Große Pläne für alle StadtteileSo wird sich die Kölner Schullandschaft verändern

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Schulkinder Symbolfoto

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  • Der Mangel an Kölner Schulen ist noch größer als zuletzt angenommen. Nach der Auswertung neuer Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung und einer Analyse für jeden Stadtteil hat die Stadtverwaltung ihren Schulentwicklungsplan aktualisiert.
  • Im gesamten Stadtgebiet sollen für tausende Kinder neue Schulen entstehen.
  • Wir erklären, wie sich die Schullandschaft in den kommenden Jahren verändern wird – von Ehrenfeld über Nippes, Chorweiler und Lindenthal bis nach Deutz und Mülheim.

Köln – Um den Herausforderungen gerecht zu werden, müssen in den nächsten Jahren 54 neue Schulen gebaut werden. Hinzu kommen Erweiterungen und neue Klassen in bestehenden Einrichtungen.

Der Druck ist bereits jetzt so groß, dass auch unkonventionelle Lösungen diskutiert werden. Die Stadt prüft die Anmietung von Bürogebäuden oder den Umbau eines leerstehenden Möbelhauses in Poll. „Der Notstand ist so groß, dass über alles nachgedacht werden muss“, so der Schulentwicklungsplaner Frank Pfeuffer. Auch die Schließung von Haupt- und Realschulen ist weiterhin im Gespräch, um die Gebäude für die stärker nachgefragten Plätze an Gymnasien und Gesamtschulen zu nutzen. Schnelle Lösungen bietet der aktualisierte Plan jedoch nicht. Die Stadt geht davon aus, dass auch in den nächsten Jahren Hunderte Familien, die einen Gesamtschulplatz für ihr Kind wünschen, eine Absage bekommen werden.

Die Zahl der Kölner Erstklässler wird bis zum Jahr 2022 auf rund 10.500 Kinder ansteigen. Das ist eine Steigerung im Vergleich zum kommenden Schuljahr um mehr als 1000 Kinder (siehe Grafik). Zeitversetzt wird auch die Zahl der Fünftklässler deutlich anwachsen.

Ehrenfeld und Lindenthal bekommen fünf neue Grundschulen

In den Stadtbezirken Lindenthal und Ehrenfeld gibt es Handlungsbedarf aufgrund steigender Kinderzahlen. Allerdings ist der Druck hier etwas geringer als in Chorweiler, Mülheim, Rodenkirchen oder Porz.

Auf einzelne Stadtteile im Kölner Westen herunter gerechnet steigen vor allem in Lindenthal, Braunsfeld und Ehrenfeld die Kinderzahlen. Im Rathaus wird darüber debattiert, wie sich das Angebot bei den weiterführenden Schulen entwickeln soll.

Mehr Gesamtschulen?

Streitpunkt zwischen den Ratsparteien ist die Frage, ob die Stadt nicht angesichts des großen Mangels einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Gesamtschulangebots legen muss. SPD und Linke fordern das. Die Schulverwaltung wie auch das Ratsbündnis von CDU und Grünen setzen auf einen gleichberechtigten Ausbau von Gesamtschul- und Gymnasialplätzen. Durch die Rückkehr der Gymnasien zur längeren Schulzeit bis zum Abitur bestehe auch hier dringender Handlungsbedarf.

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Während in allen anderen Stadtbezirken neue Gesamtschulen geplant werden, geht die Schulverwaltung bislang davon aus, dass für den Stadtbezirk Lindenthal die seit einem Jahr arbeitende Gesamtschule in Sülz ausreicht. Im Stadtbezirk Ehrenfeld werden neben dem Heliosgelände und dem Wasseramselweg in Vogelsang – beide Schulen sind in Provisorien bereits gestartet – noch die Fitzmauricestraße in Ossendorf als Gesamtschulstandort genannt.

Probleme in Ossendorf

Auch für Ossendorf war im Gespräch, die Schule in einem Provisorium starten zu lassen, damit man nicht auf den Neubau warten muss. Im Schulentwicklungsplan heißt es nun, dass dies wohl nur möglich ist, wenn dafür eine Grünfläche genutzt werden kann. Das halten die Planer – auch wenn die Fläche nur für eine Übergangszeit genutzt würde – für „nicht umsetzbar“. Weil man im Umfeld keine Alternative gefunden habe, werde die neue Gesamtschule wohl erst mit der Arbeit beginnen können, wenn ein Neubau steht.

