist für Köln aber offenbar kein Thema. „Das käme aufgrund der Größe der Stadt faktisch einer Ausgangssperre gleich“, sagte Ordnungsdezernentin Andrea Blome, die OB Reker während ihrer krankheitsbedingten Pause um den Jahreswechsel als Leiterin des städtischen Krisenstabs vertreten hatte.

Corona-Kontrollen

Blome machte klar, dass sich Ordnungsamt und Polizei im Krisenstab auch auf die Folge möglicher Boykott-Aufrufe von Gastronomen und Einzelhändlern eingestellt hätten. Sollten sich Geschäfte oder Restaurants der Lockdown-Verlängerung widersetzen, würden die Läden schnell wieder durch die Ordnungsbehörden geschlossen werden. Auf die Betreiber kämen Bußgelder von 5000 Euro zu. Zuletzt hatten in sozialen Medien Aufrufe zu Ladenöffnungen die Runde gemacht, mehrheitlich aber nicht in Köln.

Infektionslage

Zwei Wochen nach Weihnachten ist unter den Mitgliedern des Krisenstabs ein leichtes Aufatmen zu vernehmen, dass Familientreffen an den Feiertagen offenbar nicht zu einem Anstieg der Infektionszahlen geführt haben. Der sogenannte R-Wert, also die Zahl der Menschen, die ein Infizierter im Schnitt ansteckt, liegt nun seit zehn Tagen unter eins. „Das ist eine gute Nachricht für Köln“, sagte Gesundheitsamtschef Johannes Nießen. Derzeit sinken die für die Erfassung des Infektionsgeschehens wichtigen Kennziffern folglich. Ab einem R-Wert unterhalb von 0,7 sei mit exponentiell sinkenden Zahlen zu rechnen, sagte Nießen. Dieser Punkt sei aber noch nicht erreicht.

Weiterhin wird aber wohl über den Winter der Fokus auf den privaten Treffen liegen. Mit 30 Prozent aller Ansteckungen sind Familienkontakte derzeit in Köln die größte bekannte Ursache für Neuinfektionen. Knapp die Hälfte aller Fälle kann aber weiterhin nicht zurückverfolgt werden. Reker nannte die Lage auch deshalb „weiterhin angespannt“. Sie würde sich freuen, wenn Köln „eine der ersten Millionenstädte Deutschlands wäre, die es schaffen, dauerhaft eine Wocheninzidenz unter 35 zu erreichen“, sagte sie.

Impfen

Erstmals zeichnet sich ab, dass in Köln schon bald flächendeckend geimpft werden kann. Anfang Februar sollen zu einem landesweit einheitlichen Stichtag die Impfzentren eröffnet werden. Das Kölner Zentrum in der Messe steht schon seit Mitte Dezember auf standby. „Wir stehen Gewehr bei Fuß, mit dem Betrieb zu beginnen“, sagte Feuerwehrchef Christian Miller. Das Zentrum könne innerhalb von 48 bis 72 Stunden hochgefahren werden.

Mitte Januar sollen die Über-80-Jährigen ein Einladungsschreiben vom NRW-Gesundheitsministerium bekommen, mit dem sie anschließend über die Telefonnummer 116-117 Termine im Impfzentrum machen können. Zuvor sollen vom 18. Januar an Klinikmitarbeiter geimpft werden. Dafür kamen am Freitag die ersten Dosen des kürzlich zugelassenen Impfstoffs von Moderna in Köln an. Ebenfalls am Freitag erreichten 170.000 Impfdosen von Biontech das Land, bis Mitte Februar ist dann eine wöchentliche Lieferung von weiteren 170.000 Dosen geplant – für Köln wären das etwa 4000 Dosen pro Woche. Bisher wurden in Köln gut 5500 Menschen geimpft, bis Mitte kommender Woche sollen noch einmal gut 1000 hinzukommen.

Probleme gab es zuletzt mit der Organisation der Impfungen und der Impfbereitschaft unter Mitarbeitern in Pflegeheimen. Diese lag mit etwa 50 Prozent deutlich unter den Erwartungen. Feuerwehrchef Miller sprach von einer „punktuellen Zurückhaltung“ und erklärte sich diese mit Vorbehalten, die auch mit Erfahrungen mit einer Grippe-Impfung zusammenhingen. Der Wirkungsmechanismus der Impfungen sei aber „völlig unterschiedlich“. Bevor Impfdosen verfallen, greife auch die Feuerwehr ein und helfe den Kassenärzten bei Organisation und Verabreichung, stellte er klar. Künftig soll es einmal pro Woche eine sogenannte „Impfstoffkonferenz“ von Stadt und Kassenärztlicher Vereinigung geben.

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