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Gerling-QuartierHistorisches Archiv wird zum Hotel

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Das alte Stadtarchiv im Gereonsviertel wird als Hotel wiedereröffnet.

Das alte Stadtarchiv im Gereonsviertel wird als Hotel wiedereröffnet.

Köln – Noch ist es ein Privileg, die Gebäude überhaupt betreten zu dürfen. Mitten im Gereonsviertel, das sein Gesicht derzeit rasant verändert. Doch spätestens Ende Mai wird das alte Historische Archiv der Stadt, ein neugotischer Bau aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, der seit den 1970er Jahren im Dornröschenschlaf versunken war, die ersten Gäste willkommen heißen. Gleiches wird für die benachbarte Kapelle des Heiligen Josef aus dem Jahr 1863 gelten.

Ermöglicht haben das Johannes Berglar, geschäftsführender Gesellschafter der Immobilienfirma Turris, und Michael Kaune, Kaufmann, Verleger, Kommunikationsfachmann und Galerist, dessen Ideen schon manchem Unternehmen neue Märkte erschlossen haben. Für Gaffel hat der 43-Jährige, der im Gereonsviertel aufgewachsen ist, den Sonnenhopfen entwickelt. Gerade startet er mit Mamma Nero, einem Kölner Kräuterlikör, den nächsten Versuch, ein Produkt im Markt zu etablieren.

Aber ein Hotel? Auf seinen vielen Reisen habe er immer die gleiche Erfahrung gemacht: „Hotels, die außergewöhnlich gut und anders sind, werden immer von Menschen geführt, die nicht aus der Branche kommen.“

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Ideen aus Paris

In 15 Jahren sei deshalb die Idee gereift, selbst ein Hotel zu planen. Ursprünglich in New York geplant, „weil ich dort über viele Jahre sehr häufig war und viele schöne Häuser gesehen habe“. Aber dann habe er erkannt, dass im Gerling-Quartier mit diesen beiden Gebäuden eine wohl einmalige Kombination mit Kunst und Kultur möglich ist. „Mir geht es darum, einen Raum zu schaffen, in dem Austausch stattfindet. Das Design wird der Orientierungspunkt sein. Das muss man nicht in Werbebroschüren schreiben. Das passiert von selbst. Es gibt viele Orte auf der Welt, wo die richtigen Menschen zusammenkommen.“

„The QVEST hideaway cologne“ – hinter diesem sperrigen Namen, der auf die von Kaune herausgegebene Hochglanz-Zeitschrift für Mode und Interieur zurückzuführen ist, wird das Historische Archiv einer neuen Bestimmung zugeführt. Alle 34 Zimmer und Suiten des Boutique-Hotels sind individuell gestaltet mit Objekten aus den 1950er und 1960er Jahren, die in der Kunstszene heute als Mid-Century-Design bezeichnet werden. „Das wird sehr lebendig aussehen, ein Ort, an dem man gerne verweilt und sich einfach nur wohlfühlt.“

Ein paar Details: die schwarzen Fliesen in den Bädern sind der Pariser Metro nachempfunden, in der Bar wird eine alte Vitrine von Wilhelm Riphahn ihren Platz finden. Auf Fernseher muss der Gast verzichten, dafür wird es eine Bibliothek mit Büchern zu Kunst, Fotografie und Architektur geben sowie Schallplattenspieler, weil es „für viele Gäste ein emotionales Erlebnis ist, eine Vinylplatte in den Händen zu halten“, sagt Kaune. Ihm sei es nicht schwer gefallen, sich mit der Gestaltung zu beschäftigen. „Design und Interieur sind meine Leidenschaft.“

Blick auf St. Gereon

Aus der 100 Quadratmeter große Suite fällt der Blick auf St. Gereon. Die gut erhaltene Decke aus Tannenholz im benachbarten Schlafraum ist eine Sensation, stammt sie doch aus dem Jahre 1390 und befand sich einst im Hause eines Goldschmieds auf der Hohe Straße. Drei Monate haben sie Studenten der Universität Köln untersucht. In die benachbarte Kapelle wird Kaune mit seiner Galerie für zeitgenössische Fotografie ziehen, die seit sechs Jahren in der Albertusstraße ansässig ist.

Kommen wir zurück zu den ganz profanen Dingen, die mit dem Betrieb in Verbindung stehen. Die Zimmerpreise des Boutique-Hotels werden bei 150 Euro beginnen, die Bar mit 40 Plätzen wird auch für Nicht-Hotelgäste geöffnet sein. Gleiches wird für das Frühstück gelten. Ein Restaurant wird es nicht geben, „weil ich das Niveau, dass wir in einem derart kleinen und edlen Haus anbieten, mit der Küche gar nicht halten könnte“, sagt Kaune. „Ich kenne viele gute Gastronomen in der Umgebung, die immer Platz für unsere Gäste haben werden.“

Nach der Bauabnahme am 17. März will sich Kaune mit Ruhe dem Interieur widmen. Ein Haus dieser Qualität zu gestalten, brauche einfach Zeit. „Ich habe mehrere Nächte hier verbracht und alles auf mich wirken lassen. Manchmal sehr zum Leidwesen des Generalunternehmers.“ Türgriffe, Lichtschalter, Fliesen oder Fensteroliven – alles handverlesen. Das sei zwar alles teuer, „aber es rechnet sich am Ende doch“. Er habe immer die Erfahrung gemacht, „dass alles, was eine Qualität hat, auch angenommen wird“. Das habe er schon 1991 gespürt, als er in New York einer der ersten Gäste im von Ian Schrager erbauten Paramount-Hotel war. „Ich hatte das kleinste Zimmer. Aber es war eingerichtet von Philippe Starck, was damals etwas Besonderes war. Ich bin durch die Halle spaziert und fand es cool, dass alle Mitarbeiter in Klamotten von Helmut Lang oder Donna Karan Klamotten herumliefen. Das ist nicht bloß eine Unterkunft. In solch einem Haus erfährt man ein Lebensgefühl.“

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