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Hinter jedem Türchen ein PromiVon diesen Gemälden träumt der Kolumba-Direktor

Lesezeit 42 Minuten
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  • „Ich hab' geträumt...“ – In unserem Adventskalender erzählen jeden Tag prominente Persönlichkeiten von ihren Träumen für das neue Jahr.
  • Hinter dem heutigen Türchen: Museumsdirektor Stefan Kraus

Köln – Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schwer es damals war, mit dem Fahrrad aus Köln herauszukommen? Überall endeten die neu eingerichteten Radwege im Nirwana, brachen halb fertig ab, und dann stand man unvermittelt zwischen ratlosen Fußgängern oder immer protzigeren SUVs.

Wir waren nach diesem außergewöhnlichen Jahr alle ein bisschen fertig, hatten auf die Sommerferien im Süden verzichten müssen und sehnten uns hinaus in die Natur. Im Übrigen hatten wir uns kaum sehen können, waren jede(r) für sich in die eigenen Sachen verstrickt und darauf bedacht, die wechselnden Vorschriften zu beachten.

Der Vorschlag, mal gemeinsam raus in die Landschaft zu radeln, kam da gerade richtig. Es war eine Idee von Peter-Paul, den ich hin und wieder besuche. Der hatte nach dem ersten Lockdown seine Freunde aus Mantua zu Gast und wollte ihnen die Umgebung zeigen. Ich glaube aber, er wollte auch mit unserer Gesellschaft ein bisschen angeben – ganz schön eitel, der Knabe. Ich sehe ihn vor mir, wie er mir – als wir noch auf die anderen warteten – aus seiner Gruppe heraus zuzwinkert. Sein offener Blick und seine Vitalität waren bewundernswert. Später hat er doch tatsächlich die vier Mädchen auf der Brücke angesprochen und sie eingeladen mitzukommen. Dabei war doch völlig klar, dass die unter sich bleiben wollten. Drei von denen haben sich ja nicht mal umgeblickt, schauten still in den träge fließenden Wasserspiegel und ließen ihre Gedanken treiben, als wir vorbeikamen.

Alles zum Thema Henriette Reker

In der Umgebung von Köln wurde es schnell ländlich, und ich war erstaunt, wie altmodisch mir hier manches erschien. An einem Gehöft waren einige Frauen damit beschäftigt, weiße Laken auf dem Rasen zu bleichen. Irgendwie seltsam, dachte ich, denn unmittelbar daneben pickten Hühner im Gras, und ich frage mich bis heute, ob das wohl gutgegangen ist. Erstaunlich und auch erschreckend was einem alles durch den Kopf geht, wenn das Kino darin erstmal aufgemacht hat. Waren die großen Laken die Leichentücher der vielen Toten, die wir täglich zu beklagen hatten? Ich musste auch an die Gleueler Wiese denken und an die Schafherde, die dort weidete. Unvorstellbar, dass der Verein hier Kunstrasen verlegen will.

Zum Bleichen war es ohnehin nicht das richtige Wetter. Aber ich mag das rheinische Licht, wenn es graue Wolken hat und die Farben besser zur Geltung kommen. Der Ausblick auf Stotzheim war in seiner tristen Schlichtheit einfach hinreißend. Jemand meinte zwar, es sei ein Dorf bei Pontoise, aber wie sollten wir es so schnell dorthin geschafft haben? Ein gebückter Alter mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schelmischen Lachen bot sich an, uns den Weg zu weisen. Seine umständliche Wegbeschreibung half uns aber kein Stück weiter. Er wollte uns wohl nur hinters Licht führen.

Am Mittag klarte der Himmel auf. Die ockerfarbenen Häuser standen jetzt versetzt wie einzelne Pulte in der fast architektonisch geordneten Landschaft. Wir hatten mit den Rädern die ersten Anhöhen erreicht und ließen uns im Schatten einiger Bäume nieder. Marie-Hortense hatte aus ihrem Garten diese köstlichen, festen Birnen mitgebracht und sie auf einem Teller neben das weiße Tuch geschoben, das wie zufällig drapiert auf dem Klapptisch lag, den wir dabeihatten. Wir aßen unsere Brote und dösten vor uns hin. Die Eindrücke überlagerten sich ständig, und ich weiß nicht, warum ich an ein Bündel Spargel denken musste, denn die Zeit dafür war doch längst vorbei. Aber die Farben waren derart gut getroffen, die violettgrauen Köpfchen der stumpfen, weißgelblichen Stangen ...

Die Gemälde

Die Gemälde in der Reihenfolge ihrer Nennung: Peter Paul Rubens, Selbstbildnis im Kreis der Mantuaner Freunde, 1602 | Edvard Munch, Vier Mädchen auf der Brücke, 1905 | Max Liebermann, Die Rasenbleiche, 1882 | Camille Pissarro, L’Hermitage in der Nähe von Pontoise, 1867 | Rembrandt, Selbstbildnis, um 1668 | Paul Cézanne, Landschaft im Westen von Aix-en-Provence, 1885/88 | Paul Cézanne, Stillleben mit Birnen, 1895 | Eduard Manet, Spargel-Stillleben, 1880 | Auguste Renoir, Ein Paar im Grünen, um 1868 | Carl Rottmann, Cefalù, 1839 | Gerrit van Honthorst, Anbetung der Hirten, 1622 | Meister der Verherrlichung Mariens, Anna Selbdritt und die heiligen Christophorus, Gereon und Petrus, um 1475 | Stefan Lochner, Die Muttergottes in der Rosenlaube, um 1440–42. Alle im Wallraf-Richartz-Museum, Köln.

Dann stieß Alfred zu uns. Er kam wie immer Arm in Arm mit einer Frau, die er uns aber nicht vorstellen wollte. Ich weiß bis heute nicht, wer das war. Sie waren sehr innig miteinander, aber es war nicht unangenehm, die Nähe der Liebenden zu teilen. Ihr müsst Euch vorstellen, dass wir uns damals nicht einmal umarmen durften, ohne eine Ansteckung zu befürchten. Für eine Landpartie waren die beiden ganz schön aufgebrezelt. Alfred hatte sogar hier im Grünen seine albernen weißen Handschuhe anbehalten, aber ihr changierender Rock mit den gold-roten Streifen sah einfach hinreißend aus. (Tage später erfuhr ich, dass sie beim Picknick das Ohrgehänge verloren hat, das unter ihren Locken immer wieder aufgeblitzt war.)

Am späten Nachmittag haben wir es dann doch noch zum Strand geschafft. Wir kamen nach Cefalù, dessen weite Bucht damals noch völlig unbebaut war. Ich fand es wirklich erstaunlich, dass wir es mit den Rädern bis nach Sizilien geschafft hatten und wollte mir nicht einreden lassen, dass wir stattdessen am Otto-Maigler-See lagen. Denn nach den langen Monaten war es wohltuend, wieder unbeschwert auf das Mittelmeer schauen zu können und die flachen Wellen schlagen zu hören. Während die anderen sich bei Rotwein und Antipasti über die verfahrene Kölner Kulturpolitik zerstritten, wollte ich dem Gespräch nicht mehr folgen und schloss die Augen, weil mich die tief stehende Sonne blendete. Dann bin ich eingeschlafen.

Im Traum hatte ich eine Vision: Zunächst sah ich nur ein Licht. Doch das Licht selbst war ein neugeborenes Kind, das seine Mutter anstrahlte. Der Mann neben ihr war viel älter als sie, aber wohl der Vater. Weshalb standen im Dunkel der Nacht die drei Hirten davor, die auf der Gleueler Wiese ihre Schafe gehütet hatten. Oder kannte ich sie von Gerrits theatralischen Atelierfesten? Eine Geburt ist immer das größte Ereignis, dachte ich, denn solange Kinder geboren werden, besteht Hoffnung. Sie werden unangenehme Fragen an uns haben, und sie werden die Welt verändern.

