Abo

Halle-Gedenken in KölnZivilpolizist soll Kleidung aus rechter Szene getragen haben

Lesezeit 2 Minuten
Modemarke_Thor_Stein_64648495

Die Modemarke Thor Steinar wird der rechtsextremen Szene zugeordnet.

Köln – Bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des rechtsextremistischen Attentats von Halle 2019 ist Teilnehmern am Donnerstagabend auf dem Bahnhofsvorplatz ein Mann aufgefallen, der Kleidung des Labels Thor Steinar trug – eine Modemarke, die vor allem in der rechten Szene beliebt ist. Als die Teilnehmer den Mann ansprachen und als „Nazi“ bezeichneten, zeigte er ihnen zu ihrer Überraschung einen Dienstausweis der Polizei Köln vor.

Am Freitag bestätigte Polizeipräsident Uwe Jacob, dass es sich bei dem 54 Jahre alten Mann um einen Personenschützer seiner Behörde handele. Jacob erklärte, er habe „keinerlei Verständnis“ für dessen Verhalten. Er habe den Beamten unmittelbar von seinen Aufgaben entbunden, er werde künftig einer anderen Tätigkeit nachgehen. Ein Polizeisprecher ergänzte, der 54-Jährige sei im Rahmen des Polizeieinsatzes vor Ort gewesen.

Erster Hinweis kam über Twitter

Einer der Redner der Gedenkfeier war Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln und stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Auch Michel Friedmann trat als Redner bei der Kundgebung auf, die das Rheinische antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus angemeldet hatte. Jacob teilte mit, er habe sich am Freitag in einem Telefonat „in aller Form“ bei Lehrer entschuldigt.

Mehrere Verfassungsschutzbehörden, auch die in NRW, ordnen Thor-Steinar-Kleidung der rechtsextremen Szene zu. In manchen Fußballstadien und im Landtag in Mecklenburg-Vorpommern etwa ist das Tragen dieser Marke explizit verboten. Die Polizei Köln war nach eigenen Angaben am Freitagmorgen gegen 6.30 Uhr beim Nachrichtendienst Twitter auf einen Hinweis zu dem Vorkommnis vor dem Bahnhof am Abend zuvor gestoßen. Jacob machte deutlich: „Ich werde nicht akzeptieren, dass meine Beschäftigten durch ihr Auftreten oder Verhalten Zweifel an der Verfassungstreue der Polizei Köln aufkommen lassen.“ Er habe die Abteilung Staatsschutz seiner Behörde damit beauftragt, den Sachverhalt „lückenlos“ aufzuklären. Die Personalverwaltung prüfe, ob der Personenschützer gegen disziplinarrechtliche Bestimmungen verstoßen habe.

Bei dem Anschlag in Halle an der Saale am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist vergeblich versucht, in eine Synagoge einzudringen, um dort versammelte Juden zu töten. Er erschoss eine Passantin und den Kunden eines Döner-Imbisses.

KStA abonnieren