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Haushaltsdebatte„Köln hat kein Einnahmeproblem, Köln hat ein Ausgabenproblem“

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Viele Seiten Papier prägen den Haushalt der Stadt Köln.

Köln – Generaldebatten zum Haushalt der Stadt sind immer auch die Stunde der Opposition. Sie nimmt die Etatberatungen gern zum Anlass, den regierenden Parteien, die die Geschicke der Stadt und ihrer Verwaltung lenken, Missstände und Versäumnisse anzulasten. Es hat etwas von Wahlkampf. Am Freitag lieferte sich die Politik im Finanzausschuss den ersten Schlagabtausch zum milliardenschweren Doppelhaushalt 2023/2024. Doch diesmal lief die Diskussion anderes als sonst.

Kämmerin Dörte Diemerts Haushaltsentwurf sieht 5,5 Milliarden Euro für 2023 und 5,8 Milliarden Euro für 2024 vor. Die Unsicherheiten wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine und nach wie vor der Corona-Pandemie schweben über allen Planungen. Und sie bestimmten auch die Debatte der Politik, die im Ausschuss ihre Änderungswünsche für den Etat (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete) einbrachten: Es herrschte viel Kon- und wenig Dissens. Zu ernst ist die Lage.

Lob für die Kämmerin

Kämmerin Diemert erfuhr parteiübergreifend viel Lob für ihren Entwurf, der weniger als erwartet spart, um „die Strukturen in der Stadt zu erhalten“, wie es Diemert dieser Tage sagte. Nach Auffassung der meisten Parteien sind das vor allem Sozialstrukturen. „Sie sind unser sozialpolitisches Bollwerk“, formulierte es Sandra Schneeloch (Grüne). Das Ratsbündnis hat deshalb einen Hilfsfonds für freie Träger von sozialen Einrichtungen in Höhe von fünf Millionen Euro pro Jahr zur Kompensation der gestiegenen Energiepreise beschlossen, der im Haushalt nun voraussichtlich verankert wird. SPD und Linke hatten dieselbe Idee, jedoch wollten sie nicht nur noch einige Millionen Euro mehr, sondern auch einen Fonds für Bürgerinnen und Bürger. Das lehnte das Ratsbündnis mit seiner Stimmenmehrheit ab, da vor allem die Hilfen für Bürgerinnen und Bürger Aufgabe von Bund und Land seien. Die Ratstroika hatte noch eine Reihe weiterer Nachbesserungen in eigentlich jedem Verwaltungsressort, von Klimaschutz und Verkehr, über Kinder, Jugend und Sport, Integration bis hin zu Digitalisierung, Wirtschaft, Sauberkeit und Sicherheit. „Wir liegen gar nicht so weit auseinander“, sagte Schneeloch in Richtung von SPD und Linke.

Der Haushaltsentwurf sei der Krisensituation angemessen, befand CDU-Chef Bernd Petelkau. „Es ist kein Sparhaushalt, der die Weiterentwicklung unserer Stadt bremst.“ Petelkau appellierte auch an Bund und Land, die die Gemeinden mehr unterstützen müssten. Sollte etwa Wohngeld in großem Umfang bereitgestellt werden, dürfe das nicht allein den Kommunen aufgebürdet werden, sagte er.

„Nicht nur die Gegenwart verwalten“

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Christian Joisten ist der Etat-Entwurf in Ordnung, aber „zu unambitioniert“, weil er zu wenig Hilfen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Einrichtungen und Vereine biete. Man dürfe „nicht nur die Gegenwart verwalten“. Zudem solle überlegt werden, welches Großbauprojekt verschoben werden könne. Der Verzicht auf das geplante Zentraldepot der Museen etwa könne zehn Millionen Euro sparen, die der Kulturförderung zugutekommen könnten. Warum das Ratsbündnis die Bettensteuer für Übernachtungen nicht auch von Geschäftsreisenden erheben möchte, sondern weiterhin nur von privaten Gästen, sei ihm „schleierhaft“. „Mit der Bettensteuer kommt kein einziger Geschäftsreisender weniger in die Stadt“, sagte Joisten.

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Die Bettensteuer ausweiten, das ist auch eine der Forderungen der Linken. Angesichts der Krisensituation müsse der Fokus auf dem Erhalt sozialer Strukturen liegen, „sonst drohen soziale Spannungen“, mahnte Fraktionschefin Güldane Tokyürek. Änderungen des Ratsbündnisses hätten sie „irritiert“, sie seien „sehr bescheiden, und es gibt keinen roten Faden“.

Ulrich Breite (FDP) sprach von „Horrorzahlen“ im Haushaltsentwurf. Er monierte das hohe Haushaltsdefizit und die stark steigende Verschuldung der Stadt in den kommenden fünf Jahren von rund zwei auf sieben Milliarden Euro. „Köln hat kein Einnahmenproblem, Köln hat ein Ausgabenproblem“, resümierte Breite.

Schließlich stimmte das Ratsbündnis dem Haushaltsentwurf zu, SPD, Linke und FDP lehnten ihn ab.  Die Ergänzungen von Grünen, CDU und Volt wurden mit Stimmen der FDP ebenfalls beschlossen. Der Rat wird am 10. November final über den Etat entscheiden, es gilt als sicher, dass er dort mit den nun beschlossenen Ergänzungen verabschiedet wird. Die Anregungen von SPD und Linken lehnte der Finanzausschuss mehrheitlich ab. 

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