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Dann entfaltete sich im gleißenden Licht das Panorama einer Stadt. Die Kölner Stadtpatrone – Christopherus, Gereon und Petrus – standen davor sowie Maria und ihre Mutter Anna, die das zappelige Kind hielten. Inmitten der Stadt sah man den Rathausturm, der sich als Stolz der freien Bürger zwischen dem Häusermeer und den zahlreichen Kirchen behauptete. Die Stadtmauer, die vielen Schiffe und die Menschen am Rheinufer ließen auf Handel und Wohlstand schließen. Es hatte etwas ungemein Tröstliches, sich von den Heiligen gegenüber allen Krankheiten und anderen Gefahren beschützt zu sehen und daran glauben zu können. Doch meine Vision veränderte sich erneut zu einer viel zu süßen aber paradiesischen Erscheinung: Ich sah in einem Bild das Kind mit der Muttergottes in einer Rosenlaube sitzen. Um sie herum spielten Engel mit Puppengesichtern auf Musikinstrumenten. Ich betrachtete das Bild aber nicht, sondern ich übermalte es und wollte gerade dazu ansetzen, es unter den Sphärenklängen mit meinen Vornamen zu bezeichnen, als ich von einer freundlichen Stimme angesprochen wurde: „Entschuldigen Sie, aber wir schließen gleich...“

Wenig später stand ich im trüben Dunkel eines nasskalten Dezemberabends vorm Wallraf und blickte auf die Baustelle der Miqua. Köln war nur ein Schatten der Stadt, von der ich geträumt hatte. Ihr war die Vision abhandengekommen, dass sie mehr sein könnte, denn nur wenig kam in den letzten Jahren zu einem guten Ende. Hatten wir die Heiligen oder hatten die Heiligen uns verlassen? Seit dem Einsturz des Stadtarchivs stolperte man über begonnene Baustellen, sah es nach Veränderung aus, ohne dass man an manchen Großprojekten über Jahre einen Fortschritt oder Plan erkennen konnte. Und zwischen all dem neugebauten Mittelmaß der Rasterfassaden und Hotelketten hatte selbst eines der schönsten Häuser seine Macken und ließ das Regenwasser durch dicke Backsteinmauern treten.

Ernüchtert musste ich feststellen, dass ich meinen Ausflug mit den Freundinnen und Freunden und auch den Traum der sich selbst bewussten Stadt nur geträumt hatte. Ich habe geträumt, dass die Museen unter den Umständen der andauernden Pandemie wieder geöffnet hätten, damit man den Ernst der Lage für eine Weile vergessen und seiner Fantasie folgen und träumen konnte – umweltfreundlich Reisen, ohne sich fortzubewegen. Ich habe geträumt, das Kind zu sehen.

23. Türchen: Susanne Beuth träumt von Christvesper ohne Corona

In einer Adventsnacht wache ich aus einem Albtraum auf: Verzweifelt durchsuche ich Taschen und Schubladen nach dem Manuskript fürs Krippenspiel. Wo ist es nur? In der Kirche warten zwanzig Kinder erwartungsvoll auf die erste Krippenspielprobe – ich müsste eigentlich auch schon da sein. Aber ich finde einfach das Drehbuch nicht. So peinlich. Zum Glück wache ich auf. Nur ein Traum. Mir bleibt die Peinlichkeit des Zuspätkommens und das Geständnis meiner geträumten Unordnung erspart.

Kein Krippenspiel, keine Proben, kein Staunen

Leider gibt es in diesem Jahr überhaupt kein Krippenspiel live mit zwanzig aufgeregten Kindern von sechs bis zwölf Jahren, die während der Proben zu einer Gruppe zusammenwachsen. Keine Mädchen, die sich ihre selbst gestalteten Kostüme als Engel oder Hirten kichernd und zugleich stolz vorführen. Kein Staunen über einen schüchternen Jungen, der in seiner Rolle unerwartet über sich hinauswächst. Keine Generalprobe Heiligabend am Vormittag, so dass das lange Warten auf die Geschenke leichter zu ertragen ist. Keine volle Kirche, in der Maria und Josef improvisieren müssen, weil unerwartet ein Kinderwagen den Weg nach Bethlehem versperrt. Nicht den Stolz und die Erleichterung, wenn in der Christvesper mit Krippenspiel die Gemeinde den Kindern applaudiert.

Ich träume davon, dass all das 2021 wieder möglich sein wird. Das Krippenspiel ist ja nur ein winziges Beispiel für all das, worauf Kinder und Jugendliche an normalen Entwicklungsmöglichkeiten auch noch im kommenden Jahr wegen der Corona-Pandemie zeitweise verzichten müssen. Unbeschwert und fröhlich mit anderen zusammen zu kommen. In der Schule, beim Sport, im Jugendzentrum, auf Freizeiten Talente entfalten und sich einbringen. Mal schnell bei Oma und Opa oder der Nachbarin, die immer Kekse bereit hat und sich über einen Besuch freut, vorbeischauen, wenn zuhause dicke Luft ist.

Zugleich bin ich sehr beeindruckt, wie Kinder und Jugendliche sich an die Situation anpassen: Regeln akzeptieren, die Leben schützen, Kreativität entfalten, um anderen Gutes zu tun, Ideen umsetzen, Neues ausprobieren. Manche sind daran sehr gewachsen. Andere brauchen genau jetzt die besondere Aufmerksamkeit der Erwachsenen, weil Ängste und Probleme sie überfordern.

Die Hoffnung, dass in einem Jahr alles besser sein wird, ist für Erwachsene eine tragfähige Perspektive. Für Kinder ist ein Jahr eine Ewigkeit. Ich träume davon, dass sie alle gut durch diese Zeit kommen. Dass sie später ihren Kindern und Enkeln vom Corona-Jahr erzählen als einem Abenteuer in der echten Welt, das sie mit dann möglicherweise vergessenen Technologien wie Briefen und Smartphone, vor allem aber dank Solidarität und Nächstenliebe überstanden haben.  

Susanne Beuth

22. Türchen: Tommy Engel träumt von einem Flug über die Stadt

Dieses Lied gehört inzwischen seit Jahren fest zu meinem Konzertprogramm. Darin heißt es: „Ich ben keine Engel/ ich heiße nur su./ Un dä Himmel hängk für mich/ och vill ze huh Dat met däm fleje/ klapp och nit esu./ Un selvs wenn ich wöllt/ ich köm janit huh.“ Aber in meinem Traum schaffe ich das locker. Da fliege ich als Weihnachtsengel hoch über Köln hinweg. Man sieht nicht allzu viel, nur Dächer. Wenn man von der Stadt etwas mitbekommen will, muss man auch als Engel herunterkommen – zu den Menschen. Statt zu fliegen, spaziere ich dann doch lieber durch das Vringsveedel oder fahre mal auf der Harley, mal auf der Vespa oder auch mal in meinem kleinen roten MG-Cabrio durch die Stadt. Denn mittendrin statt hoch darüber kann man viel mehr von Köln miterleben. Und genauer hinsehen, wie sich die Stadt verändert.

Beispielsweise der Rudolfplatz. Als dort noch die Baulücke war, konnte man träumen und durchaus Visionen haben, wie dieser schöne große Platz für die Bürger gestaltet werden könnte – als Grünzone und Parklandschaft zum Verweilen. Damit die Menschen auch in der City mal Luft kriegen. Doch der Traum ist längst geplatzt, seit dort die Rohbauten für weitere Bürokomplexe emporwachsen. Wir kleistern die Stadt zu mit Bürogebäuden, in denen keiner wohnt und wo abends und an Wochenenden nur noch tote Hose ist. Wer braucht diese Büros eigentlich noch in Zeiten in denen immer mehr auf Homeoffice gesetzt wird? Was sind die Neubauten wert, wenn da keiner arbeitet? Da hätte man doch gleich darauf verzichten können und die Baulücken anders und schöner gestalten. Dass der Rudolfplatz oder der besonders hässliche Barbarossaplatz früher mal städtebauliche Schmuckstücke waren, habe ich auf der wunderschönen DVD von Hermann Rheindorf nachgesehen: „Das alte Köln in Farbe“.

