Gesangstrio um Carolin KebekusBeer Bitches aus Köln präsentieren Klassik-Rock-Album

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beer bitches

Die Beer Bitches sind Nadine Weyer, Carolin Kebekus und Irina Ehlenbeck (v.l.)

Köln – Gleich der Auftakt des neuen Albums „14 Meisterwerke der Beer Bitches“ gibt die Richtung vor: Den Refrain von Fritz Webers „Ich bin ne kölsche Jung“ intonieren Piano und Geige ganz klassisch-still, bevor sie Sekunden später in einer Kakophonie aus schneidendem E-Gitarren-Gewitter und einem bombastischen Orchestertutti untergehen.

Dann kommen die Damen, und es ist vollkommen klar, dass Carolin Kebekus, Nadine Weyer und Irina Ehlenbeck vom „Kölsch Mädche“ singen. Singen müssen. Denn die (meist selbstverfassten)Texte der Band sind witzig, Köln-verliebt, authentisch, jeck, politisch, selbstironisch, weiblich, feministisch im besten Sinne des Wortes. Und genauso Markenzeichen des Trios wie ihre mitreißende Live-Performance und die gewaltigen Stimmen.

Zwischen Kölsch-Pop und Musical-Schmalz

Das Cover  – Stil: gelangweilte Schülerin bekritzelt  Klassikalbum ihrer Eltern  –  suggeriert, dass da Musiker sich nicht in den Schlund der Corona-Depression ziehen lassen, sondern lieber kreativ austoben wollen. Spaß scheinen jedenfalls alle zu haben, die an dieser Mischung aus Kölsch-Pop und Klassik, aus Musicalschmalz, Funk, Rock  und Schlager, aus Ernsthaftigkeit und Persiflage beteiligt sind: die Beer Bitches, ihre Begleitband The Loose Ladyboys um den Gitarristen Chris Geletneky und das 40-köpfige WDR-Funkhausorchester.

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Corinna Rottschy, Orchestermanagerin, formuliert es so: „Das Orchester hat sowohl Spaß an witzigem Kölsch-Rock als auch an der Zusammenarbeit mit klugen Moderatorinnen.“ Carolin Kebekus sei im Rahmen von Pussy-Terror-TV als Gastdirigentin beim Orchester gewesen, daher kannte man sich. Die WDR-Unterhaltungschefin Karin Kuhn hatte dann die Idee zur Zusammenarbeit.

„Unser Orchester kann aufgrund seiner Bandbreite jede Art von Unterhaltungsmusik spielen“, so Rottschy. „Dazu lassen wir die Arrangements auf die jeweilige Besetzung schreiben.“  Der Dirigent und Arrangeur Kai Tietje habe jedem Lied eine eigene Farbe gegeben, von der Pop-Ballade über Rockelemente bis hin zu südamerikanischer Percussion oder sinfonischem Jazz.  „Mir hat »De Familich« als Arrangeur sehr viel Spaß gemacht“, sagt Tietje. „Ich finde, das ist eine schöne Nummer und sehr lustig.“ Ein Textbeispiel aus dem Song zu Opas Achtzigstem? „All Lück fresse Frikadellche / Keiner Lisbeths Schichtsalat / Pia schwaad vun Stilleinlage / Opa üvver  Stalingrad.“ Da findet sich wohl jeder wieder.

Philharmonie-Konzert im Livestream am 19. März

Die drei Sängerinnen jedenfalls waren begeistert von der Kooperation. „Wir konnten uns in einem ganz anderen Genre austoben“, freut sich Carolin Kebekus, und Nadine Weyer ergänzt: „Es war ein riesiger Spaß, unsere Songs in einem vollkommen anderen Gewand zu betrachten. Natürlich ist es eine wahnsinnige Ehre, mit diesem gewaltigen Orchester zusammen zu spielen – davon werden wir noch unseren Enkelinnen erzählen.“

Eine Veröffentlichung auf CD war zunächst gar nicht vorgesehen. „Wir planen ein Konzert bereits seit zwei Jahren und hatten die Idee, eine Live-Aufzeichnung davon auf CD zu verewigen“, erklärt Irina Ehlenbeck. „Dann kam Corona, und so konnten wir bereits im vergangenen Jahr im Studio die Songs aufnehmen.“ Das  Konzert wird jetzt am 19. März, ohne Zuschauer, in der Philharmonie aufgezeichnet. Zu sehen als Live-Stream sowie in einem bearbeiteten Konzertfilm am 30. April im WDR (direkt nach dem „Kölner Treff“, in dem Kebekus zu Gast sein wird).

Echte Perlen

Aber zurück zum Album. Mit der WDR-Big Band wurde „Funkenmariechen“ aufgenommen, eins der schönsten Karnevalslieder der letzten Jahre. Arrangiert von Raoul Vycodyl,  strahlt das Lady Gaga-Cover („Paparazzi“) wie ein seltenes Juwel aus der Zeit der großen Samstagabend-Show.  Und wer bei der Hymne auf den Allerwertesten, „Schwing ming fott“, sitzen bleiben kann auf demselben, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Funkpost geht ab beim Mothers Finest-Cover „Baby Love“, das hier „Kölle Alaaf“ heißt, oder beim ähnlich gestrickten „Schlääch danze kannze“ ab.  

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Aber es geht auch besinnlich, etwa beim sehnsüchtigen „Heimweh“ (mit einem inbrünstigen Max Mutzke als Gast), einer Liebeserklärung an die Stadt („De Queen“) oder dem Weihnachtslied „Stään üvver Kölle“, das vor Kitsch zu triefen scheint, aber im Text deutlich relativiert: „Kreßdaachsjeföhle deef in mir, / wulle op däm Wäch noh Hus all widder erus / und at Jemisch us Printe, Fesch un Bier / funkelt magisch wenn et op Asphalt jefriert.“  Schön, wer nach dem Suff noch so klar sieht.

Fazit: Die Musiker haben den Lock-Down genutzt, das sollten die Fans zu schätzen wissen. Auch wenn Klassik-Rock sicher nicht jedermanns Sache ist, gibt es einige echte Perlen auf dem Album. Nur schade, dass man beim Konzert in der Philharmonie nicht vor Ort dabei sein kann, denn live verspricht das eine große Nummer zu werden. Die CD ist derzeit in allen gängigen Streaming- und Downloadportalen erhältlich sowie bei www.koelnermusikladen.de

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