Grapscher-Prozess in KölnFrauenrechtlerinnen demonstrieren gegen Richterin

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Demonstrantinnen vor dem Gerichtsgebäude an der Luxemburger Straße

Köln – Nach der Einstellung eines Strafverfahrens wegen einer mutmaßlichen sexuellen Belästigung haben Frauenrechtlerinnen vor dem Amtsgericht gegen die Prozessführung der Richterin und gegen sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen demonstriert. „Wir fordern, dass sexuelle Belästigung nicht länger als Kavaliersdelikt gilt“, sagte Frauke Mahr, Sprecherin der „Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt“. Man wolle bewusst einen Tag vor Weiberfastnacht das Thema in die Öffentlichkeit bringen, um auch auf Übergriffe in der Karnevalszeit aufmerksam zu machen. An der Kundgebung an der Luxemburger Straße nahmen am Mittwochnachmittag rund 60 Menschen teil, überwiegend Frauen.

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Eine 27-Jährige hatte ausgesagt, am 11. November 2018 auf der Rolltreppe einer U-Bahn-Haltestelle unter dem Rock am Gesäß begrapscht worden zu sein. Eine Kölner Amtsrichterin stellte das Verfahren gegen den 42-jährigen Angeklagten wegen Geringfügigkeit ohne Auflagen ein. In der Begründung hieß es, „es war der 11.11., und selbst wenn es so war, ist das so gering, dass wir das auf uns beruhen lassen können“. Der Angeklagte hatte den Vorwurf zuvor bestritten. Frauenrechtlerinnen wie Mahr werteten die Entscheidung als „Freibrief für übergriffige Männer“. Damit werde verharmlost, was Frauen nicht nur während Karneval an Übergriffen erlebten, sagte Mahr bei der Demonstration am Mittwoch.

„Ich stehe auch für meine Kinder und für alle Frauen hier“

Die Demonstrantinnen gingen die Richterin scharf an. Sprüche wie „Grapscher Alaaf – geht’s noch, Frau Richterin?“ waren auf den Plakaten zu lesen. Auf die Amtsrichterin selbst werden wohl trotz der öffentlichen Kritik an der Verfahrenseinstellung keine Konsequenzen zukommen. Richter sind in ihren Entscheidungen unabhängig. Ihnen dürfen weder allgemein, noch im Einzelfall hinsichtlich ihrer richterlichen Tätigkeit Weisungen erteilt werden.

Die Kölnerin Maria Brand, die an der Kundgebung teilnahm, sagte, es sei traurig, dass sich Frauen durch die Verfahrenseinstellung gegenüber einem Teil der männlichen Bevölkerung teilweise als „Freiwild“ sehen müssten. „Ich stehe auch für meine Kinder und für alle Frauen hier“, sagte Brand. Initiatorin Mahr kritisierte, dass durch den Richterspruch eine Entwicklung untergraben werde, im Zuge derer sich Frauen offensiver als früher trauten, über sexuelle Übergriffe öffentlich zu sprechen. „Die Entscheidung stärkt diejenigen, die mit der Entwicklung ohnehin nicht mitgekommen sind“, sagte Mahr.

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