Für mich selbst, meine Band und die Crew sowie alle anderen Musikerkollegen träume ich auch von ausverkauften Konzerten vor richtigem Publikum – nicht vor Autos oder so. Bis dahin habe ich wohl diese Zeit, in der so gut wie nichts läuft, für das Schreiben neuer Songs genutzt. Und dann sehen wir uns wieder spätestens bei der Neuauflage des „Weihnachtsengel“ in der Adventszeit 2021 am Butzweilerhof. Wir wissen nicht, ob wir bis dahin zur Normalität zurückgekehrt sind, aber wir glauben fest daran. Und mit uns unser Publikum. Denn kaum einer hat sich seine Eintrittskarte zurückzahlen lassen. Fast alle wollen wiederkommen. Und für dieses Vertrauen bin ich sehr, sehr dankbar.

Aufgezeichnet von Norbert Ramme

21. Türchen: Oberbürgermeisterin Reker träumt vom Reisen

Ich habe geträumt, dass Corona Vergangenheit ist, dass wir die Pandemie erfolgreich überwunden haben. Und in unser internationales Leben zurückkehren, dass wir die Kontakte zu unseren Partnerstädten in der ganzen Welt wieder pflegen. Ich habe geträumt, dass ich zum Beispiel nach Istanbul fliege und Ekrem Imamoglu, den 2019 neu gewählten Oberbürgermeister, auch persönlich kennenlerne. Wir würden dann zusammen die Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen dieser tollen Städtepartnerschaft mit Istanbul vorbereiten.

Ich habe, und das ist nicht geträumt, auch schon eine Einladung nach Peking zum chinesischen Neujahrsfest. Das wäre allerdings schon am 12. Februar, da werde ich sicher noch nicht verreisen. Selbst wenn mein Kollege dort meint, das sei der sicherste Platz der Welt.

Ich habe auch geträumt, dass ich wieder nach Rio de Janeiro reise, in unsere jüngste Partnerstadt – auch hier gibt es ein Jubiläum zu feiern, die Partnerschaft besteht 2021 nämlich seit zehn Jahren. Einen Besuch wert sind aber alle 22 Partnerstädte immer wieder, stehen sie doch für nicht weniger als für den gelebten Willen zur Völkerverständigung.

Aufgezeichnet von Christian Hümmeler

20. Türchen: Künstlerin Heike Haupt über das Glück, das Heinzel bringt

Die Heinzelmännchen sind zurück in Köln. In meinen Träumen sind die kleinen Wichte zu Hunderten in die Stadt zurückgekehrt, um den Menschen zu helfen und Freude zu bereiten. So ganz falsch ist das ja auch nicht, denn außer den 26 Bronzefiguren, die ich schon für den Heinz-Wanderweg geschaffen habe und die an verschieden Stellen der Stadt zu sehen sind, sind im Vorjahr noch mehr als 300 hinzugekommen, die zuerst den Festwagen von Zugleiter Holger Kirsch im Rosenmontagszug zierten und anschließend bei vielen Kölnern ein neues Zuhause fanden.

Ich träume von einem sonnigen Frühjahr. Wenn die Sonne die Lebensfreude hebt, all die Heinzel, die im Winter dunkel geworden sind, wieder zum Strahlen bringt und uns alle ein stückweit glücklicher macht. Da kann man dankbar sein, in dieser Stadt leben und arbeiten zu dürfen. Insgesamt empfinde ich die Menschen als solidarisch und trotz der schwierigen Umstände sehr gelassen. Et nütz ja nix.

In meinem Traum finden auch die regelmäßigen Treffen und Frühstücke mit Künstlern aus den unterschiedlichsten Bereichen wieder statt. Die haben uns allen gefehlt. Für manchen Freund und Kollegen war die Corona-Zeit eher bedrückend. Aber: Et hätt noch immer jot jejange. Alle sollen gesund bleiben. Den Rest schaffen wir schon. Irgendwie.

19. Türchen: Roncalli-Chef Bernhard Paul über sein „Museum of Broken Dreams“

In meinem Traum sah ich lange Warteschlangen von kleinen und großen Zirkusfans aus Köln und aus aller Welt, die sich vor dem Roncalli-Winterquartier in Mülheim drängelten, um das neueröffnete Zirkus-Museum zu besuchen. Dieses Museum, das von mir seit Jahren vorbereitet und als Geschenk an die Stadt und an die Kölner gedacht war, war kurz zuvor im Rahmen einer großen Gala mit vielen prominenten Gästen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker eröffnet worden.

In diesem „Museum of Broken Dreams“ werden meine Zirkus- und Clown-Sammlung gezeigt, aber auch Musikinstrumente und Anzüge der Beatles, das von Coco Chanel entworfene Kleid, das Marlene Dietrich in ihrem letzten Film „Gigolo“ trug, und dazu eine Gitarre von David Bowie, der auch im Film mitspielte. Dazu die Nachlässe bekannter Artisten sowie Andenken an legendäre Clowns der Zirkusgeschichte und noch vieles mehr.

Alles zu schön, um wahr zu sein, und so zerplatzt dieser Traum schneller als eine Seifenblase in der Manege. Die Realität sieht leider so aus, dass die zugehörigen Pläne schon lange fertig und bei der Stadtverwaltung eingereicht sind, ich aber seit mehr als drei Jahren auf verschiedene Genehmigungen warte. Die Oberbürgermeisterin hat mir schon länger versprochen, dass was passiert. Aber nichts ist passiert.

Trotz mehrfachen Einladungen ist sie bislang noch nie zu Besuch ins Winterquartier gekommen. Stattdessen habe ich nun gehört, dass sie sich für den Wiederaufbau eines Springbrunnens auf dem Neumarkt ausgesprochen hat, da wo bei unserem Gastspiel das Zelt und die Wagen stehen. Ich bin jedoch zuversichtlich, mit der Verwaltung eine Lösung zu finden, damit unser Kölner Gastspiel 2021 dort stattfinden kann. Aber es ist schon traurig, dass die Stadt uns, einem Unternehmen, das hier seit 44 Jahren seine Steuern zahlt, nicht mehr hilft.

In all den Jahren haben wir eigentlich immer viel zu viel Steuern gezahlt, aber das ist Thema eines anderen Traums, in dem ich von Armin Laschet zu einem Gespräch in die Staatskanzlei nach Düsseldorf eingeladen werde. Da nimmt sich der Ministerpräsident ausführlich Zeit, den von mir vorgetragenen Problemen rund um unseren Zirkus und ähnliche Unternehmen zu lauschen. Denn seit einer Anordnung des damaligen Nazi-Propagandaministers Joseph Goebbels in den 30er Jahren gilt Zirkus in Deutschland – weil dem da zu viele Juden mitmachten – nicht als Kultur, sondern als Gewerbe. Das kann doch nicht wahr sein, dass das immer noch gilt.

Ich bin vom damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau zum Kulturbotschafter Nordrhein-Westfalens ernannt worden und habe von Laschet den Großen Staatspreis erhalten. Roncalli beschäftigt internationale Artisten, ein Ballett und ein Orchester. Trotzdem gehören wir nicht zur Kultur, sondern unterstehen in der Berufsgenossenschaft der Gastronomie und landen so in der gleichen Schublade wie ein Nacht-Club oder ein Hofbräuhaus. Ich will aber in die richtige Schublade.

Das ist in anderen Ländern ganz anders. Und schon 2005 verabschiedete das Europäische Parlament in Brüssel eine Entschließung, die den Rang des Zirkus als europäisches Kulturgut bekräftigt hat. Da wird es doch langsam mal Zeit, diesen Beschluss auch umzusetzen. Das hat Laschet in meinen Traum auch fest zugesagt. Aber eben nur in meinem Traum. In der Wirklichkeit hat er weder auf meinen offenen Brandbrief zu Beginn der Pandemie im Frühjahr reagiert noch meine kürzliche Bitte um ein Gespräch beantwortet. Aber mein Engagement für den Zirkus und seine Anerkennung als Weltkulturerbe geht weiter. Das ist mein großes Ziel.

In diesen Corona-Zeiten ist immerhin auch Zeit, ein paar Dinge zu regeln und aufzuschreiben. So arbeite ich derzeit an zwei Büchern gleichzeitig. Einmal an einem Jubiläumsbuch zum 50-jährigen Bestehen des Circus Roncalli im Jahr 2026 – da bin ich ja wohl weltweit der Einzige, der einen Zirkus gegründet hat und 50 Jahre später immer noch dabei ist – und an meinen Memoiren. Ich hatte ja auch ein Leben vor Roncalli. Ich war Grafiker und Maler von Beruf und male auch jetzt wieder viel. Wenn Roncalli wieder spielt, gibt es mit diesen Bildern eine Ausstellung. Auch das ist noch ein Traum, aber einer, der sich am ehesten realisieren lässt. 

