Gesang ist verbotenWas Gläubige in Köln vor dem Start der Gottesdienste wissen müssen

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Wird es bald in abgewandelter Form wieder geben: Gottesdienst im Dom.

  • In Köln finden am kommenden Sonntag die ersten Gottesdienste seit der Kontaktsperre statt.
  • Katholische und evangelische Kirche stecken mitten in den Vorbereitungen. Die Strategien zur Vermeidung von Infektionen sind unterschiedlich – ebenso wie die Bedingungen für die Gläubigen.
  • Wo finden Gottesdienste statt? Was muss beachtet werden? Wir geben einen Überblick.

Köln – Unter Beachtung umfangreicher Schutzvorkehrungen finden am kommenden Wochenende in Köln und der Region wieder öffentliche Gottesdienste statt. Zu den strengen Auflagen gehört im Erzbistum Köln der Verzicht auf den Gemeindegesang. Für die Organisation wurde ein Online-Ticketing eingeführt. Der erste Gottesdienst im Dom wird ein Pontifikalamt mit Kardinal Rainer Woelki am Sonntag um 10 Uhr sein. An diesem wie an allen weiteren Gottesdiensten im Dom können maximal 122 Gläubige teilnehmen, deren Daten zur Verfolgung etwaiger Infektionsketten erfasst werden.

„Ich weiß, wie viele Menschen die Gottesdienste in den letzten Wochen schmerzhaft vermisst haben“, sagte Kardinal Rainer Woelki. Der Kölner Erzbischof hatte sich besonders intensiv für die Ausdehnung der Mitte April beschlossenen Corona-Lockerungen auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften eingesetzt. In einigen Bundesländern sind sie schon wirksam, in Nordrhein-Westfalen ist es jetzt soweit.

Auch evangelische Gottesdienste starten in Köln wieder

Die Düsseldorfer Landesregierung hatte als einzige bundesweit kein ausdrückliches Verbot öffentlicher Gottesdienste verhängt, sondern sich auf eine entsprechende Selbstverpflichtung der Religionsgemeinschaften verlassen. Die Gottesdienste würden „umsichtig und unter gewissenhafter Einhaltung aller Vorgaben“ zur bestmöglichen Eindämmung der Corona-Pandemie gefeiert, versicherte Woelki. „Wir werden damit sehr verantwortungsbewusst umgehen, aber es ist eine gute Nachricht für alle, die sich in dieser schwierigen Zeit nach Sinn, Orientierung und Gemeinschaft sehnen.“ Oberstes Gebot sei es indes, dass die Menschen gesund blieben, betonte Woelki.

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Auch die evangelische Kirche in Köln und der Region freut sich nach den Worten von Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, „dass unter strengen Hygieneregeln Gottesdienste in Präsenzform wieder möglich werden“. Auch er betonte, dass die Bedrohung durch das Coronavirus sehr ernst zu nehmen sei und dass der Gesundheitsschutz für die evangelische Kirche weiterhin „höchste Priorität“ habe. „Wir wollen sehr behutsam mit der möglichen Öffnung von Kontaktbeschränkungen umgehen, die jetzt möglich werden.“

Drei Gottesdienste auf der Kölner Schildergasse

Seiger sprach von einem „vorsichtigen Hineintasten“ ins gottesdienstliche Leben, das im Übrigen „nie abgetaucht“ gewesen sei, sondern sich in den Gemeinden „neue kommunikative Wege mit vielen überraschenden Ideen gesucht“ habe. Vieles davon werde fortgeführt. Grundsätzlich liegt die Entscheidung in der evangelischen Kirche bei den Presbyterien der Gemeinden. Zu beachten sei insbesondere die Größe des Kirchenraums und damit die Frage, in welchem Umfang dort Gottesdienste möglich und sinnvoll sind.

