Hochhäuser-Kauf in ChorweilerHat die GAG grob gegen Gesetze verstoßen?

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Die Hochhaussiedlung in Chorweiler

Die Hochhaussiedlung in Chorweiler

Köln – Die Immobiliengesellschaft GAG hat mit dem Kauf mehrerer Wohngebäude in Chorweiler möglicherweise gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen. Es bestehe der Verdacht, „dass es bei dem Vorgang zu groben Verletzungen des Gesetzes“ beziehungsweise der Satzung gekommen sei, teilte das Oberlandesgericht am Montag mit. Das Unternehmen, das sich überwiegend in städtischem Eigentum befindet, müsse deshalb gegen den eigenen Willen einen Sonderprüfer in die Geschäftsunterlagen schauen lassen.

Mit seinem Beschluss bestätigte der 18. Zivilsenat die Auffassung des Landgerichts, das auf Antrag von 16 Kleinaktionären bereits im vorigen Sommer einen externen Kontrolleur bestellt hatte. Dagegen hatte der GAG-Vorstand Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht ließ sich von den Argumenten des Vorstands jedoch nicht überzeugen und ebnete den Weg für eine nachträgliche Prüfung des Immobiliengeschäfts in Chorweiler.

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47 Millionen Euro hat die GAG 2016 investiert, um insgesamt 1200 Wohnungen von der NRW-Bank zu übernehmen. Die in den 1970er Jahren errichteten Gebäude befanden sich in der Zwangsverwaltung, da der vorherige Eigentümer insolvent geworden war. Über mehr als ein Jahrzehnt hinweg wurde nur das Allernötigste repariert, der Zustand der Häuser verschlechterte sich erheblich. Auf der Grundlage eines sogenannten Betrauungsvertrages, der die Sanierung zu einer dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe erklärt, erhält die GAG 32 Millionen Euro aus der Stadtkasse. Der Stadtrat erhofft sich durch die Sanierung der Wohnblocks und eine Verschönerung der Außenanlagen positive Auswirkungen für den gesamten Stadtteil.

Der Sonderprüfer soll klären, ob das Wohnungspaket zu unangemessenen Bedingungen gekauft wurde. Erfolgte die Entscheidung tatsächlichen aus wirtschaftlichen Interessen oder etwa aus politischen Gründen? Die öffentlichen Erklärungen des Rates und des ehemaligen Oberbürgermeisters Jürgen Roters (SPD) sprächen jedenfalls „für eine von kommunalpolitischen Erwägungen getragene Einflussnahme der Stadt auf die Kaufentscheidung“, sagte der Sprecher des Oberlandesgerichts, Ingo Werner.

Die Eigentümer der GAG

Das Immobilienunternehmen GAG ist eine Aktiengesellschaft, die sich mehrheitlich im Eigentum der Stadt Köln befindet. Der Kommune gehören 88,1 Prozent der Aktien. Den zweitgrößten Anteil – 5,13 Prozent – hält die Ernst-Cassel-Stiftung, die nach einem der Gründerväter der Gesellschaft benannt ist. Hauptanliegen der Stiftung ist die Unterstützung von Mieterinnen und Mietern der GAG, die sich in einer Notlage befinden. Dafür und weitere soziale Zwecke wurden in den zurückliegenden Jahren jeweils rund 350 000 Euro ausgeschüttet. Eine Reihe von Mietern halten ebenfalls Aktien, insgesamt 1,82 Prozent. Sonstige Kleinaktionäre verfügen über 3,34 Prozent der Aktien. (adm)

Für die Bewertung des Vorgangs dürfte es eine Rolle spielen, dass der GAG-Aufsichtsrat den Erwerb der Wohnungen anfangs noch abgelehnt hatte. Der Stadtrat missbilligte den Beschluss, Roters kündigte an, er „werde dafür sorgen“, dass die Stadt als Mehrheitsaktionär ihren Einfluss geltend mache.

Die Richter beanstanden, dass das Unternehmen vor der Kaufentscheidung kein Wertgutachten erstellen ließ. Zwar stehe dem Vorstand einer Aktiengesellschaft ein weitreichendes Ermessen zu. Der Verzicht auf eines Gutachten zum Verkehrswert gebe indes „einen Anhaltspunkt für den Verdacht einer groben Gesetzesverletzung“, so das Oberlandesgericht. Vorstand und Aufsichtsrat hätten für einen möglichst niedrigen Kaufpreis Sorge tragen müssen.

„Wahrscheinliche Pflichtverletzung”

Ein derartiges Millionengeschäft hätte einer sorgsameren Vorbereitung bedurft, kritisiert die Justizbehörde am Reichensperger Platz. „Selbst ein nicht sachkundiger Dritter hätte zu erkennen vermocht, dass es an angemessenen Informationen als Grundlage für eine positive Entscheidung über den Immobilienerwerb gefehlt habe und dass der Gesellschaft daher ein ganz erheblicher finanzieller Schaden drohte.“ Die Richter sprechen von einer groben „wahrscheinliche Pflichtverletzung“. Diese hätte dazu führen können, „ das Vertrauen der Aktionäre und aller Marktteilnehmer in eine gute Unternehmensführung zu erschüttern“.

Ein weiterer Vorwurf der Kleinaktionäre betrifft die Belegungsrechte zugunsten der Stadtverwaltung. Aufgrund der Vereinbarung darf das Wohnungsamt die Mieter für 9900 der insgesamt 44.000 Wohnungen bestimmen. Es stelle sich die Frage, ob den Aktionären dadurch Nachteile entstehen.

Erfolglose Beschwerde

Die GAG kündigte nach ihrer erfolglosen Beschwerde an, die Sonderprüfung zu unterstützen. „Wir respektieren den Beschluss und streben von unserer Seite aus eine gute und reibungslose Zusammenarbeit an“, sagte Vorstandsvorsitzender Uwe Eichner.

Was die Kritik angehe, sei die GAG „aber nach wie vor überzeugt davon, dass sowohl die Übernahme der Bestände in Köln-Chorweiler als auch der Belegungsrechtsvertrag sozial geboten, technisch machbar und wirtschaftlich sind“. Das Unternehmen sei deshalb zuversichtlich. Der Sonderprüfer des Gerichts werde „die Wirtschaftlichkeit unseres Handelns“ bestätigen – so wie es zuvor „ unabhängiger Experten und Wirtschaftsprüfer“ eingeschätzt hatten.

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