18. Türchen: Arena-Chef Stefan Löcher über die Rückkehr seiner Gäste

Licht aus – Jubel – ein Spot auf die Bühne – der Vorhang fällt – 20.000 Menschen schreien und singen sich in Ekstase, liegen sich in den Armen und tanzen. Unbeschwert. Auf der Bühne ein Weltstar, eine kölsche Band oder irgendein anderer der vielen tollen Künstlerinnen und Künstler und Leistungssportler unserer Branche. Dann wache ich auf. Noch ist dieses Szenario ein Traum, der angesichts des erneuten Lockdowns in weite Ferne zu rücken scheint. Doch wir kämpfen weiter für unseren Traum. Wissend, dass der Rheinländer Nähe, soziale Kontakte und Umarmungen als Lebenselixier braucht. Den Traum einer ganzen Branche: nach der Krise noch zu existieren, die Wiedereröffnung noch zu erleben und mit genau so viel Spaß dabei zu sein wie vor Corona.

Dafür müssen wir kämpfen. Wir arbeiten an Konzepten, an sicheren Ideen, um Menschen zusammenzubringen. Wohl nicht direkt 20.000, aber zunächst wieder tausend, dann zwei-, fünf-, siebentausend Menschen. Von Juni bis September waren wir schon einmal so weit, 2400 Menschen euphorisiert Live-Musik erleben zu lassen. Dieser Traum zerplatze wieder.

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum und deine Leidenschaft“ – in diesem Fall und diesem verrückten Jahr leichter gesagt als getan. Aber der Kern der Aussage stimmt. Man kann nicht einfach warten, bis sich Träume erfüllen. Das hat noch niemanden weitergebracht. Wir müssen uns weiter anstrengen. Jeder kann dazu beitragen. Ob er oder sie nun einfach nur vernünftig ist, um die Pandemie nicht voranzutreiben, ob man Solidaritäts-Tickets für seinen Verein kauft, seine Konzerttickets behält oder sonstwie hilft. Irgendwann wird dieser surreale Albtraum vorüber sein. Und wenn wir diese Zeit gemeinsam überstanden und niemanden zurückgelassen haben, kann er wahrwerden – mein Traum, unser Traum, ganz bestimmt. Darauf freue ich mich. Auf Euch! 

Stefan Löcher

17. Türchen: Rapper Eko Fresh muss Köln etwas gestehen

„Was war das für ein Jahr? Weniger ein Traum, mehr ein Albtraum. Ich vermisse mein Köln ein bisschen. Dass ich mal abends ins Studio nur auf ein Kölsch fahre. Dass ich mal Samstagmittags mit dem Kleinen durchs Einkaufscenter gehe, ohne wirklich was kaufen zu wollen. Wer hätte gedacht, dass mir die Enge und das Gedränge auf der Schildergasse mal fehlen wird. Ich will gerne mal wieder beim Kebabland anstehen. Köln, hörst du mich? Immer nur vom Auto zu den Terminen und dann zurück nach Hause.

Köln, ich muss dir was gestehen: Ich merke gerade, ich hab dich zu selbstverständlich gesehen und deine heimliche Schönheit manchmal gar nicht mehr bemerkt. Dennoch bleibe ich positiv, behalte die Hoffnung und das Vertrauen in dich! Denn wir Kölner sind empathisch, wir halten zusammen – und das sind keine Floskeln aus einem Karnevalslied. Wir ziehen durch, was durchgezogen werden muss, um uns am Ende wieder in den Arm nehmen zu können.

Wo ich gerade dabei bin, danke ich dir, Köln, für deine Chancen, aus der Not auch mal eine Tugend zu machen. Du machst uns aus und gibst uns Motivation, das durchzustehen. Und wenn es vorbei ist, haben wir gegenüber dem Rest der Welt einen Vorteil: Wir dürfen als erste zurück nach Köln – in die schönste Stadt der Welt.“

Eko Fresh

16. Türchen: Anne Rixmann hadert mit ihrem unfreiwilligen Vorruhestand

„Wenn dieses Jahr ein Jahr wie die letzten Jahre wäre, hätten wir mit der Stunksitzung gerade Premiere gehabt. Dieses Jahr ist aber kein Jahr, wie wir es bisher kennen. Ich befinde mich gefühlt im unfreiwilligen Vorruhestand, oder sagen wir mal, im unfreiwilligen Zwischenruhestand. Es ist die dunkelste Jahreszeit. Die Tage werden erst in 4 Wochen wieder länger. Ich bin froh über sämtlichen Weihnachtskitsch, der die Südstadtfenster erleuchtet. Mein Mitbewohner hört nebenan das Requiem von Mozart und meint, es müsse endlich mal depressive Stimmung aufkommen. Muss nicht, habe ich schon, aber nur ein bisschen, denn mein Hund versucht gerade, in der Wohnung ein frisches Hühnerherz zu verbuddeln, was aber in Ermangelung von Blumenbeeten nicht klappt.

Ab dem Frühjahr werden wir beide wieder in meinem Garten graben und buddeln. Ich werde hundefreie Hochbeete bauen, Gemüse pflanzen und eine Obststreuwiese anlegen, damit mein Garten mal der schönste Ziergemüsegarten der ganzen Welt wird.

Und nach dem Sommer im Garten wird es hoffentlich wieder eine fünfte Jahreszeit geben, mit Mettbrötchen, Kölsch vom Fass und einer Stunksitzung. Hoffentlich.“

Anne Rixmann

15. Türchen: Nicole Grünewald hofft auf eine Zukunft für Kölner Unternehmen

Ich hab’ geträumt, dass ich auf einer schönen Veranstaltung mit Unternehmerinnen und Unternehmern war – und wir über etwas anderes als über Corona-Sorgen geredet haben. Dass wir nicht mehr abhängig sind von Entscheidungen, die wir so unglaublich wenig beeinflussen können. Diese Machtlosigkeit und Ungewissheit ist für uns Unternehmerinnen und Unternehmer wohl das Schlimmste – das ist jedenfalls meine Erfahrung aus unzähligen Videokonferenzen mit Betroffenen.

Egal, wie gut das eigene Geschäftsmodell auch sein mag, wenn es unter die Corona-Einschränkungen fällt, hilft das nichts. Zum Glück ist meine eigene Agentur (noch) nicht betroffen, aber ich bekomme das durch mein Ehrenamt ja hautnah von so vielen unserer Mitgliedsunternehmen mit.

Finanzielle Hilfen – wenn sie denn ankommen – sind wichtig, aber sie sind nicht alles. Wir brauchen die Hoffnung, dass wir weitermachen können. Wir wollen uns wieder auf unsere Geschäfte konzentrieren, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten und uns um die Anforderungen der Zukunft kümmern können – auch um unsere Unternehmen nachhaltiger und umweltfreundlicher auszurichten.

Das können wir aber nur, wenn unsere Unternehmen auch eine Zukunft haben. Da ich sehr ungeduldig bin, hoffe ich, dass es kein Traum bleibt, sondern spätestens Mitte 2021 Wirklichkeit wird. 

Nicole Grünewald

14. Türchen: Mariele Millowitsch träumt vom Köln der Zukunft

Ich hab’ geträumt, dass ich bei herrlichem Wetter über den Rhein spazieren gehe. Die Möwen kreischen, Kinder spielen Fangen, ein Lastkahn schiebt sich träge den Fluss hinauf. Die neue Fußgängerbrücke auf Höhe des Bayenturms ist ein architektonisches Meisterwerk geworden.