Im Interim gestartet ist auch ein Gymnasium in Widdersdorf; das neue Gymnasium in der Zusestraße in Lövenich soll 2022 errichtet sein. Für den Stadtteil Lindenthal gibt es einen „Suchauftrag“. Auch hier soll ein weiteres Gymnasium eröffnet werden, doch bislang fehlt dafür das passende Grundstück. Darüber hinaus sind in den Stadtbezirken Lindenthal und Ehrenfeld fünf neue Grundschulen vorgesehen. Sie werden an der Anna-Lindh-Straße in Ossendorf als Teilstandort der Gemeinschaftsgrundschule Erlenweg, an der Statthalterhofallee in Junkersdorf, auf dem Heliosgelände und in der Werthmannstraße in Lindenthal gebaut. Für den Stadtteil Ehrenfeld gibt es einen weiteren „Suchauftrag“. Die Vorschläge des Schulentwicklungsplans werden in den nächsten Wochen in den Bezirksvertretungen und im Stadtrat debattiert. Der Stadtrat soll in seiner Juni-Sitzung entscheiden.

Dreizehn neue Schulen im Rechtsrheinischen

Der Stadtbezirk Mülheim gehört neben Rodenkirchen, Chorweiler und Porz zu den Teilen der Stadt, wo die Kinderzahl am stärksten steigen wird. Auch im Stadtbezirk Kalk ist der Bedarf für neue Schulplätze hoch. Auf einzelne Stadtteile herunter gerechnet besteht vor allem in Mülheim, Neubrück, Merheim, Kalk, Höhenhaus und Stammheim besonderer Handlungsdruck. Für den Stadtbezirk Kalk führt der Schulentwicklungsplan vier neue Grundschulen auf, im Stadtbezirk Mülheim sind es drei. Gründungen und Neubauten sind an der Nürnberger Straße in Höhenberg, an der Albermannstraße in Kalk und an der Wilhelm-Giesinger-Straße in Ostheim geplant.

Mit den Kliniken in Merheim ist endlich eine Vereinbarung über die Bereitstellung eines Baugrundstücks geschlossen worden. Die bau- und planungsrechtliche Prüfung der Fläche laufe, heißt es im Schulentwicklungsplan (siehe unten stehenden Artikel). Hinzu kommt der Neubau in der Thessalonikiallee in Kalk, der sich immer wieder verzögert hat.

Grundschule für Familien im Deutzer Hafen

Für den Mülheimer Süden, wo auf dem ehemaligen Areal von Klöckner Humboldt Deutz und umliegenden Firmen ein neues Viertel entsteht, sind zwei Grundschulen und eine Gesamtschule geplant. Eine weitere Grundschule könnte an der Horststraße entstehen, wenn die Kapazitäten im Mülheimer Süden nicht reichen.

Für die Familien, die in den dann umgebauten Deutzer Hafen ziehen, wird dort eine fünfzügige Grundschule gebaut. In der Nachbarschaft im Hasenthal soll mit einer Gesamtschule auf den Bedarf reagiert werden.

Hoffnung für Schule am Kölner Walter-Pauli-Ring

Eine große Gesamtschule ist ebenfalls in Höhenberg geplant. Sie soll „schnellstmöglich“ an der Frankfurter Straße/Fuldaer Straße errichtet werden, nachdem der städtische Bauhof verlegt wurde, der sich noch dort befindet. An der Poll-Vingster-Straße in Humboldt-Gremberg ist ein dreizügiges Gymnasium vorgesehen.

Noch nicht aufgegeben hat die Stadt die Hoffnung auf den Neubau einer weiterführenden Schule am Walter-Pauli-Ring in Kalk. Weil das Land das Areal aber für die zeitweise Auslagerung der Technischen Hochschule braucht, sei klar, dass man hier „in absehbarer Zeit“ nicht zum Zuge komme.  

