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In der Corona-KriseKölner OB Reker will Autospuren für Radfahrer freigeben

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Ein Arbeiter richtet einen „Pop-up-Radweg“ in Berlin ein.

Köln – Die Stadtverwaltung möchte für die Zeit der Corona-Pandemie verstärkt Autospuren für Radfahrer freigeben. Damit einher ginge ein großflächiges Tempo-30-Gebot auf den betreffenden Straßen. Die in der Coronaschutzverordnung des Landes NRW festgesetzten Abstands- und Hygieneregeln stellten Radler und Fußgänger „vor besondere Herausforderungen“, weil nicht überall auf den Geh- und Radwegen genug Platz sei, begründet Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Zudem sei der Autoverkehr seit Beginn der Corona-Pandemie in Köln 50 Prozent zurückgegangen, der Radverkehr habe dagegen um fünf Prozent zugenommen.

Deshalb hat Reker in einem Brief NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) gebeten, die Möglichkeit zu schaffen, die Radwegbenutzungspflicht „innerorts grundsätzlich aufheben zu können, um die Verkehrsverhältnisse auf den Radwegen schnell entzerren zu können“, heißt es. Die Kommunen sollten „generell ermächtigt werden, Radfahrpiktogramme auf die Fahrbahnen auftragen zu dürfen“, schreibt Reker an Wüst. Daran sei die Stadt Köln aktuell aufgrund aktueller Erlasslage gehindert. Um auf den Straßen, die dann von Radlern mitgenutzt würden, sicherer Verkehrsverhältnisse zu schaffen, müsste „temporär die Höchstgeschwindigkeit innerhalb der geschlossenen Ortschaft grundsätzlich und ohne Anpassung der Beschilderung auf 30 Stundenkilometer begrenzt werden“, sagt Reker weiter.

Prüfung nach Corona

Zudem solle nach dem Ende der Pandemie geprüft werden, welche der neu ausgewiesenen Radspuren beibehalten werden können, sagt Reker. Bedingung sei, dass sich die Spur „grundsätzlich vorteilhaft für den Rad- und Fußverkehr und zumindest nicht ausschließlich zum Nachteil des Kfz-Verkehrs“ auswirke. Welche Straße genau die Oberbürgermeisterin für die provisorischen Spuren im Auge hat, darüber machte die Stadt auf Anfrage keine Angaben.

Alles zum Thema Henriette Reker

Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK) sagte zu Rekers Initiative, „ein pauschales Tempo-30-Gebot in der ganzen Stadt“ sei „der falsche Ansatz“, um Köln für Radler attraktiver zu machen. „Insbesondere auf den Hauptverkehrsstraßen macht Tempo 30 keinen Sinn – auch dann nicht, wenn wegen der Corona-Krise temporär weniger Verkehr herrscht“, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Soénius.

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„Wir wollen nicht überall auf Teufel komm raus die Radwegebenutzungspflicht aufheben und Tempo 30 anordnen“, betonte Verkehrsdezernentin Andrea Blome am Dienstag beim Verkehrsausschuss. „Es geht darum, dass wir das Land bitten, die Bestimmungen für Tempo 30 etwas niederschwelliger zu machen.“ Nach Corona-Phase solle dann der Stadtrat entscheiden, wo die neuen Radwege und Tempo-30-Zonen beibehalten werden, sagte Blome.

Pop-up-Radwege in Berlin

Dirk Michel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, kritisierte die Idee und möchte nicht, dass „ungeprüft überall auf Kölns Straßen Tatsachen geschaffen werden, die zu einer Verunsicherung der Verkehrsteilnehmer führen können“. Lino Hammer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, begrüßt den Vorstoß grundsätzlich und verweist darauf, dass etwa für Magnus- und Christophstraße schon seit längerer Zeit Beschlüsse zu Temporeduzierung und Radspuren vorlägen. Der Vorstoß Rekers entspricht den „Pop-up-Radwegen“ in Berlin. In der Hauptstadt wurden vor einigen Tagen mit gelber Farbe provisorisch Radwege verbreitert oder Autospuren den Radlern zugeschlagen. Gründe sind auch hier, dass der in der Corona-Zeit der Radverkehr zunehme und es Raum geben müsse, um die Mindestabstände einzuhalten.

Das NRW-Verkehrsministerium hat sich derweil noch nicht mit dem Schreiben aus Köln befasst. „Wir mussten lange nach dem Brief suchen und haben schließlich ein Fax gefunden“, sagte eine Sprecherin der Behörde. Der eigentliche Brief sei wohl noch auf dem Postweg und habe die entsprechende Fachabteilung noch nicht erreicht.

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