Nachdem Kölner tödlich verunglückteTempo 30 unter der Brücke am Heinrich-Lübke-Ufer

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Die Sicht ist unter der Brücke für Auto- und Radfahrer durch die Beton- und Werbesäule eingeschränkt.

Rodenkirchen – Nach dem jüngsten schweren Verkehrsunfall am Heinrich-Lübke-Ufer unter der Rodenkirchener Autobahnbrücke hat die Unfallkommission in dem Bereich jetzt Tempo 30 angeordnet. Sabine Bongenberg, die Leiterin der städtischen Unfallkommission, teilte auf Anfrage dieser Zeitung mit, dass entsprechende Schilder im aufgestellt werden sollen. Etwa 200 Meter vor und nach der Mittelinsel soll das herabgesetzte Tempo gelten. Außerdem sollen dort für beide Fahrtrichtungen jeweils die Warnschilder „Achtung Radfahrer“ installiert werden. Das erste Schild stand schon am Mittwoch.

Bei dem Unfall Mitte Juli prallten ein Auto- und ein Pedelec-Fahrer aufeinander.

Der 57-jährige E-Bike-Fahrer, der die Rheinuferstraße über die Mittelinsel unter der Brücke queren wollte, kam noch am Unfallort ums Leben. Viele Menschen haben an der Stelle Blumen abgelegt und Kerzen aufgestellt – für Yves.

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Auto- und Radfahrer, der ADFC (Allgemeine Deutsche Fahrradclub) und die örtliche Politik kritisieren übereinstimmend die Unübersichtlichkeit der Rheinuferstraße, die noch dazu genau in diesem Bereich einen seltsamen Schlenker macht.

Problematisch sind zudem vor allem die Lichtverhältnisse. Verkehrsteilnehmer werden durch den plötzlichen Wechsel von Sonne und Schatten in ihrer Sicht beeinträchtigt, in der Nacht ist es trotz einer Straßenlaterne dunkel. In der Vergangenheit wurde bereits mehrfach das blaue Verkehrszeichen auf der Mittelinsel umgefahren.

Besonders brenzlig wird es, wenn Personen mit dem normalen Rad oder dem Elektrofahrrad oftmals mit hoher Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometer pro Stunde von der Autobahnrampe abfahren und am liebsten ohne abzusteigen über die Fahrbahn hinweg fahren wollen, um auf den gegenüber liegenden Radweg am Rheinufer zu gelangen.

Auf der Straße ist bislang Tempo 50 erlaubt – Rad- und Autofahrer können sich wegen der hohen Geschwindigkeiten oft erst spät, und manchmal eben zu spät – gegenseitig erkennen. Zudem stehen ein Betonpfosten und eine Litfass-Säule am Straßenrand. Dadurch würde die Sicht zusätzlich eingeschränkt, heißt es. „Radfahrer sehen zwei Sekunden lang kein Auto, und Autofahrer die Radfahrer nicht“, klagte ein Radler unmittelbar nach der schlimmen Kollision. Sofort nach dem Unfall hatte die FDP-Fraktion der Bezirksvertretung Rodenkirchen die Unfallkommission schriftlich gebeten, eine mögliche Beeinträchtigung der Sicht durch die Säule zu überprüfen.

Die Unfallkommission geht davon aus, dass eine Versetzung der Litfass-Säule die Sicherheit erhöhen könnte. Laut Sabine Bongenberg wurde dies auch beantragt. Doch sei ein direkter Zusammenhang zwischen Säule und Unfall nicht belegt. Ein solcher Nachweis sei aber notwendig für eine Veränderung des Standortes seitens der Bauverwaltung. Für den aktuellen Standort der Säule gibt es eine gültige Baugenehmigung.

Eine mögliche zusätzliche Beleuchtung unterhalb der Autobahnbrücke hält die Leiterin der Unfallkommission für wenig sinnvoll. Auch eine weitere Laterne könne den Brückenbereich nicht ausleuchten, betont sie. Von einem möglichen Zebrastreifen erwartet sie ebenfalls keine Verbesserungen. „Er sichert lediglich die Fußgänger ab“, sagt Sabine Bongenberg. Radfahrer seien dadurch eher gefährdet.

Sie dürften zwar den Zebrastreifen nutzen, hätten aber keinen Vorrang gegenüber den Autofahrern – außer wenn sie absteigen und das Rad schieben. „Das ist aber eher unwahrscheinlich“, glaubt die Leiterin der Unfallkommission.

„Bei der jetzigen Verkehrsregelung muss der Radfahrer die Vorfahrt des Pkw beachten“, erklärt sie. Fest steht, dass es mehr und mehr Unfälle mit E-Bikes gibt: Seit 2015 gab es Jahr für Jahr etwa 30 Prozent mehr Pedelec-Unfälle. 2017 verunglückten mehr als 5100 Pedelec-Nutzer, fast 150 tödlich.

Bislang unauffällig

Neben der aktuell kritisierten Litfass-Säule unterhalb der Rodenkirchener Autobahnbrücke am Heinrich-Lübke-Ufer gibt es auch Vorbehalte gegen eine weitere, nahe gelegene Werbesäule. Sie befindet sich am Rand des Radwegs auf Höhe des P+R-Platzes und schränkt nach Ansicht der Bezirksvertretung Rodenkirchen die Sicht der Radfahrer ein. Mit einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen wurde die Verwaltung in der Julisitzung einstimmig aufgefordert, die Säule vom Radweg auf eine kleine Grünfläche ein paar Meter weiter nördlich in die Nähe der Bushaltestelle versetzen zu lassen.

Manfred Giesen von den Grünen wies darauf hin, dass die Betreiberfirma Ströer AG damit im Grunde einverstanden sei. Aus „bauordnungsrechtlichen Gründen“ hat allerdings die Verwaltung bislang noch nicht entsprechend reagiert. Die Verfahren zur Versetzung oder Entfernung von beanstandeten Werbeanlagen seien noch nicht abgeschlossen, heißt es. Eine Auflistung mit Veränderungen soll den Ratsausschüssen und den Bezirksvertretungen nach der Sommerpause vorgelegt werden.

Die kritische Straßenquerung unterhalb der Rodenkirchener Autobahnbrücke gilt bislang als unauffällig. Seit dem Jahr 2010 haben sich laut Unfallstatistik dort lediglich fünf Unfälle ereignet, an denen Fußgänger und Radfahrer beteiligt waren und leicht verletzt wurden. Augenzeugen berichten allerdings von häufigen gefährlichen Situationen unterhalb der Brücke, vor allem für Radfahrer. (süs)

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