Leicht wie eine Feder spannt sie sich über den Strom, der Blick rüber zum Dom ist fantastisch. Ich gehe weiter geradeaus Richtung Chlodwigplatz. Wo früher täglich Zehntausende Autos über die Rheinuferstraße bretterten, lockt jetzt ein gemütlicher Biergarten. Ich bin mitten in der Stadt und habe doch das Gefühl, ich wäre im Volksgarten. Denn Volksgarten ist jetzt überall. Der Rheinauhafen ist ein lebendiger Teil der Südstadt geworden, seit die Hauptverkehrsadern in Köln tiefer gelegt wurden. Es rumort im Untergrund. Die Autos, die noch in die Stadt dürfen, vibrieren unter meinen Füßen im Rheinufertunnel, der jetzt an der Zoobrücke beginnt und erst hinter dem Bayenthalgürtel wieder aus dem Boden kommt.

Auf dem Deckel schaffen Grünflächen und Wohnbebauung eine neue Lebensqualität. Dasselbe da, wo früher die Nord-Süd-Fahrt die Stadt teilte. Endlich hat Offenbach einen Platz, der den Namen verdient. Und Heinrich Böll und Chargesheimer, der große Fotokünstler, hätten es geliebt, denn was soll ich sagen: Unter Krahnenbäumen ist wieder eine Straße mit Charme, und die Kirmes im Veedel gibt es auch wieder. Ich wache auf von wildem Hupen. Draußen staut sich der Verkehr wie jeden Morgen.

Nur noch ein paar Tage bis Weihnachten. Ich bin spät dran für die Dreharbeiten zu meinem neuen Krimi aus der ZDF-Reihe „Marie Brand“. Wir drehen gleich am Melatenfriedhof. Draußen hat es den ersten Frost gegeben, auf den Autodächern glitzert der Raureif. Ich muss mich sputen, aber die langsam verblassenden Bilder aus meinem Traum erleuchten mein Gemüt. Wäre doch zu schön, wenn der Volksgarten überall wäre.

Aufgezeichnet von Stefan Worring

13. Türchen: „Das Ding“-Chefin Claudia Wecker wünscht sich eine Zukunft voller Solidarität

Wenn ich abends im Bett liege und vor lauter Zukunftsangst nicht schlafen kann, dann träume ich mich in eine Welt, die durch die Pandemie im Großen und Kleinen verändert wurde. Da ich selbst nicht zu den Großen dieser Welt gehöre, kann ich auch nur die Veränderungen im Kleinen, die ich mir wünsche, richtig beurteilen.

Ich wünsche mir in Köln eine Politik, die gerade in dieser Zeit, die mutige und außergewöhnliche Lösungen benötigt, auch mutige und außergewöhnliche Lösungen sucht und neue und vor allem kurze Wege geht. Ich wünsche mir, dass im Rat der Stadt Köln nicht gute Vorschläge abgelehnt werden, nur weil sie von der falschen Partei kommen. Dass die politischen Befindlichkeiten der verschiedenen politischen Lager hinter den wirklich existenziellen Bedürfnissen der Bürger zurückstehen.

Ich träume davon, dass unsere Politiker mehr geistige Wendigkeit an den Tag legen und nicht alles zu Tode bürokratisieren. Nur das schnelle Umsetzen von Hilfen bringt etwas, weil in der Regel betroffene Menschen jetzt sofort Lösungen brauchen und nicht erst in drei Wochen oder gar erst in drei Monaten. Und ich träume davon, dass dies dazu führt, dass verkrustete Strukturen, die nie hinterfragt wurden, aufbrechen und neue zukunftsweisende Impulse dadurch gesetzt werden.

Ich träume davon, dass die Krise alle Menschen dieser Stadt näher zusammenbringt. Und gerade in Bezug auf die Gastronomie träume ich davon, dass wir alle mit den Behörden und der Politik an einem Strang ziehen, um das Leben für alle Bürger dieser schönen Stadt besser und gerechter zu machen. Am meisten träume ich aber davon, dass erkannt wird, dass die Gastronomie Teil der Lösung und nicht Teil des Problems ist.

Kölle is eh Jeföhl – und ein absolut traumhaftes dazu. Also träume ich von einer besseren Zukunft, in der die Solidarität und der Zusammenhalt, den wir nun auf ganz neue Art in den letzten Monaten erfahren haben, auch nach dieser Krise etwas ist, was uns auf Dauer erhalten bleibt. Denn nur wenn wir zusammenhalten, dann werden Träume auch manchmal wahr.

Aufgezeichnet von Maria Gambino

12. Türchen: Gentleman wünscht sich Reduzierung auf das Wesentliche

Ich glaube, dass in dieser Pandemie eine Chance liegt: Die Reduzierung auf das Wesentliche. Dinge bekommen einen Raum, für die vorher kein Raum da war. Man muss nicht für jede Kleinigkeit durch die Gegend fliegen. Wir werden diese Online-Meetings mit in die Zukunft nehmen und uns mehr fokussieren.

Am Ende des Tunnels wird es ein Licht geben: Dann erleben wir eine Explosion der Lebensfreude, wenn wir jemanden in den Arm nehmen oder einfach die Hand schütteln – alles, was für uns vor Corona selbstverständlich war, wird wieder möglich sein. Und wir werden es noch intensiver wahrnehmen.

Wenn es endlich mit Konzerten losgeht, werden sie trotz möglicher skurriler Umstände – wie diesen Sommer mit den Autokinos – von Dankbarkeit durchzogen sein. Gerade jetzt zeigt sich doch der hohe Stellenwert von Musik. Kultur ist nicht verzichtbar und gibt einem die emotionale Wärme, die die Isolation ertragbar macht. Ich möchte den Menschen mit meiner Musik Hoffnung geben.

Ich freue mich, dass ich viel zuhause bin. Ich lebe nicht mehr nur noch aus dem Koffer und bin länger am Stück in Köln. Zehn bis 15 Jahre lang habe ich ein entwurzeltes Dasein geführt. Das ist jetzt anders – und wunderbar.

Aufgezeichnet von Maria Gambino

11. Türchen: Sterneköchin wünscht sich mehr Sinn für gutes Essen 

Ich hab’ geträumt, dass ich endlich wieder im Restaurant für Gäste kochen kann, und nicht mehr nur zu Hause. Und dass die Menschen zu uns strömen, nachholen, was sie verpasst haben.

In oder vor meinem Restaurant Lokschuppen am Mülheimer Hafen sitzen können, leckeres Essen genießen, ein schönes Glas Wein trinken. Alles, was bis vor kurzem so selbstverständlich war. Das ist für uns Gastronomen eine echt harte Zeit – ich kenne keinen, der nicht gelitten hat.

Ich hoffe, dass die Menschen in Zukunft bewusster leben und mehr Wert auf gutes Essen legen werden. Hier in Deutschland ist es nach wie vor so, dass man zwar 1000 Euro für einen repräsentativen Grill ausgibt, aber für das arme Würstchen, dass da drauf liegt, nur 15 Cent.

Ich wünsche mir, dass sich diese Denke ändert und die Menschen erkennen, dass gute Produktqualität auch ihren Preis hat. Sonst wird ein anderer Traum von mir wohl nie wahr: dass alle Tiere ein würdiges und artgerechtes Leben führen dürfen.

Wir alle durchleben gerade schwierige Zeiten. Für Weihnachten und Silvester bieten wir im Lokschuppen deswegen etwas Besonderes: Menü- und Fondue-Boxen für zu Hause, aber auch Austern aus der Bretagne oder halbe Hummer. Echtes Essen für die Seele. Das haben wir gerade nötig.

Aufgezeichnet von Stefan Worring

10. Türchen: Theo Pagel hofft, dass wir dazugelernt haben

„Natürlich träume ich wie wohl fast jeder, dass die Pandemie endlich eine Ende findet oder zumindest kontrollierbar wird, dass unsere Liebsten gesund bleiben und wir zusammen mit unseren Familien Weihnachten feiern können.

Mich plagt aber besonders der wiederkehrende Alptraum, dass wir es nicht hinkriegen, unsere Beschäftigten und unsere Tiere über die Krise zu führen. Ausbleibende Einnahmen und laufende Kosten gerade im Winter stimmen wirklich bedenklich. Überall auf der Welt gab es zahlreiche Entlassungen in den Zoos und sogar Zooschließungen – wie in anderen Branchen auch. Auch als Präsident des Weltzooverbandes verfolgt mich das in den Nächten. Dennoch bin ich sicher, dass wir es frei nach Angela Merkel schaffen, die Krise überwinden und gestärkt aus ihr hervorgehen. Der Kölner Zoo wird auch weitere 160 Jahre für Menschen und Tiere da sein!

