Hilfe für FrühchenKölnerin will deutschlandweit Muttermilchbanken aufbauen

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Frühchen Symbolbild

Vor allem für besonders frühgeborene Babys ist Muttermilch die beste Nahrung.

Köln – Muttermilch ist die beste Nahrung für Neugeborene, da ist sich die Wissenschaft einig. Das gilt für Frühgeborene im Besonderen. „Vor allem sehr kleine Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 Gramm sind sehr sensibel im Hinblick auf die Ernährung“, sagt die Wissenschaftlerin Nadine Scholten von der Uniklinik Köln. Solche Frühchen hätten zum Beispiel ein größeres Risiko, an einer Darmentzündung zu erkranken, wenn sie mit künstlicher Säuglingsnahrung gefüttert würden.

Nadine Scholten ist stellvertretende Leiterin des Instituts für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft an der Kölner Universität. Sie leitet das Forschungsprojekt „Neo-Milk“. Hauptziel dieses Projekt ist es, Frühgeborene möglichst mit Muttermilch zu versorgen. Aber nicht immer ist die Mutter in der Lage, ihr Kind zu stillen – aus ganz unterschiedlichen Gründen, wie Scholten erklärt. Manche Mütter leiden an einer schweren Grunderkrankung wie Krebs und müssen sich einer Chemotherapie unterziehen. Oder sie haben eine Virusinfektion, müssen Medikamente nehmen oder „haben nicht ausreichend Milch. Manchmal dauert es einige Zeit, bis der Milchfluss in Gang kommt.“ Dann könne Spenderinnenmilch von einer anderen Mutter die Lösung sein, häufig auch nur einige Zeit zur Überbrückung.

Mütter spenden Milch für andere Frühchen

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Ein Frühchen

Ein Ziel dieses Projektes ist der deutschlandweite Aufbau sogenannter Spenderinnenmilchbanken. Dort soll gespendete Muttermilch gesammelt und an die Frühgeborenen gefüttert werden, die sonst mit künstlicher Säuglingsnahrung ernährt werden müssten. Bei den Spenderinnen handelt es sich Scholten zufolge um andere Frühchen-Mütter, deren Babys ebenfalls in der Klinik liegen, und die mehr Milch haben, als ihr eigenes Kind trinken kann. „Frühgeborene brauchen am Anfang nur sehr wenig Milch. Bei einem Geburtsgewicht von 1000 Gramm benötigt es am ersten Tag nur 15 Milliliter, etwa einen Esslöffel Milch. Das steigert sich auf gut 200 Milliliter pro Tag nach zwei Wochen“, sagt Scholten. Von Kliniken, die bereits Spenderinnenmilch einsetzen, weiß die Wissenschaftlerin, dass die Bereitschaft der Mütter groß ist, überschüssige Milch zu spenden. „Natürlich werden die Spenderinnen genau überprüft und kontrolliert, ähnlich wie bei einer Blutspende.“

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Nadine Scholten

Auf der Internetseite des Forschungsprojekts teilen Mütter von Frühgeborenen ihre Erfahrungen: Eine Mutter berichtet, wie ihr Kind in der 26. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt zur Welt kam: „Meine Tochter hatte ein schwere Hirnblutung und die Oberärztin sagte mir, dass Muttermilch jetzt das einzige wäre, was ihr helfen könnte. Da hab ich mir selbst riesig Druck gemacht und stand mir und meiner Milch damit selbst im Weg. Ich hatte zwar irgendwann Milch, aber sie reichte nicht aus - wir bekamen Spendermilch. Ungefähr fünf Tage! Danach hatte ich ausreichend Milch. Nach 13 Wochen wurde meine Tochter nach Hause entlassen (…) Ich hatte so viel Milch im Gefrierschrank, dass ich nicht alles mitnehmen konnte - und bin tatsächlich selbst zur Spenderin geworden. Das war ein tolles Gefühl.“

Häufig fehlen Stillberaterinnen in den Kliniken

Neben dem Aufbau der Muttermilchbank sei auch die Entwicklung eines Stillförderkonzeptes wesentlicher Bestandteil des Projekts „Neo-Milk“. „Bei besonders frühgeborenen Babys ist die Versorgung mit Muttermilch teilweise noch verbesserungswürdig“, sagt Scholten. Das Problem: Sie könnten noch nicht ausreichend saugen und daher nicht direkt an der Brust ihrer Mutter trinken. Daher würden sie über eine Magensonde ernährt. „Umso wichtiger ist es, wenn die Mutter so früh wie möglich mit dem Abpumpen ihrer Milch beginnt, um den Milchfluss in Gang zu bringen und aufrecht zu erhalten.“ Das komme in manchen Kliniken zu kurz, die Mütter hätten häufig keine Unterstützung von extra ausgebildeten Stillberaterinnen. „Dazu kommen die Sorgen um das zu früh geborene Kind. Die hemmen die Milchbildung.“

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Insgesamt zwölf Kliniken beteiligen sich deutschlandweit an dem öffentlich geförderten Projekt, die Kölner Uniklinik ist eine davon. Sie werden vom „Neo-Milk“-Team mit vielen Informationen rund ums Thema Stillen, Abpumpen, Muttermilch und deren Aufbewahrung ausgestattet sowie dem Equipment für eine Spenderinnenmilchbank.

neo-milk.uni-koeln.de

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