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Einige wenige finden bereits an diesem Sonntag statt, so in der Antoniterkirche auf der Kölner Schildergasse. Dort wird um 10, 11 und 18 Uhr ein Gottesdienst gefeiert – jeweils ohne Abendmahl, wie Pfarrer Markus Herzberg betont. Die Zahl der Teilnehmer ist nach Anmeldung auf etwa 30 beschränkt, es gilt ein strenges Hygienekonzept. Gesang der Gemeinde wird es nicht geben. Die meisten anderen evangelischen Gemeinden werden frühestens am 10. Mai folgen, teilte der Sprecher des Stadtkirchenverbands, Sammy Wintersohl, auf Anfrage mit.

Gesang ist zu gefährlich

Für die katholischen Gottesdienste hat Generalvikar Markus Hofmann in einem Rundschreiben an alle Gemeinden des Erzbistums detaillierte Schutzbestimmungen erlassen. Diese müssten, so wörtlich, „wahrscheinlich nicht nur kurzfristig zwingend eingehalten werden“. Dazu zählt ein Mindestabstand der Teilnehmer von zwei Metern nach allen Seiten. Sitzplätze in den Kirchen müssen entsprechend markiert werden.

Ein Ordnungsdienst soll die Abstände auch beim Betreten und Verlassen der Kirche – möglichst durch verschiedene Türen - sicherstellen und auf die Einhaltung einer Obergrenze bei den Besucherzahlen achten. Empfohlen werden auch hier telefonische Voranmeldungen oder ein Online-Ticketing. An den Kircheneingängen sollen Desinfektionsmittel-Spender bereitstehen. Vorgeschrieben sind auch Hinweisschilder mit den zentralen Verhaltensregeln zum Infektionsschutz. Ein Mund-Nase-Schutz wird empfohlen, ebenso eine zeitliche Begrenzung der Sonntagsmessen auf maximal eine Stunde. Der Gemeindegesang ist wegen des mit dem tiefen Ein- und Ausatmen erhöhten Infektionsrisikos untersagt.

Erzbistum tut mehr als gefordert

Damit geht das Erzbistum über die Empfehlungen der Deutschen Bischofskonferenz hinaus. Bistumssprecher Christoph Heckeley betonte, in einer „legitimen Bandbreite“ folge das Erzbistum seiner Linie der größtmöglichen Zurückhaltung, die sich durch sämtliche Vorgaben ziehe. „Unsere Regeln setzen einen Rahmen. Die Gemeinden müssen die örtlichen Gegebenheiten diesen Regeln anpassen.“ So sollten kleine Kirchen oder Räume mit nur einem Ein- und Ausgang erst gar nicht in Betracht gezogen werden.

Besonders strenge Vorgaben gelten für die Kommunionausteilung. Hier müssen Zelebranten und Kommunionhelfer vorher die Hände desinfizieren und Mund-Nase-Schutz tragen. Die Hostienschalen auf dem Altar sollen verschlossen bleiben und nur zur Kommunion geöffnet werden. Die Gläubigen dürfen die Kommunion nur „im gebotenen Mindestabstand“ empfangen. Die Mundkommunion ist untersagt, ebenso jeder Körperkontakt, etwa zum liturgischen Friedensgruß oder zum Segen. Von der Teilnahme am Gottesdienst generell ausgeschlossen sind Corona-Infizierte sowie Symptom-Träger.

Grundsätzlich Einzeltaufen

Trauergottesdienste, Taufen und Hochzeiten sind generell ab dem 4. Mai wieder möglich. Taufen finden grundsätzlich als Einzeltaufen statt. Beichten sind unter Beachtung des Mindestabstandes sowie der Hygienevorschriften möglich. Beichtstühle seien dafür aber „in der Regel nicht geeignet“, betont das Erzbistum. Erstkommunionfeiern und Firmungen finden bis auf Weiteres nicht statt. Offen ist auch die Feier des Fronleichnamsfests am 11. Juni, das traditionell mit Prozessionen verbunden ist, in Köln zum Beispiel mit der „Mülheimer Gottestracht“, einem Schiffskonvoi auf dem Rhein.