Ich hab’ geträumt, endlich wieder in glückliche Gesichter schauen zu können, denn ein Zoo ohne Besucher ist mehr als surreal. Wir möchten, dass sich Menschen bei uns erholen und wir unseren wichtigen Bildungsaufgaben nachkommen können. Durch unsere Forschung und unsere Naturschutzprojekte wollen wir unseren Beitrag leisten, die Artenvielfalt auf dieser Welt zu erhalten.

Mein momentan größter Traum als Zoodirektor und Naturschützer, aber auch als Bewohner unseres Planeten, ist allerdings, dass wir aus der Pandemie gelernt haben. Wir sollten gelernt haben, dass wir in einer globalen Welt leben und dass wir alle gemeinsam sehr schnell unsere Probleme teilen. Denken wir nur an den Klimawandel, der geht uns alle an. Wir sollten gelernt haben, dass wir ein Miteinander von Menschen, Tieren und Pflanzen brauchen. Wir sollten durch die Pandemie begriffen haben, dass auch die Menschen ein Teil der Natur sind. Durch eine intakte Fauna und Flora, durch den Erhalt der Biodiversität, für die der Kölner Zoo steht, sind derartige Pandemien vermeidbar.

Vor allem sollten wir aber gelernt haben, dass alles geht, wenn Politik und Gesellschaft es wirklich wollen. Wer eine komplette Gesellschaft vorübergehend still legt, der kann auch den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt in den Griff bekommen. Wir haben bewiesen, was wir können – man denke nur daran, dass wieder Lachse im Rhein schwimmen.

Wir sollten auf keinen Fall vergessen, dass es immer noch andere Katastrophen großen Ausmaßes gibt. Wer spricht noch über das Schmelzen der Pole, die Brände in Australien, darüber, dass der Regenwald Brasiliens weiterhin gerodet wird. In meinen Träumen kümmert sich die Welt auch darum, denn ohne Regenwald keine Tiere, keine Pflanzen und ein völlig aus den Fugen geratenes Weltklima. Wir Menschen müssen die Welt wieder zum Besseren gestalten, für die kommenden Generationen und letztlich auch für uns selbst.

9. Carolin Kauffmann träumt von der alten Unbeschwertheit

„Ich hab’ geträumt, ich komme nach einem langen Turniertag mit zwei anderen Mädels in unsere Gastfamilie „nach Hause“, wir kochen zusammen und quatschen, spiele mit dem Sohn ein bisschen Ball und gehen dann am Strand spazieren. Die Eltern erzählen von ihrem Alltag an der australischen Küste, wir spielen Karten, und es fühlt sich an wie normales Leben. Mein Kopf ist frei. Obwohl ich nicht so gut gespielt habe, komme ich nicht ins Grübeln. Am nächsten Morgen gehen wir zum Golfplatz, und ich gewinne mein erstes Turnier.

Aufgewacht bin ich in der letzten Saison leider oft alleine in einem sterilen Hotelzimmer, irgendwo am Stadtrand in der Nähe des Platzes. Das Essen muss man irgendwo bestellen und isst es dann allein auf dem Zimmer. Golfplatz, Hotel, Golfplatz, Hotel, nichts anderes die ganze Woche, kaum Kontakte. Corona ist doof.

Die Saison ist rum, ich bin wieder in Köln, und es fehlt mir doch sehr, meine Freunde und ganz besonders meine Großeltern mal wieder herzlich in den Arm nehmen zu können. Ich möchte diese Unbeschwertheit in den kleinen Dingen des Lebens wieder spüren. Für meinen Beruf als Golferin ist es sehr wichtig, sich rundum wohlzufühlen, damit man den Kopf frei hat und sich auf sein Spiel konzentrieren kann.

Das vergangene Jahr war wie eine Achterbahnfahrt für mich. Es hat mit der erfolgreichen Qualifikation für die europäische Profigolftour und Turniere in Australien und Südafrika extrem gut begonnen. Ich bin 22 Jahre alt, war mit anderen jungen Spielerinnen in Gastfamilien untergebracht und habe meinen Traum vom Profigolf gelebt. Und trotz dem tolle Menschen getroffen und viel darüber gelernt, wie sie leben. Dann stand auf einmal alles still, und andere Dinge traten in den Mittelpunkt. So wurde aus einer verheißungsvollen Rookie-Saison mit 25 Turnieren am Ende eine sehr kurze Saison mit gerade einmal acht. Das muss man erst mal verarbeiten.

Unser aller Leben besteht aus Veränderungen, mal kleinen, mal großen, die für den Moment vermeintlich alles aus der Bahn werfen und mit denen wir trotzdem umgehen müssen – jeder für sich, aber auch alle gemeinsam, solidarisch. Mit diesen Veränderungen, auf die ich keinen Einfluss habe, bestmöglich zu leben, das habe ich in diesem verrückten 2020 gelernt.

Wenn es klappen sollte, dass ich im Sommer wieder ohne große Einschränkungen zu den Turnieren reisen kann, helfen mit diese Erfahrungen vielleicht weiter. Und dann gelingt es mir hoffentlich, mir meinen großen Traum, für den ich seit Jahren hart trainiere, zu erfüllen: mein erstes Profiturnier zu gewinnen.

Aufgezeichnet von Stefan Worring

8. Holger Kirsch träumt vom Rosenmontagszug über den Rhein

„Vielleicht sollte ich schreiben, dass ich vom Weltfrieden träume. Davon, dass es mir gelingt, den Klimawandel umzukehren oder davon, dass ich derjenige bin, der die Flüchtlingsproblematik in Europa löst. Im Privaten sollte ich ausschließlich davon träumen, dass meine Liebsten gesund bleiben und dass meine drei Mädchen wirklich nur Papa heiraten wollen. Aber das Träumen kann man nicht beeinflussen und so sehen meine wahren Träume deutlich trivialer aus.

Ich träume von Karneval und Fußball und Normalität. Wie naiv, oder? Aber ich halte diese Dinge für lebenswichtig. Ich träume davon, den Kölner Rosenmontagszug eines Tages über den Rhein zu führen. Davon, wie dieser gigantische, bunte Tross unsere Stadt verbindet, davon, dass wir Neues wagen.

Von der Freude in den Gesichtern der Menschen, vom Leben für den Augenblick, von dem wir Kölner wie kein Zweiter zu zehren vermögen. Es ist die Kunst, den Alltag ein wenig bunter zu machen. Wie wertvoll ist der fröhliche Karneval für unsere Senioren in der grauen Jahreszeit. Als Prinz durfte ich erleben, dass ein simples Lied auf der Mundharmonika eine demente Patientin aus ihrer Isolation holen kann, wenn auch nur für diesen einen Moment. Ist es nicht das, wovon wir im Alltag zehren? Von unseren Erlebnissen und Erinnerungen, von Freude.

Ich träume davon, dass meine Viktoria, die noch nie so stark war, ihre Gegner an die Wand spielt. Dass die Spieler für Ihre Fans zuhause alles geben und unsere Tribünen, die ich als Architekt bauen durfte, unter dem Gewicht der Fans ächzen und der Höhenberger Sportpark aus allen Nähten platzt. Eines Tages vielleicht sogar in der 2. Bundesliga! Ich liebe das Gefühl im Stadion, dass wir Fans alle in einem Boot sitzen, den unbeschwerten Smalltalk mit Fremden, die alle aus demselben Grund da sind. Und dass du nicht weißt, wer unter dem Trikot steckt. Wir fiebern gemeinsam, wir jubeln gemeinsam. Alles, was im Alltag Schranken aufbauen könnte, fällt weg. In den 90 Minuten finde ich totale Ablenkung.

