Identifikation mit Köln-BocklemündDie Foto-Lovestory stärkt die Liebe zum Veedel

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 Lilia Weirich (v.l.), Dominik Siebel und Sonja Langner hatten die Idee zur Foto-Lovestory Bocklemünd. 

  • Warum es in Bocklemünd so schön ist, erzählen die Bewohner selbst.
  • Die Idee zur Foto Lovestory hatten die Macher des Mode-Kollektivs.
  • Jeder, der wollte, konnte dazu eine Geschichte oder Bilder beisteuern.

Bocklemünd/Mengenich – Als Kölner „In-Viertel“ sind die Stadtteile Bocklemünd und Mengenich bislang kaum in Erscheinung getreten. Für die einen gehören die 1888 nach Köln eingemeindeten früheren Dörfer gar nicht richtig zur Stadt, weil sie außerhalb der Militärringstraße liegen. Für andere ist insbesondere das Viertel um das Görlinger-Zentrum berüchtigt, obwohl Kriminalitätsstatistiken hier keine Auffälligkeiten belegen.

Geschichten aus Bocklemünd und Mengenich

Wer hier wohnt, steht allerdings zum Viertel. Den Spruch „Bockes ist cool“ würden hier etliche als Spruch auf einem T-Shirt tragen. So war es für die Macher des Projekts Foto-Lovestory Bocklemünd beinahe ein Leichtes, eine Vielzahl von Liebeserklärungen und Geschichten aus Bocklemünd und Mengenich zusammenzutragen. Ein kleines Lockmittel brauchte es allerdings schon. „Wir haben als Motto ausgegeben „Waffel gegen Geschichte‘“, erzählt Dominik Siebel vom Verein „Mode-Kollektiv“. Kaffee gab es außerdem, so ergaben sich immer wieder gemütliche Gesprächsrunden. Ziel war es, professionelle Studioporträts von den Teilnehmern anzufertigen, sowie möglichst viel an Schilderungen zu notieren.

Ausstellung beim Mode-Kollektiv 

Die daraus entstandene Ausstellung in den Laden- und Werkstatt-Räumen des „Mode-Kollektivs“ im Görlinger-Zentrum 18 zeigt Gesichter aus dem Stadtteil, die schon selbst eine Fülle von Geschichten erzählen. Hinzu kommen Sprüche, Anekdoten und Geschichten sowie einige Bilder und Dokumente aus privaten Alben: „Foto-Lovestory Bocklemünd“.

Gefragt nach Geschichten, sprudelte es aus manchen nur so heraus. Viele Bewohner der auf Mengenicher Gebiet erbauten Siedlung um das Görlinger-Zentrum erinnerten sich an die Anfänge Mitte der 1960er-Jahre. Bei den einen waren es die Äcker, die man noch für kurze Zeit sah, ehe auch sie zu Bauland wurden. Bei anderen, wie Hermann Labezki, haben sich Kindheitserinnerungen eingeprägt. „Es gab einen Dorfsheriff, der hat für uns Äpfel geklaut“, beginnt er. Ein bisschen anders war es dann aber doch. Klauen wollten nämlich Hermann und seine Freunde.

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Als sie Anstalten machten, bei einem der Bauern, die es damals noch im alten Teil von Bocklemünd gab, über den Zaun zu steigen, konnten sie von Glück sagen, dass sie der Dorfpolizist dabei erwischte. „Passt bloß auf. Mit dem Bauern ist nicht zu spaßen“, warnte er. Er selbst klingelte dann am Hoftor und organisierte einige Äpfel für die Kinder. Andere Orte zum Spielen fanden Hermann und die anderen in Bunkeranlagen in der Umgebung. „Einmal hat sogar jemand eine Fliegerbombe gefunden und mit der Schubkarre aufs Polizeirevier gebracht“, berichtet er.

Fotos aus privaten Alben

Sonja Langner gehörte zum Team, das die Fotos und Interviews anfertigte. In der Jugend hat sie mit der Familie ein paar Jahre in der Siedlung gewohnt. Umso erfreuter war sie, als sie auf einem der alten Fotos, die Teilnehmer aus ihren privaten Alben für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hatten, die alte Lokomotive entdeckte, die früher am Buschweg stand. „Das war unser liebster Spielplatz“, erzählt sie. Heutzutage sei es ja gar nicht mehr möglich, einfach eine ausgediente Lok als Spielgerät aufzustellen. Nun könne sie endlich auch ihren Kindern zeigen, wo sie früher gespielt habe. „Die haben mich immer ungläubig angeschaut“, sagt sie.

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Christiane Linke hat Stickbilder beigesteuert.

Christina Linke kam im Mai 1989 nach Bocklemünd. Im Gepäck hatte sie drei Dutzend kleine Kunstwerke, von denen sie einige in die Ausstellung gab. Das Lovestory-Projekt war für sie eine Art Zeitreise. „Wir kommen aus Erfurt“, erzählt sie. Mehrere Jahre habe sie warten müssen, bis ihr Ausreisewunsch in Erfüllung ging. Halt fand sie immer wieder in der künstlerischen Arbeit an ihren Stickbildern. Blumen und Landschaftsmotive fertigte sie in akribischer Arbeit an. Ein Tischler fasste die Bilder in stabile Rahmen aus Buchenholz. In Bocklemünd habe sie mit ihrem Mann am Buschweg eine neue Heimat gefunden und gemeinsam ein neues Leben aufgebaut. Arbeit fand sie in Ehrenfeld. „Ich war noch in der Kaufhalle an der Venloer Straße“, sagt Christiane Linke. Und das klingt ein bisschen stolz.

Bocklemünd, das Kölner In-Viertel

Stolz auf ihren Stadtteil sind Marie-Luise und Wolfgang Lenhart. Beide sind im Vorstand der Siedler-Interessengemeinschaft aktiv. Darin sind die Eigenheimbesitzer des Stadtteils organisiert. Auf das Viertel und seine Menschen lassen sie nichts kommen. „Hier im Ort tut sich unheimlich viel, aber wir machen kein Gedöns darum“, sagt Marie-Luise Lenhart.

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Dominik Siebel (l.)  interviewt hier Marie-Luise und Wolfgang Lenhart.  

Die Siedler-Interessengemeinschaft hat eine über 50-jährige Geschichte. So alt wie das Viertel um das Görlinger-Zentrum. Erst kürzlich, so erzählen die Lenharts, seien sämtliche Protokolle und Unterlagen des Vereins an das Stadtarchiv übergeben worden. „Die waren so erfreut und haben hinterher ein ausführliches Dankschreiben geschickt“, berichtet Wolfgang Lenhart. Einer von vielen Momenten, in denen überzeugten Bocklemündern wie ihm mal wieder klar wird, wo ihr Kölner „In-Viertel“ liegt.

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