Grippewelle in KölnAuch Keime fahren Straßenbahn

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Erst in die Hand geniest, dann an der Haltestange in der Straßenbahn festgehalten – schon können Krankheitskeime an dem Rohr heften. Der nächste, der sich daran festhält, könnte sich anstecken.

Erst in die Hand geniest, dann an der Haltestange in der Straßenbahn festgehalten – schon können Krankheitskeime an dem Rohr heften. Der nächste, der sich daran festhält, könnte sich anstecken.

Köln – Die Tastatur auf dem Bankautomaten, die Haltegriffe in Bus und Bahn, die Klinke an der Bürotür: In der Erkältungszeit können sie sich zu wahren Keimschleudern entwickeln. Mit Desinfektionsspray und Mundschutz bewaffnet muss man allerdings nicht das Haus verlassen, beruhigen Gesundheitsexperten.

Arztpraxen überfüllt

Laut dem Influenza-Wochenbericht vom Robert-Koch-Institut sind die Arztbesuche in der vergangenen Kalenderwoche deutschlandweit noch einmal gestiegen. Knapp 3000 Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen pro 100 000 Einwohner suchten einen Arzt auf. Das sei der höchste Wert in den vergangenen zehn Saisons. Auch in Köln hat es nach Angaben des Gesundheitsamts bis vorige Woche etwa 350 neue Influenza-Meldungen gegeben. Möglicherweise sei zu erwarten, dass der Höchstmeldestand seit 2012 mit 500 Fällen übertroffen werde.

„Wir haben derzeit sehr viele Patienten täglich. Und es sind viele Grippefälle dabei, nicht nur die üblichen grippalen Infekte“, sagt Tim Kümmerle, Facharzt für Allgemeinmedizin und Infektiologie. Alles, was im öffentlichen Raum von vielen Menschen angefasst werde, sei eine potenzielle Übertragungsquelle. „Wenn jemand in die Hand niest, sich danach nicht die Hände wäscht und etwas greift, können Keime dort anhaften. Allerdings ist die Tröpfchen-Übertragung viel häufiger, also durch Husten oder Niesen“, erklärt Kümmerle, der am Ebertplatz praktiziert.

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In der Bahn kein Infektionsschutz möglich

Gegen verschnupfte Fingerabdrücke könne man allerdings wenig tun, heißt es bei der KVB. Besondere Maßnahmen werden dort, wo sich viele Passanten und Kunden bewegen, im Moment nicht ergriffen. KVB-Sprecher Matthias Pesch sagte, dass die Problematik jedes Jahr wiederkehre: „Bei 900 000 Fahrgästen täglich, ist es uns unmöglich, sie vor einer Infektion zu schützen.“ Den Mitarbeitern werde allerdings eine Grippeschutzimpfung über die Stadtwerke angeboten, die auch Kümmerle dringend empfiehlt.

In den Filialen der Sparkasse Köln/Bonn werden Automaten, Kontoauszugsdrucker und alle anderen Flächen ganzjährig täglich gereinigt. „Händeschütteln beim Kundenkontakt gehört nach wie vor dazu. Außer man klärt das im persönlichen Gespräch“, sagt Christian Schilling von der Sparkasse. Allgemeine Handlungsempfehlungen gebe es für die Sparkassen-Mitarbeiter nicht. Auch Galeria Kaufhof verzichtet auf solche.

„Häufig Händewaschen“

„Es wäre auch nicht sinnvoll, überall Spender mit Desinfektionsmittel aufzustellen oder besonders stark zu reinigen“, sagt die Leiterin des Gesundheitsamts, Anne Bunte. Panikmache halte sie für falsch, aber Entwarnung will Bunte angesichts der hohen Influenza-Meldungen auch nicht geben. Es könne nur jeder mit individuellem Verhalten kontrollieren, dass Infekte sich nicht ausbreiten.

Bei der Stadt werden die Mitarbeiter regelmäßig übers Intranet auf allgemeine Gesundheitsfürsorge hingewiesen. Aber ansonsten werden in den Ämtern wegen der aktuellen Grippewelle keine besonderen Vorkehrungen getroffen.

„Wer krank ist, muss zu Hause bleiben, und außerhalb der eigenen vier Wände ist das häufige Händewaschen sehr wichtig. Beim Husten und Niesen sollte man sich von Menschen abwenden. In der Stadtbahn ist das aber schon schwierig,“ sagt Bunte.

Desinfektionstücher für unterwegs

Für unterwegs empfiehlt Linda-Apotheker Malte Gerkens, Handdesinfektionstücher und -gels. Diese ersetzten dennoch nicht das Händewaschen. „Dafür genügt schon eine normale Seife, außer wenn zu Hause bereits jemand krank ist. Husten und Niesen sollte man besser in den Ärmel als in die Hände“, sagt er.

Ansonsten gelten die üblichen Ratschläge, um sich vor Erkältungen und Grippe zu schützen, indem man durch viel Bewegung, frische Luft, ausreichende Trinkmenge, gesunder Ernährung und warmer Kleidung das Austrocknen der Schleimhäute verhindert sowie die Abwehrkräfte stärkt.

„Generell ist derzeit viel los, und wir merken, dass es eine große Erkältungswelle gibt,“ sagt Gerkens. Am meisten gingen zurzeit Nasensprays, Schmerzmittel und Arznei gegen Erkrankungen der oberen Atemwege wie Bronchitis über die Theke seiner Apotheke an der Aachener Straße.

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