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Google-Suche nach „perfektem Mord“Neues Indiz im Fall von vergiftetem Kölner Arzt

Lesezeit 3 Minuten
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Die Angeklagte mit Verteidiger Jürgen Graf beim Prozessauftakt im Landgericht.

Köln – Im Prozess gegen eine 41-jährige Frau, die versucht haben soll, am 5. Juli 2020 ihren damals 80-jährigen Schwiegervater, einen Arzt, in dessen Villa mit einer Überdosis Insulin umzubringen, spielen Suchbegriffe eine Rolle, die sie im Vorfeld des Geschehens bei Google eingab. Taugen sie als Indizien dafür, dass sie schuldig ist?

Davon geht ein Ermittler aus, der am Donnerstag im Kölner Landgericht weiter befragt wurde. Zu der Auswertung der gesicherten Daten auf dem Smartphone der Angeklagten sagte er: „Ich sehe einen Haufen von Suchanfragen mit Begriffen, mit denen sich nur jemand beschäftigen würde, der diese Tat begangen hat.“ Das „Gesamtbild“ eigne sich zur Bestätigung des Verdachts. Besonders scheint dies zum Beispiel die Eingabe „Perfekter Mord durch Insulin“ nahezulegen.

Doch was ist mit „Selbstmord durch Insulin?“ Diese Begriffskombination lasse sich damit erklären, dass sich die Angeklagte wiederholt mit Suizidgedanken getragen habe, so einer der beiden Verteidiger. Auch sonst ließen sich die bekannten Suchanfragen in die eine oder andere Richtung auslegen.

Tochter während der Tat mit Netflix abgelenkt

Der 41-Jährigen, die seit einem Schwangerschaftsdiabetes insulinpflichtig ist, wird zur Last gelegt, an jenem Tag ihren Schwiegervater, den sie mit ihrer Tochter besuchte, zunächst mit dem Benzodiazepin Tavor ruhiggestellt und ihm dann die Überdosis Insulin gespritzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte ihre Tochter in dieser Zeit mit einer Netflix-Kinderserie auf ihrem Smartphone abgelenkt habe. Am nächsten Morgen fand die Haushälterin den alten Mann bewusstlos vor. Zwar überlebte er, doch wegen des erlittenen Hirnschadens ist er seitdem ein Pflegefall. Die Angeklagte bestreitet die Tat.

Der Zeuge äußerte den Verdacht, sie könnte schon vorher versucht haben, den Arzt umzubringen. Warum sonst hätte sie im Internet nach Informationen über die Auswirkungen einer Paracetamol-Vergiftung suchen sollen? Nachdem der Schwiegervater an einem Juni-Tag einen Campari-Orange getrunken hatte, den ihm die Angeklagte gemixt haben soll, klagte er über starkes Unwohlsein und vermerkte in seiner Krankenakte: „Fast wie vergiftet“.

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Die Verteidigung entgegnete, ihre Mandantin könne genauso gut aus Sorge um den Schwiegervater, den sie vor der angeklagten Tat als häufig erschöpft erlebt haben will, nach erklärenden Informationen gegoogelt haben. Dazu passt, dass sie eine E-Mail an ihren Ehemann, in der es um eine mögliche Hepatitis ging, mit „Mache mir nur Sorgen“ überschrieb. In der Vernehmung nach ihrer Festnahme sei sie „fast schon freudig erregt“ gewesen und habe geäußert, sie finde es „toll“, dass der Fall ernst genommen werde, so der Ermittler. Nach Eröffnung des Tatvorwurfs habe sie gesagt, sie habe nichts zu verbergen, und dann „sehr ausufernd erzählt“.

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