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„Bezahlung ist unterirdisch“Kölner übernimmt Maternus-Buchladen an der Severinstraße

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Gerrit Völker setzt auf seine neue Etage mit Kinderbüchern. 

Südstadt – „Amazon ist möglicherweise nicht mein größter Konkurrent. Ich glaube, das ist eher Netflix. Serien gucken bindet Zeit.“ Gerrit Völker hat die Maternus-Buchhandlung an der Severinstraße übernommen. Bernhard Broich und Ursula Jünger sind in den Ruhestand getreten und haben ihrem früheren Einkäufer die Buchhandlung verkauft.

„Die Abstandssumme, die bei solchen Übernahmen zu zahlen ist, setzt sich aus zwei Posten zusammen. Zum einen ist es der Buchbestand, zum anderen machen die Lieferverträge zum Beispiel mit Schulen den Wert des Ladens aus“, erklärt Völker.

Kölner Stammkunden sind geblieben 

Natürlich leidet auch der Buchhandel unter den corona-bedingten Einschränkungen. Aber der studierte Literaturwissenschaftler macht das Beste draus. „Ich gebe telefonische Empfehlungen. Die Leute holen dann die bestellten Bücher ab.“ Die Stammkunden kommen weiterhin. „Wir als Buchhandlung im Veedel erreichen die Leute weiterhin gut. Läden in Kleinstädten haben es im Moment schwerer.“

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Aber auch Völker hat Probleme. „Der Umsatz, den wir gerade machen, ist teuer. Einzelbestellungen beim Großhandel kosten mehr als größere Bestellungen bei den Verlagen.“ Und was wird aktuell gekauft? Gefragt seien gesellschaftsrelevante Themen. Auch Sachbücher zu den Themen Rassismus und Antirassismus gingen gut. „Es gibt auch sehr gute, nicht ideologische Bücher über den neuen Feminismus, die nicht nur Frauen lesen.“ Völker hat eine massive Verjüngung der Leserschaft in der Maternus-Buchhandlung in den vergangenen Jahren erlebt. „Das hat mich bestärkt, das Geschäft zu übernehmen.“ Die Buchhandlung ist ein Familienprojekt.

Arbeit mit Herzblut 

Völkers Frau ist momentan in Elternzeit und hilft mit. Aber es ist nicht alles Gold. „Die Bezahlung von uns Händlern ist unterirdisch. Die Marge auf Bücher ist sehr gering. Es wird immer erwartet, dass man viel Herzblut einsetzt. Aber vergessen Sie nicht: Davon muss eine Familie leben.“

Trotzdem gibt Völker als Ziel aus, jemanden einzustellen. Die Entwicklung der Severinstraße sieht Völker positiv. „Das Severinsviertel war immer sehr kölsch. Ich glaube, das passt nicht mehr wirklich in die Strukturen einer Großstadt.“

Kinderbücher, Comics und Veranstaltungen stehen auf dem Plan 

Der Händlermix an der Severinstraße habe sich sehr gut entwickelt. Es seien neue Cafés eröffnet worden. Auch die drei neuen Fahrradläden seien eine Bereicherung. Auch die Maternus-Buchhandlung wird sich verändern. Völker baut gerade um. Die größte Veränderung ist die neue Etage, die eröffnet wird, wenn die Geschäfte wieder auf sind. „Viele Kunden wissen nicht, dass es diese Etage gibt. Hier werde ich Kinderbücher anbieten. Und Comics. Auch kleinere Veranstaltungen sind möglich“, wirft Völker einen Blick in die Zukunft.

Unverändert bleibt die individuelle Kunden-Beratung. Aber wie und wieviel liest eigentlich ein Buchhändler. „Mindestens zwei Stunden. Ich lese kursorisch. Wichtige Bücher natürlich intensiv. Ich bin übrigens ein eher langsamer Leser.“

Völker blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft. „Irgendwann wird es wieder Lesungen geben und die Maternus-Buchhandlung wieder ein Ort der Begegnung und des Austauschs sein.“ Die unvermeidliche Frage an einen Buchhändler zum Schluss. Was empfiehlt er aktuell? „Ottessa Moshfegh: Der Tod in ihren Händen. Helon Habila: Reisen. David Schalko: Bad Regina. Alle beziehbar über den örtlichen Buchhandel.“

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