Im Kölner Dom laufen bereits die Vorbereitungen zur Umsetzung der Vorschriften für die ersten Gottesdienste am kommenden Wochenende. Dazu gehören auch Wegemarkierungen auf dem Fußboden. Wie Dombaumeister Peter Füssenich berichtet, haben die Mitarbeiter der Dombauhütte eigens einen „Priesterspuckschutz“ konstruiert, der so aufgestellt wird, dass den Gläubigen gefahrlos die Kommunion gereicht werden kann.

„Smart Start“ in der Kölner City

Für die katholischen Kirchen in der Kölner City setzt Innenstadt-Pfarrer Dominik Meiering auf einen „Smart Start“ mit „Probeläufen“: zwei Messen am Samstag, ein halbes Dutzend am Sonntag. „Wir wollen mit Vorsicht und Umsicht erste Erfahrungen sammeln“, so Meiering. Zu den Sonntagsmessen seien die Gläubigen gehalten, sich telefonisch in den Pfarrbüros oder online anzumelden. Die Teilnehmerlisten würden beim Einlass kontrolliert. „Wir wollen nicht in die Situation kommen, Gottesdienstbesucher abweisen zu müssen“, erklärt der Pfarrer.

„Vielleicht mag jemand das Gefühl von übervorsichtiger Reglementierung haben. Das ist mir aber lieber als unvorsichtiges Laissez-faire, dass unsere Bewegungsmöglichkeit angesichts der ersten Corona-Lockerungen gleich wieder aufs Spiel setzt.“ Auch wenn es nun wieder Messen gebe, brauche es in diesen Zeiten doch auch noch „ganz anderer Formen von Gemeinschaft“, betonte Meiering. „Klar ist: Allein der Empfang der Kommunion gibt noch keine Antwort darauf, wie wir in den nächsten Wochen und Monaten Communio – Gemeinschaft – leben wollen.“

Bonner Pastoralreferentin reagiert mit Sarkasmus

Im Kölner Westen hingegen sollen erstmals am 10. Mai wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden. „Wir wollen akribisch vorbereitet sein. Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat sind mit großem Engagement bei der Arbeit“, berichtet Wolfgang Fey, Leitender Pfarrer von Sankt Pankratius in Lindenthal. Auch in seiner Pfarrei werde geprüft, welche der verfügbaren Kirchen am besten für die Einhaltung der Auflagen geeignet sind. Neben verbreiteter „großer Vorfreude“ spüre er in der Gemeinde aber auch Angst. „Viele halten Gottesdienste noch für zu gefährlich und werden nicht kommen.“ Für sie hält die Pfarrei auch weiterhin Seelsorge-Angebote online bereit, wie einen von Fey gestalteten Podcast.

Mit einer gehörigen Portion Sarkasmus reagierte die Bonner Pastoralreferentin Carmela Verceles auf die Anweisungen des Erzbistums. Auf Facebook stellte sie dem Generalvikar die (rhetorische) Frage: „Wann sollte nochmal die Lieferung des Desinfektionsmittels vor dem 1. Mai an alle Gemeinden im Erzbistum Köln erfolgen?“ Die Seelsorgerin bedankte sich bei Hofmann dafür, „dass Sie persönlich zusammen mit weiteren 40 Mitarbeitenden aus dem Generalvikariat den Ordnerdienst für das 1. Mai Wochenende an unseren 15 Kirchorten garantieren werden“. Ihre Kritik am Vorgehen des Erzbistums kleidete Verceles in die Bitte, Kardinal Woelki Grüße und Dank auszurichten, „dass er die Gremien und uns zu Rate gezogen hat hinsichtlich der Wiederaufnahme der Gottesdienste, so dass die Gemeinden sich gut und motivierend auf die bevorstehende Situation einstellen konnten“.

Messen im Kölner Dom: koelner-dom.de

Sonntagsmessen in der Kölner Innenstadt auf: katholisch-in-koeln.de

Evangelische Gottesdienste: kirche-koeln.de

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