Hüter der ZeitChristian Schnurbus zieht regelmäßig die Uhr des Kölner Doms auf

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Dom-Uhrmachermeister Christian Schnurbus im Kölner Dom

  • Die Domuhr im Südturm ist von vielen Orten aus in Köln zu sehen. Sie gilt als Meisterwerk der Technik.
  • 140 Jahre und rund 1,2 Millionen Betriebsstunden zeigt die Uhr bereits die Zeit an – und geht immer noch sekundengenau.
  • Als Domuhrmacher ist Christian Schnurbus ist für ihre Wartung und Pflege verantwortlich.

Köln – Im Katalog der Königlich Bayerischen Hof-Thurmuhren-Fabrik Johann Mannhardt in München stand, das Produkt eigne sich „für mittlere Türme mit größeren Zeigerleistungen“. Das hielt Dombaumeister Richard Voigtel 1878 nicht davon ab, für den Südturm des Kölner Doms, der schwerlich als nur mittelgroß gelten kann, die Fertigung einer solchen Uhr ins Auge zu fassen. Er war auf der Suche nach einem Werk, „das neben allen Vollkommenheiten der neueren Technik und dem hierdurch herbeigeführten richtigen Gang auch den Vorteil bietet, dass die Uhr nur alle 3 oder evt. alle 8 Tage aufgezogen zu werden braucht“, wie es in einem Brief an das Domkapitel heißt.

Die Beschreibung im Katalog kam seinem Wunsch entgegen: „Thurmuhrenwerk mit frei schwingendem Pendel, 30 Stunden gehend“ und mit „Viertelstunden- und Stundenschlag“. Im April 1880 ging die Uhrenanlage in Betrieb. 140 Jahre und rund 1,2 Millionen Betriebsstunden später konstatiert Domuhrmacher Christian Schnurbus: „Die Uhr geht sehr genau für ihr Alter.“ Innerhalb einer Woche überschreite die Abweichung nie einen „einstelligen Sekundenbetrag“.

Der 34-Jährige muss es wissen, denn er ist mit Wartung und Pflege der Uhr betraut, zieht sie regelmäßig auf, wobei er sich mit Mitarbeitern der Domturmbesteigung abwechselt, und einmal hat er sie sogar komplett auseinandergenommen.

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Domuhr in Köln funktionierte nicht richtig

Hauptberuflich leitet Schnurbus, der in Düsseldorf wohnt, die Werkstatt eines Kölner Juweliers. Er ist nicht nur Uhrmachermeister, sondern hat auch eine Weiterbildung zum Restaurator abgeschlossen. Unter anderem hat er am Peterhof in St. Petersburg Uhren aus der Zarenzeit restauriert, und in Schloss Benrath ist er Restaurator für die Uhrensammlung. 2017, bei einer Besichtigung des Kölner Doms, sah er die Mannhartd’sche Uhr zum ersten Mal und erkannte, dass sie nicht richtig funktionierte. Vom Domkapitel erhielt er den Auftrag, sie zu restaurieren. Die erste große Reparatur hatte 1989 ein niederländische Firma vorgenommen. „Kleinod“ nennt Schnurbus das Uhrwerk, das im ersten Obergeschoss des Südturms in einem neogotischen Eichenholzgehäuse steht.

Die Domuhr gehört zu den wenigen Mannhardt-Turmuhren, die noch in Betrieb sind; ein stillgelegtes Exemplar befindet sich in St. Maria Lyskirchen. Solche Turmuhren waren im 19. Jahrhundert sehr begehrt, denn ihr freischwingendes Pendel machte es möglich, dass sie wetterunabhängig mit großer Präzision liefen. Das taten sie zum Beispiel im Petersdom in Rom, in der Frauenkirche in München und im Roten Rathaus in Berlin.

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Die Vorgängeruhr, 1787 installiert, habe wegen ihrer Ungenauigkeit immer wieder für Klagen gesorgt, erzählt Schnurbus. Oft musste sie repariert werden. Die Nachfolgeruhr, die im Jahr der Domvollendung zu schlagen anfing, blieb von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont. Allerdings wurde das zweiseitige Zifferblatt im Innenraum des Doms zerstört. 1989 wurde es nach alten Vorlagen aus dem Archiv einseitig rekonstruiert.

Angetrieben wird die Uhr von drei Eisengewichten, die unterhalb des Turmgewölbes hängen und zum Aufziehen hochgekurbelt werden müssen. Über Seilzüge ist das Uhrwerk mit Hämmern verbunden, die weithin hörbar auf zwei Glocken aus dem Domgeläut schlagen. Eine Verbindung besteht auch zu zwei kleinen Glocken unterhalb des Zifferblatts. Mit Hilfe einer Magnetsperre kann das Schlagen im Inneraum verhindert werden, so dass bei Gottesdiensten Ruhe herrscht. 2018 war die Uhr acht Wochen lang stillgelegt. Schnurbus zerlegte das komplexe Werk daraufhin in seine Einzelteile, reinigte und restaurierte die gesamte Anlage. 

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