„Nur zesamme sin mer Fastelovend“ lautet das diesjährige Sessionsmotto des Kölner Karnevals. Es könnte auch heißen „Nur zusamme sin mer Fußball“. Ausgelassenes Jubeln, unbeschwertes Feiern, enges Beieinanderstehen, sich vor Freude umarmen, Bützchen hier, Schunkeln und Singen da – all das ist Fußball und Karneval. Ob Karnevalskostüm oder Fantrikot, es ist bunt und offen für jedermann. Es grenzt nicht aus, es verbindet die Menschen.

Wir diskutieren, ob all das sein muss in diesen Krisenzeiten. In Kriegszeiten hat man Unterhalter an die Front geschickt, um für Ablenkung zu sorgen. Ablenkung hilft beim Überleben. Den Karneval, wie wir ihn lieben, wird es in diesem Jahr nicht geben und unsere Stadionwurst müssen wir derzeit zuhause grillen. Ich träume davon, dass wir uns die Mühe machen, in diesen schwierigen Zeiten andere, sichere Wege zu finden, um enger zusammenzurücken und für kostbare Ablenkung zu sorgen.

Wenn ich träumen darf, dann davon, dass wir bald wieder die Nähe suchen können, vielleicht bewusster und etwas ehrfürchtiger als zuvor. Mir erscheinen Dinge, die manchmal zu voll, zu warm und zu viel Mettbrötchenatem waren, sehr kostbar. Eine Hand zur Begrüßung schütteln, einen lieben Menschen umarmen. Bei allen Träumereien merke ich, dass das, was für uns normal war, ganz schön kostbar ist.“

Holger Kirsch, Leiter des Rosenmontagszuges

7. Gaby Köster träumt davon, wieder zu verreisen

„Ich träume davon, endlich wieder ohne Einschränkungen verreisen zu können und vielleicht im Fernsehen ein Reisemagazin zu machen und zu moderieren. So eine Art „Mit dem Rolli um die Welt“. Reisen zu können, hat mir in Zeiten von Beherbergungsverboten und Reisewarnungen durch das Auswärtige Amt schon sehr gefehlt. Ich will wieder nach Ibiza – da habe ich ein Ferienhaus, wo ich unbedingt mal wieder hin muss, um einige Sachen abzuklären – dann zu einem befreundeten Künstler nach Südfrankreich, zu dem ich es in den vergangenen Jahren zeitlich irgendwie nie geschafft habe und vor allem nach New York.

Da war ich vor zwei Jahren ja mit zur Emmy-Verleihung mit Anna Schudt. Die Kommissarin aus dem Dortmunder Tatort hatte ja bei der Verfilmung meines ersten Buches „Ein Schnupfen hätte auch gereicht“ mich gespielt und war für diese Rolle in New York mit dem Emmy als beste weibliche Darstellerin ausgezeichnet worden. Ich konnte damals aber nur zwei Tage mitfahren, weil ich anschließend noch eine andere Job-Verpflichtung hatte. Es war schon bewegend, nach 22 Jahren wieder in dieser pulsierenden Metropole zu sein, durch die ich früher in Turnschuhen geschmeidig durchgelatscht bin. Im Rollstuhl war das schon eine ganz andere Perspektive und eben auch viel zu kurz. Auch wenn ich trotz und wegen des Handicaps manche Dinge intensiver erlebe als vorher.

Daher will ich diese Reise im nächsten Jahr, wenn ich 60 werde, so richtig schön und ausführlich nachholen. Dann bleibt mir ja wohl auch das Elend mit Donald Trump erspart, auch wenn der das ja bislang immer noch nicht weiß. Seinen Nachfolger Joe Biden habe ich übrigens schon angeschrieben. Er solle die Bedingungen bei der Einreise verbessern. Es kann doch nicht sein, dass man da angebrüllt und behandelt wird, als sei man in einem Boot-Camp. Geantwortet hat Biden bislang noch nicht.

In New York will ich auf jeden Fall das Museum of Modern Art besuchen. Und in meinem Traum würde ich da auch gleich eines oder mehrere meiner Bilder aufhängen. Ich habe in den vergangen Jahren die Kunst wieder für mich entdeckt und male weiterhin sehr viel – wild und bunt. Dabei haben mich meine Künstlerfreunde Anton Fuchs und Heike Haupt ganz stark unterstützt. Kunst ist gut für mein Gemüt. Ich entspanne dabei, und mich machen die Farben froh. Je kälter es draußen wird, umso bunter wird es bei mir. Ich halte es da ganz mit Picasso: „Kunst verwischt den Staub des Alltags.“

Deswegen engagiere ich mich auch bei einem Mal-Projekt mit Kindern – vorrangig aus Flüchtlingsfamilien – in einem Jugendzentrum in Meschenich. Diese Arbeit macht mir und den Kindern Spaß und ich hoffe, dass wir nach den Corona-Einschränkungen da bald wieder loslegen könne. Ich habe für alle Kinder schon ein Täschchen mit Skizzenbüchern, Aquarellfarben, Wasserpinseln, Stiften und allem möglichen, was man so braucht, vorbereitet. Ich finde, dass man sich nicht integrieren kann, wenn man sich nicht miteinander beschäftigt.

Neben der Kunst überlege ich noch, ein weiteres Buch zu schreiben. Das hängt davon ab, wie lang der Winter wird. Für die Bühne ist erst einmal nichts groß geplant. Die erste Tour ist ja auch abgespielt. Und privat träume ich nicht mehr von der großen Liebe. Die Beziehung mit einem Mann wäre eher ambulant. Ich will da nichts Stationäres mehr. Das hatte ich schon, und dafür habe ich doch meine vier Fellnasen, von denen der 14-jährige Labrador inzwischen zu einem Pflegefall geworden ist.

Fallschirmspringen ist allerdings auch noch so ein Traum, den ich mir gerne erfüllen möchte. Dabei ist nicht das Springen, sondern das Landen das Problem. Gebrochene Knochen wären doof. Ansonsten hab ich eigentlich nichts zu meckern – nicht mal auf hohem Niveau. Meckern kann man immer, aber damit ändert man nichts, und es geht einem auch nicht besser. Man muss froh sein mit dem, was man hat. Uns hier in Köln und in Deutschland geht es doch gut, wir haben ein Dach über dem Kopf und immer etwas im Kühlschrank. Der weitaus größte Teil der Weltbevölkerung hat das nicht.“

6.Türchen: Ludwig Sebus träumt von mehr Zwischenmenschlichkeit

Ich hab’ geträumt, dass wir Menschen gestärkt aus dieser schwierigen Zeit kommen, weil wir gemerkt haben, wie wichtig wir füreinander sind.

Mein Traum lief ab wie in Zeitlupe, ein bisschen wie unser Alltag gerade, und ich habe die gesehen, die wir sonst viel zu oft übersehen, die, die im Schatten stehen. Die Unscheinbaren. Die Fremden. Die Eigenwilligen. Die Einsamen. Jeder Mensch braucht seine Anerkennung, und es ist egal, wie er aussieht, wo er wohnt und wie er lebt.

Anfang der 1960er Jahre muss es gewesen sein, meine Kinder waren noch klein und ich Verkaufsleiter bei John Deere. Ich bin erst mittags von der Arbeit gekommen an Heiligabend und sofort los, um einen Christbaum zu kaufen. Aber es gab keine mehr. Am Engk han ich e janz klein, mickrig, schief Bäumche krääje.

Die Kinder haben erst ganz enttäuscht geguckt, aber ich habe ihnen dann erzählt, wie traurig das kleine Bäumchen da so alleine stand. Und dass es jetzt glücklich ist. Sie haben es liebevoll geschmückt, mit zwei Kugeln, etwas Lametta, einem selbstgebastelten Stern – und es war wunderschön. Es ist gar nicht so wichtig, was einer darstellt.

Ludwig Sebus

5. Türchen: Louwrens Langevoort träumt von Musik

Ich habe geträumt, dass alle Menschen weltweit Zugang zu Live-Musik bekommen, unabhängig von ihrer Lebenssituation.

Sie spüren die Kraft, die Musik vermitteln kann. Gleichzeitig werden sie sich bewusst, dass ein gemeinsames Musikerlebnis verbindet und eint.

Ich habe geträumt, dass möglichst viele Musikbegeisterte die Möglichkeiten haben, wie ich sie erhalten habe, denn ich fühle mich privilegiert, immer von Musik umgeben zu sein, wenn ich möchte, und dieses Erlebnis normalerweise auch mit vielen Interessierten teilen zu können.

