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Hilferuf von Kölner Klinik-Personal„Wir haben Riesenangst vor dem, was kommt“

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Pflegerin Corona Intensivstation

Die Lage auf den Intensivstationen spitzt sich zu.

Köln – Es ist ein Hilferuf, mit dem Angestellte der Kölner Uniklinik die Notlage in den Krankenhäusern beschreiben. „Wir pflegen am Limit“, heißt es in einer Stellungnahme, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Wir stehen kurz vor dem Überlaufen“, heißt es. Noch habe jeder Patient einen Bettplatz, „aber wir sind sehr bemüht, Patienten zu verlegen. Es ist noch nicht so, dass Menschen auf dem Boden liegen. Wir haben Riesenangst vor dem, was kommt.“

Verfasst wurde das Papier von drei Pflegerinnen und einer Ärztin, die auf unterschiedlichen Stationen der Uniklinik arbeiten. Ihre Ausführungen richten sich an die NRW-Landesregierung.

Pflegekräfte kommen krank zur Arbeit

Um die Arbeit auf den Intensivstationen aufrecht zu erhalten, kämen Pflegekräfte derzeit auch krank zur Arbeit. „Wir wollen die Patienten nicht im Stich lassen, das verbietet uns unser Berufsverständnis“, sagt die Pflegerin.

Die Pandemie habe den Arbeitsalltag der Belegschaft enorm verändert, „wir kennen nur noch das Leben in der Klinik.“ Die tagtägliche Konfrontation mit dem Tod sei normal, „das gehört dazu“. Doch es fehle ein Ausgleich, es müsse immer weitergehen. „Hier ein Notfall, da ein weinender Angehöriger am Telefon, ein verzweifelter Arzt, der versucht, alles auf seiner To-do-Liste abzuarbeiten. Ein Patient verstirbt, aber wir haben nicht viel Zeit, um zu trauern und das zu verarbeiten“, so die Mitarbeiterinnen.

Bereits seit einiger Zeit berichten die Verantwortlichen der Kölner Krankenhäuser über kritische Situationen – vor allem auf den Intensivstationen, auf denen so viele Covid-Patienten liegen wie nie zuvor. Doch nicht bei allen komme die Ernsthaftigkeit der Lage an. „Jeden Tag sehen wir all das Leid, kommen nach Hause und sehen in den Nachrichten »Querdenkerdemos« und das Gejammere von Menschen, die sich ihrer Grundrechte beraubt fühlen. Es ist demütigend“, heißt es.

Die Gesundheit als das höchste Gut

Natürlich würden auch sie gerne einmal wieder ins Kino oder Restaurant gehen, ein Konzert besuchen oder Freunde und Familie treffen. „Doch bei jeder Aufnahme, die momentan reinkommt, merken wir, dass das höchste Gut einfach die Gesundheit ist.“

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Die Autorinnen sehen sich gezwungen, einen Appell an die Öffentlichkeit zu richten und auf ihre Situation aufmerksam zu machen. „Wenn wir uns jetzt nicht wehren, kräht nach der Pandemie kein Hahn mehr nach uns.“ Denn: „Es wird der Tag kommen, an dem dieses marode Konstrukt von Gesundheitssystem zusammenbrechen wird, aber das werden wir vermutlich nicht mehr erleben. Bis dahin wird die Pflege weiterhin wie eine Martinsgans ausgenommen.“

Schwierigste medizinische Krise seit einem Jahrhundert

„Ich habe größtes Verständnis für die Aussagen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte Prof. Edgar Schömig, Vorstandsvorsitzender der Klinik, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Seit über einem Jahr müssen sie in einer nie dagewesenen Ausnahmesituation arbeiten.“

Aktuell spitze sich die schwierigste medizinische Krise seit einem Jahrhundert in Deutschland erneut rasant zu. „Die Hauptlast tragen dabei die erkrankten Patienten, die mit dem Tod ringen, aber natürlich auch die Menschen, die diese Patienten versorgen – Tag und Nacht, ohne die geringste Chance auf einen adäquaten Ausgleich im privaten Leben“, so Schömig.

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