Lange Suche nach einem Grundstück in Merheim

„Wir fordern weiterhin, dass auf dem Gelände des Merheimer Krankenhauses ein Grundstück für den Bau einer Grundschule frei gehalten wird“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Schuiszill jetzt in der Kalker Bezirksvertretung. Das müssten Stadtrat und Verwaltung – trotz aller Überlegungen zu Umstrukturierungen bei den städtischen Kliniken und möglichen Kooperationen mit der Uni-Klinik – weiter auf dem Schirm haben. „Das darf nicht untergehen“, waren sich die Bezirksvertreter einig und beschlossen einstimmig einen entsprechen Antrag der CDU. Damit waren sie vielleicht etwas spät dran, denn genau das ist nach dem Schulentwicklungsplan (siehe oben) ja vorgesehen.

Als die Wohnungsbaugesellschaft GAG und andere Firmen vor rund 15 Jahren das frühere Madaus-Gelände mit Wohnhäusern bebauten, hat man es mit der notwendigen Infrastruktur nicht so genau genommen. Ein riesiger Supermarkt war eingeplant, aber nicht die dringend notwendige zweite Grundschule für den Stadtteil. Geeignetes Grundstück fehlte

Bedarf erkannt, Grundstück fehlt

Und so waren die Kalker Bezirksvertreter aller Parteien und Fraktionen mit ihren entsprechenden Forderungen und Anträgen seit Jahren vertröstet worden. Der Bedarf sei erkannt, aber es gäbe leider kein geeignetes Grundstück, hieß es immer wieder. Statt eines Neubaus wurden an der Grundschule Fußfallstraße stets weitere Container aufgestellt, der Betrieb auf fünf Züge ausgeweitet und die Schule an die Grenzen ihrer Kapazität und ihres Leistungsvermögens gebracht. Diese Regelung sollte zunächst bis zur Fertigstellung einer neuen Grundschule gelten.

Und da schien vor zwei Jahren Land in Sicht. Hierfür konnte mit den Städtischen Kliniken Merheim nach längeren Verhandlungen zwischenzeitlich das grundsätzliche Einvernehmen hergestellt werden, eine Fläche auf dem östlichen Teil der Klinik für den Neubau zur Verfügung zu stellen. Die Verwaltung hatte die in Richtung Neubrück gelegene Fläche in der Nachbarschaft des Krankenhaus-Parkhauses bau- und planungsrechtlich prüfen lassen.

Doch von dem Gelände ist man nun wieder abgekommen, wie die Bezirksvertreter aus Kreisen der Verwaltung gehört hatte. „Eine offizielle Antwort von Verwaltung und Kliniken auf unsere Anfragen steht seit Monaten aus“, sagt dann auch Heinz Peter Fischer von den Linken. Stadt und Schulverwaltung favorisieren derzeit, so heißt es, ein anderes Grundstück auf dem Klinikgelände „Da geht es wohl um den Bereich des früheren Schwesternwohnheimes, um das herum gegenwärtig schon so einiges an alten Gebäuden abgebrochen wird“, sagt Schuiszill. „Das Gelände liegt auch näher zur Ortsmitte des Stadtteil hin.“

Bildungscampus für Kreuzfeld, „Suchaufträge“ für Nippes

Der Stadtbezirk Chorweiler gehört neben Mülheim, Rodenkirchen und Porz zu den Teilen der Stadt, wo die Kinderzahl am stärksten steigen wird. Auf einzelne Stadtteile im Kölner Norden herunter gerechnet besteht vor allem für Kinder in Volkhoven/Weiler, Seeberg und Chorweiler besonderer Handlungsdruck. Folgt man den Annahmen der Bevölkerungsprognose ist die Lage im Stadtbezirk Nippes entspannter. Eine Ausnahme ist der Stadtteil Weidenpesch.

Bei den Zahlen für Chorweiler ist der Bedarf für den geplanten neuen Stadtteil Kreuzfeld mit einbezogen. Die städtischen Planer haben den Vorschlag, hier einen attraktiven Bildungscampus aufzubauen, übernommen. Zwei Grundschulen und eine Gesamtschule sind aufgelistet. Mit dem „Bildungscampus Köln-Nord“ verbindet sich zudem die Idee, ein innenstadtnahes Berufskolleg nach Kreuzfeld zu verlegen. Mit dem Umzug würde ein Standort frei, den man dann für eine weitere Gesamtschule oder ein weiteres Gymnasium nutzen könnte.