Ich bin davon überzeugt, dass Musik die Welt zu einer besseren macht – dass diese Überzeugung vielfach geteilt wird, ist mein Traum.

Louwrens Langevoort, Intendant der Philharmonie

Lassen Sie sich inspirieren von der Messe in h-Moll von Johann Sebastian Bach, BWV 232, Missa: Cum Sancto Spiritu (chorus), dargeboten von Chor und Orchester Collegium Vocale, Gent. 

4. Türchen: Husch Josten träumt von einer Kölner Erzbischöfin

Die Sache ist die… Beim Träumen und Wünschen ist alles erlaubt, nur nicht, es zu verraten. Träumen oder Sprechen? Überlegen Sie mal! Der Einsatz ist hoch.

Ausplaudern kann die Erfüllung von Traum oder Wunsch unmöglich machen. Andererseits ist Aberglaube ja auch irgendwie… Also… Mal überlegen. Wer erzählt, plaudert ja nicht so direkt. Er oder sie könnte also allenfalls subversiv verräterisch erzählen vom großen Wurf für seine Heimatstadt: Pinsel, Farbe, Eleganz, endlich Masterplan. Beispielsweise.

Oder von einer harmlosen, an der Nasenspitze sichtbaren allergischen Reaktion auf der Haut von Menschen, die nennenswerte Lügen oder Verschwörungstheorien unters Volk bringen. Was bei sämtlichen Zuhörern für umgehende Orientierung sorgen würde. Weltweit natürlich.

Oder von der Kölner Erzbischöfin, die den Laden aufräumt, also richtig aufräumt. Oder von einem Advent, in dem sich alle, die es können, ein Hilfsprojekt fürs nächste Jahr vornehmen und es dann wirklich anpacken. So ganz wirklich. Und dann könnte er oder sie natürlich auch weit ausholen und erzählen vom Himmel, wo man denn eines Tages auf dem Fußbänkchen von Oscar Peterson Platz nehmen dürfte und da gäbe es auch eine Bibliothek und…

Husch Josten, Schriftstellerin

3. Türchen: Kabarettist Jürgen Becker träumt von fairen Mieten

Mein Traum für das nächste Jahr: Die Stadt Köln verlängert die Mietpreisbindung aller Sozialwohnungen, sonst ist in nur neun Jahren der bisherige Bestand halbiert. Darüber hinaus werden keine städtischen Grundstücke mehr verkauft, sondern nur noch in Erbpacht vermietet.

Eine neue städtische Wohnungsbaugesellschaft wird gegründet, ein kommunales Wohnungsbauprogramm beschlossen. Das kooperative Baulandmodell, wonach 30 Prozent der Wohnungen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus errichtet werden müssen, wird nicht mehr ständig durch gerissene Investoren ausgehebelt, sondern von der Stadt knallhart und ohne Ausnahme durchgesetzt.

Städte in der Donaumetropole machen es vor

Das ist alles keine Utopie, es gibt Städte, die das längst machen. Ulm hat seit 100 Jahren kein städtisches Grundstück mehr verkauft. In Wien sind 50 Prozent der Wohnungen in kommunaler oder genossenschaftlicher Hand, was zur Folge hat, dass die Mieten in der ganzen Donaumetropole moderat sind. Doch im mittelalterlich geprägten Köln sind die Immobilien- und Mietpreise nun zu dem geworden, was in grauer Vorzeit die Stadtmauern waren: Sie bestimmen, wer rein darf und wer nicht.

Mein Traum im Advent: Diese Mauern des Mammons endlich einreißen. Denn auch Jesus sagte: „Ich hatte kein Obdach, Ihr habt mir welches gegeben.“ Notfalls fangen wir mit dem Kölner Dom an. Ich wette, mit Raufaser und Zwischendecken kann man da ne Menge draus machen.“

Jürgen Becker

2. Türchen: Liz Baffoe träumt von einem Ende des Rassismus

„Ich hab’ geträumt, dass der Rassismus in unserer Gesellschaft endlich weg ist. Rassismus ist für mich ja nicht nur das Thema des Jahres, sondern des Jahrzehnts, des Jahrhunderts. Ob ich einen Menschen mag und wertschätze oder halt auch nicht, das hat doch nichts mit seiner Herkunft, seiner Hautfarbe oder mit seinem Alter zu tun, sondern mit seiner Persönlichkeit. Wir sind alle unterschiedlich, aber die vergangenen Monate mit Corona haben doch auch gezeigt, dass wir für das Virus alle gleich sind.

In der Rassismus-Debatte sind wir nach den Ereignissen um den Tod des Amerikaners George Floyd schon ein Stück weiter gekommen.

Das Thema ist ständig in der Diskussion. Wo früher schnell mal ein Spruch rausgehauen wurde wie „Färben Sie eigentlich ab?“, „Sie sind doch sicher die Bedienstete hier“ oder „Och, man sieht Ihnen ja gar nicht an, dass Sie in Deutschland geboren sind“, wird nun viel vorsichtiger gefragt. Auch wenn es bei Bewerbungen schon mal hieß: „Liz, du hast zu viel Farbe für uns“.

Aber in meinen Träumen läuft es für mich beruflich richtig gut und das spiegelt wohl die Realität. Ich habe mir ab Januar für ein Jahr einen lukrativen Werbevertrag geangelt und werde für mein Engagement in den Bereichen Sport, Fitness und gesunde Ernährung mit dem Health-Medic-Award ausgezeichnet, auch wenn ich mir das für die Preisverleihung eine große Gala als Rahmen wohl derzeit abschminken kann. Auch ob die Tournee mit einem Theaterstück – da waren zwei Vorstellungen in einem Autokino für uns als Schauspieler eher ernüchternd – fortgeführt wird, steht noch in den Sternen. Dennoch habe ich im Gegensatz zu vielen Kollegen aus der Branche ein Perspektive. Und das ist ein schönes Gefühl.

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Die neue Kollektion der von mir entworfenen Schmuck- und Modereihe Atinka ist ab März bei einem Verkaufssender im Programm und auch meine Rolle als Lehrerin in der Serie „Schloss Einstein“ bei Kika TV läuft weiter. Für diese am längsten laufende Kinder- und Jugendserie im Fernsehen wird eine weitere Staffel gedreht. In dem Internat, das im Mittelpunkt der Serie spielt, unterrichte ich Geschichte und Kunst. Die Kunst und vor allem die Malerei habe ich zu Zeiten des Lockdowns wieder für mich entdeckt. Bevor ich in Köln und New York zur Schauspielschule ging, war ich ja eigentlich eine gelernte Grafikerin. Und so habe ich zuletzt richtig viele Bilder gemalt, die ich im nächsten Jahr ausstellen und verkaufen will. Der Erlös soll dann an die Aktion „wir helfen“ gehen.“

Aufgezeichnet von Norbert Ramme

1. Türchen Rolf Mützenich erzählt von seinem Albtraum

„Ich hatte einen Albtraum, der beinahe wahr geworden wäre. Mir träumte, dass die Welt vier weitere Jahre von einem Narzissten, Lügner und Soziopathen in Geiselhaft genommen würde.

Von einem Mann, der sich bis heute weigert, seine Niederlage einzugestehen und selbst vor einem Staatsstreich in der ältesten Demokratie der Welt nicht zurückschreckt.

Ich habe einen Wunschtraum: Ich träume von einer Weltmacht, die internationales Recht akzeptiert, dem Pariser Klimaabkommen und dem internationalen Strafgerichtshof beitritt, Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder wertschätzt und Verbündete wie Partner und nicht wie tributpflichtige Vasallen behandelt.

Ich bin froh, dass mein Albtraum nicht wahr wurde und weiß zugleich, dass auch mein Wunschtraum nicht vollständig in Erfüllung gehen wird. Eine Rückkehr zur guten alten Zeit wird es auch unter einem Präsidenten Biden nicht geben. Wir müssen Europa handlungsfähig machen. Denn im allerschlimmsten Fall ist die Zeit nach Trump die Zeit vor Trump.“

Rolf Mützenich

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