Lärm in Köln-NippesICE hupen zu Testzwecken auch nachts

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ICE bei der Wartung in einer Werkstatt.

ICE bei der Wartung in einer Werkstatt.

Longerich/Bilderstöckchen – Das im Februar 2018 eröffnete ICE-Werk auf dem Bahndamm zwischen Bilderstöckchen und Longerich sollte eigentlich laut Zusicherung der Bahn ein guter Nachbar sein, rief sich SPD-Mandatsträger Winfried Steinbach ins Gedächtnis. „Wir erinnern uns alle daran, als die Projektleitung uns vortrug, wie toll diese Hallen werden und wie wunderbar sie den Schall absorbieren“, erinnerte er sich an die Aktuelle Stunde in der Bezirksvertretung Nippes vor einigen Jahren, als die DB ihr 220-Millionen-Euro-Projekt erstmals vorstellte. „Niemand in der Umgebung, ob in Bilderstöckchen oder Longerich, würde etwas vom Werk mitbekommen; es wäre alles auf dem neuesten Stand der Technik.“

Doch die Nachbarn, insbesondere in der nah zu den Gleisen gelegenen Longericher Katholikentags-Siedlung, erleben den Alltag neben dem ICE-Werk ein kleines bisschen anders. Weil laut Bahn die Makrofone – die Hupen der Züge – täglich überprüft werden müssten, sind die Anwohner mit nächtlichem Lärm konfrontiert: Die Lokführer testen sie vor ihrer Einfahrt ins Werk, oder beim Warten auf einen Platz in den Hallen, auf offenem Gleis aus. Sie haben eine Mindest-Lautstärke von 125 Dezibel. Entsprechend schrecken die Nachbarn regelmäßig aus dem Schlaf; eine Anwohnergruppe in der Geschwister-Scholl-Straße wehrt sich seit Jahren gegen die Belästigung (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete).

Inmitten der Wohnbebauung

Nun eilen die Politiker den Betroffenen zur Seite: Einstimmig beschlossen sie auf SPD-Antrag die Forderung an Verwaltung, Eisenbahn-Bundesamt und die Bahn selbst, „dafür Sorge zu tragen, dass die Prüfung des Makrofons auf dem ehemaligen Verschiebebahnhof Nippes nicht länger im Freien inmitten der Wohnbebauung, sondern an geeigneter Stelle, wo Menschen nicht in der Nachtruhe gestört werden können, stattfindet“. Etwa während der täglichen Fahrten durch die Republik, tagsüber und auf freiem Feld.

Von der Stadt geht Unterstützung für das Anliegen aus. Man sei der Ansicht, „dass die Funktionsprüfung unabhängig von den durchgeführten Wartungsarbeiten auch auf der Strecke durchgeführt werden kann und nicht zwangsläufig nach jedem Werkstattbesuch, bzw., zu jedem Beginn eines ICE-Fahrvorganges durchgeführt werden muss“, teilte das Umwelt- und Verbraucherschutzamt mit. Die für den Bau eingereichten Lärmgutachten enthielten die Makrofon-Tests ausdrücklich nicht. Man habe die DB bereits mehrfach um Abhilfe gebeten. Immerhin habe die Bahn im Juli schriftlich angekündigt, dass sie prüfen werde, ob der Prozessablauf des Makrofontests geändert werden kann, so die Verwaltung. Eine direkte Handhabe hat die Stadt gegen die Bahn jedoch nicht – jene hätte nur das Eisenbahn-Bundesamt.

Misstrauen ist groß

Bei den Politikern ist das Misstrauen jedoch groß. „Ich frage mich langsam, ob das Eisenbahn-Bundesamt nur noch eine Genehmigungsbehörde ist, oder ob es tatsächlich seine Kontrollfunktion wahrnimmt“, schimpfte Steinbach. Und an die Adresse der Anwohner: „Wenn Sie einen Anwalt konsultieren, haben Sie vor Gericht beste Chancen. Was die DB dort macht, ist illegal, zumindest sagt das Verbraucherschutzamt dieses.“

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