Gesamtschule für Köln-Worringen?

Der Schulentwicklungsplan benennt auch den Standort Netzestraße/Swinestraße im Chorweiler Norden als Grundstück für eine neue Gesamtschule. Die Bezirksvertretung hatte vorgeschlagen, eine neue Gesamtschule für den Bezirk in Worringen zu bauen. Das hält die Verwaltung für möglich. Man tendiere aber eher zum Standort in Chorweiler. Möglicherweise sei es aber sinnvoll, sogar an beiden Standorten Gesamtschulen zu eröffnen. Umzüge in Weidenpesch

Ein Gesamtschulprojekt, das deutlich schneller realisiert werden kann als die eher fern liegenden Optionen im Norden, ist der Neubau an der Schmiedegasse in Weidenpesch. Derzeit würden mit den Gewerbebetrieben auf dem Areal Verhandlungen über deren Umsiedlung geführt. Geprüft wird, ob man der Schule einen vorgezogenen Start in einem Interimsquartier ermöglichen kann.

Für Nippes benennt der Entwicklungsplan zwei „Suchaufträge“: Sowohl eine neue Gesamtschule wie auch ein weiteres Gymnasium seien nötig. Doch bislang gibt es kein geeignetes Grundstück.

Debatte um Rondorfer Gymnasium wird zum Wahlkampfthema

Die Beschlusslage ist eigentlich klar, doch im beginnenden Kommunalwahlkampf wird die Entscheidung der Ratsmehrheit weiter für viel Zündstoff sorgen. SPD und Linke fordern, den Schwerpunkt beim Ausbau des Kölner Schulangebots auf die Gesamtschulen zu legen. Dem Ratsbündnis von CDU und Grünen werfen sie vor, die Gymnasien zu bevorzugen.

Da wird die Frage, welche Schule für ein gemischtes neues Wohngebiet wie Rondorf-Nordwest errichtet werden soll, zum Exempel für die Grundsatzdebatte.

Man werde die Debatte darüber, ob in Rondorf ein Gymnasium das richtige Angebot sein kann, noch einmal führen, kündigte der schulpolitische Sprecher der SPD, Franz Philippi, im Schulausschuss des Stadtrates an. SPD und Linke fordern eine Gesamtschule für Rondorf.

Gymnasium soll kommen

Auch die Bezirksvertretung hatte sich mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP dafür ausgesprochen. Die Parteifreunde der Grünen- und FDP-Bezirksvertreter im Rat sahen die Sache anders und stimmten zusammen mit der CDU für ein Gymnasium.

Das Ratsbündnis hat wenig Interesse an einer neuen Grundsatzdebatte. Wichtig sei, dass zügig gebaut werde – und zwar sowohl Gymnasien wie Gesamtschulen. Die Schulverwaltung sieht es ähnlich. „Wir wollen keine neue Schulformdebatte“, sagte der Schulentwicklungsplaner der Stadtverwaltung, Frank Pfeuffer, bei der Vorstellung des aktualisierten Schulentwicklungsplans im Rathaus.

„Wir brauchen beides, Gesamtschulen und Gymnasien, mit gleicher zeitlicher Perspektive.“ Durch die Rückkehr der Gymnasien zur längeren Schulzeit bis zum Abitur bestehe auch hier dringender Handlungsbedarf für viele neue Gymnasialplatze.

Zwei Grundschulen in Rondorf

Neben den neuen Grundschulen in der Marienburger Gaedestraße und am Sürther Feld, die beide 2022 starten sollen, werden gleich zwei Grundschulen im Rondorfer Neubaugebiet errichtet. Bislang war die Stadt davon ausgegangen, dass dort eine ausreicht.

Gleiches gilt für das Neubaugebiet Parkstadt-Süd zwischen Südstadt und Raderberg. Hier soll auch eine neue Gesamtschule entstehen, doch bislang gibt es immer noch keine Vereinbarung mit dem Land über das mögliche Baugrundstück der ehemaligen Dom-Brauerei. Das Land nutzt die Flächen weiterhin für seine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.

Die Vorschläge des Schulentwicklungsplans werden in den nächsten Wochen in den Bezirksvertretungen und im Stadtrat debattiert. Der Stadtrat soll in seiner Juni-Sitzung abschließend entscheiden.

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