In BaugrubeArchäologen entdecken antike Fundamente und Knochen am Domhotel

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Tierknochen, unter anderem die eines Hundes

Köln – Das Stück eines antikes Puzzles: acht mal zehn Meter groß, vier Meter unter dem Niveau der vorbeistrebenden Hohe Straße gelegen, die ja vormals der cardo maximus war, die rund 1000 Meter lange Nord-Südachse des römischen Köln. Die Adresse Wallrafplatz Nummer 6 ist nur noch Lücke am Rande einer großen Baugrube hinter der ausgesteiften Fassade des Dom-Hotels. Arbeiter unterfangen die Fundamente benachbarter Gebäude, Bagger gehen in die Tiefe und ein archäologisches Grabungsteam kratzt und pinselt auf einem letzten Fleck Antike.

„Tagesgeschäft“ nennt das Markus Trier, Direktor des benachbarten Römisch-Germanischen Museums und Leiter der Kölner Bodendenkmalpflege. Nur eine von jährlich rund 60 Maßnahmen seines Amts – aber auf prominentem Grund neben Dom und Dionysos Mosaik. „Wir wussten, was uns hier erwartet“, erklärt Trierer bei der gestrigen Begehung. „Zur Römerzeit war hier eine enge Bebauung mit kleinen, zweigeschoßigen Wohn- und Geschäftshäusern. Schmale Front zur Hauptstraße hin, lange Parzellen hinten raus, so wie man es auch aus Pompeji oder Herculaneum kennt.“

Für den Laien unscheinbar, für den Archäologen vielversprechend: Mindestens fünf römische Bauphasen sind noch nachweisbar. Dirk Schmitz, Abteilungsleiter der Kölner Bodendenkmalpflege, zeigt Funde aus der frühen römischen Besiedlung Kölns im ersten Jahrzehnt vor Christi Geburt bis in die Spätantike des 4. Jahrhunderts. Gefunden wurden Reste eines Holzbaus aus augusteischer Zeit: farbige Schatten von Balken, die einst im Lehmboden als Untergrund der Fachwerkhäuser dienten. Auch Pfostenlöcher sind noch zu sehen. Im späten ersten Jahrhundert dann die Phase, in der mit Stein gebaut wurde: Reste von Kellermauern, ein Abwasserkanal, den die Archäologen bereits von anderen Grundstücken kennen. Die im 3. und 4. Jahrhundert verfüllten Keller sind noch nicht vollständig ausgehoben.

Das Verfüllmaterial wird akribisch durchsucht, weil es hilft, die Zeit der Überbauung zu datieren. Gefunden wurden Marmorteile einer Wandverkleidung, ein Hinweis auf einen gehobenen Wohnstil, Säulenreste; Rinderknochen, Keramikscherben von Alltagsgeschirr wie Becher, Krüge, Kochgefäße auch aus der Trierer Region. Und Hundeknochen. Wenn es sich denn herausstellt, dass es die Knochen eines einzigen Skeletts sind, dann „lag im Keller der Hund begraben“, so Schmitz.

Anfang Juli haben die Archäologen begonnen. Sie haben noch maximal drei Monate Zeit auf dem Gelände. Birgt der Untergrund des abgerissenen Domhotels noch Überraschungen? Die Baufläche hat immerhin ungefähr 1700 Quadratmeter. Davon seien aber nur noch Teile mit Archäologie, so Trier. Das Dom-Hotel war an manchen Stellen zweigeschossig unterkellert. „Da ist höchstens noch ein Brunnen oder eine sehr tiefreichende Latrine zu finden. Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit archäologisch tot.“

Wo ist das Amphitheater?

Bislang also keine Sensationen, aber doch eine Bestätigung bisherigen Wissens. Von den 180 Hektar Fläche zur Hochzeit der römischen Stadt um das Jahr 200 „kennen wir das Straßenraster, die großen öffentlichen Anlagen entlang der Rheinfront, die Wasser- und Getreidespeicher, die Wohn- und Gewerbeeinheiten ziemlich gut. Nur das Amphitheater haben wir noch nicht gefunden.“

Und wie ist dieser antike Restfleck zu bewerten? „Wir sind ja noch dabei. Wie sagt der Arzt zum Patienten: Am Telefon und in der Hose – keine Diagnose“.

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