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Die Kölner Macher hinter Le BlocWie das hippe Fest im Belgischen Viertel funktioniert

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Casting für eine Le-Bloc-Modenschau

Köln – Le Bloc – was ist das, fragte neulich ein Freund aus Hamburg. Wenn man Le Bloc dann beschreiben muss, kommt man ganz schnell in Erklärungsnot. Mit einem Satz ist es nämlich nicht getan. Ist es ein Modefest? Ein Straßenfest, ein Veedelsfest? An alle Hamburger: Das Veedel ist ein Stadtviertel, in diesem Fall ist vom Belgischen Viertel die Rede, wo Le Bloc nämlich stattfindet. Früher waren in den verzweigten Straßen Handwerker ansässig, heute sind es eher viele kleine Modeboutiquen und Designer, die den Charme ausmachen – jenseits der Ketten und des Mainstreams hinterm Ring.

Und weil eben für viele Samstagseinkäufer die Autoschneise Ring ein Hindernis bedeutet und sie selten an den Brüsseler Platz vordringen, haben sich vor zehn Jahren die damals noch sehr wenigen Modedesigner und Shopbesitzer zusammengetan und überlegt, wie man die Besucher ins Veedel locken könnte. Mit einem Modefest? Mit einem Straßenfest? Mit einem Veedelsfest? Ja. Irgendwie ist Le Bloc eine Mischung aus allem, ein Design- und Modefest im Veedel. Es werden Hinterhöfe geöffnet, Pop-up-Stores aufgeklappt, DJs zwischen Kleiderstangen installiert und die Kirche St. Michael zum Laufsteg umfunktioniert. Mehr als 60 Shops und Designer sind mittlerweile dabei. Am kommenden Samstag, 9. Juni, ab 12 Uhr, ist es wieder soweit. Zum zehnten Geburtstag haben wir die Protagonisten der der ersten Stunden besucht. 

Laufsteg ohne Hindernisse - Arno Ende

Arno Ende ist Modedesigner, Fotograf und Stylist. Bei Le Bloc ist er für den reibungslosen Ablauf hinterm Laufsteg verantwortlich. „Was eine Herausforderung ist, weil wir nicht mit Profi-Models arbeiten“, sagt Ende. Er hat schon viele internationale Schauen betreut, bei Le Bloc kümmert er sich um den Zeitplan und die Choreografie. Jahrelang im Parkhaus an der Maastrichter Straße, jetzt zum zweiten Mal in der Kirche. Im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern, die sich zum Teil wochen- bis monatelang auf den einen Samstag im Jahr vorbereiten, beginnt Endes Engagement jedes Jahr erst kurz vor dem Termin. Rund drei Tage beschäftigt er sich dann mit Le Bloc und plant den Lauf. „Das schwierigste ist, alle Models mit den Looks der Boutiquen und Designer zu koordinieren. Manche sind mehr gefragt, manche weniger.“ Aber schließlich geht immer alles auf. Und das schöne Gefühl, dass trotz der zum Teil schwierigen Bedingungen alles funktioniert und die Stimmung gut ist, motiviert zum Weitermachen. Jahr für Jahr.

Alles zum Thema Brüsseler Platz

Köln und noch viel mehr - Judith Schmitt

Seit zehn Jahren hält Judith Schmitt als Koordinatorin beim Veranstalter – dem Stadtrevue-Verlag – die Le-Bloc-Fäden in der Hand. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern, ist Mit-Erfinderin des Mode- und Designfestivals und kümmert sich mit einem kleinen Team um Teilnehmer, Sponsoren , Genehmigungen. Gemeinsam koordinieren sie die Modenschau und integrieren die Anwohner. „Im Prinzip ist der eine Tag Veranstaltung ein Ganzjahresprojekt“, sagt Schmitt. Sie ist Mädchen für alles sozusagen. „Das Thema Lärm und Müll am Brüsseler Platz ist wirklich sensibel und die Bedürfnisse der Anwohner versuchen wir Jahr für Jahr noch besser zu berücksichtigen.“ Deshalb bleibt Le Bloc auch im Jahresrhythmus bestehen, die Schlagzahl soll nicht erhöht werden. Vielmehr arbeitet Schmitt am Konzept und der Weiterentwicklung des Festivals.

Anlässlich der Geburtstagsedition hat Schmitt The NRW Design Issue (TNRWDI) eingeladen und öffnet so das Kölner Fest für Modedesigner aus ganz Nordrhein-Westfalen. „Perspektivisch wollen wir das auch so weiterführen und ebenfalls mit den Kunstgalerien auf der Rheinschiene kooperieren.“ Das Highlight aber ist und bleibt die Modenschau – der Umzug vom Parkhaus in die Kirche war von Anfang an eine Idee, die nun zum zweiten Mal realisiert wird.. Zum Jubiläum laden die Veranstalter in den Hof des Stadtrevue-Verlags zum Geburtstagskuchen – der kommt selbst verständlich aus dem Viertel, von der Torten-Manufaktur Madame Miammiam.   

Flanieren im Viertel - Christoph Hack

Für den kommenden Samstag hat sich Christoph Hack in seiner Taschen- und Ledermanufaktur etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Mit Buchstabenschablonen und Acrylfarbe können die Kunden die neu erstandenen Taschen oder bereits früher im Geschäft gekauften Taschen individualisieren, den Namen darauf drucken oder auch nur mit Initialen versehen.

„Jedes Jahr machen wir mit – das ist doch klar. Und jetzt, wo sich die Maastrichter Straße seit dem Umbau als wahres Schmuckstück entwickelt hat, erst recht.“ Hack ist schon seit 18 Jahren mit seinem Geschäft im Viertel zu Hause. Seine große Werkstatt liegt in einem Innenhof in der Antwerpener Straße, das Ladenlokal für die Öffentlichkeit zugänglicher auf der Maastrichter Straße.

Wie viele andere Unternehmer im Viertel schwärmt auch er von den jetzt breiten Bordsteinen an der Maastrichter Straße, die den Weg zwischen Ring und Brüsseler Platz vom Hindernisparcours zur Flaniermeile erheben.  

Ein Notizbuch als Unikat - Dirk Jachimsky

Diesmal ist der Buchbinder Dirk Jachimsky gar nicht offizieller Teilnehmer von Le Bloc. Aber wenn man die Protagonisten der ersten Stunde vorstellt, kommt man nicht umhin, ihn und seine nach dem Vorbesitzer benannte und von diesem auch übernommene Buchbinderei Edmund Schäfer auf der Maastrichter Straße zu erwähnen. Für die erste Ausgabe von Le Bloc, als alles noch wie ein Experiment mit Improvisationscharakter wirkte, hatte er den Auftrag, kleine Notizbücher zu machen. „Jedes handgemacht, jedes ein Unikat. Außerdem boten wir jedes Jahr Werkstattführungen an, die beim Publikum richtig gut ankamen. Im einstigen Viertel der Handwerker sind wir einer letzten Betriebe, die noch produzieren. Kürzlich schloss die letzte von einst fünf Druckereien.“

Dass er diesmal nicht von der Partie ist, stört ihn gar nicht, das heißt nicht, dass ich nie wieder teilnehme.“ Aber im Moment findet er, dass ohnehin schon zu viel Auflauf im Viertel herrscht. „Da halte ich mich mal ein bisschen zurück.“   

Das schöne Grundrauschen - Leonie Stockmann

Zehn Jahre Le Bloc, zehn Jahre Simon und Renoldi. Die beiden Gründerinnen Leonie Stockmann und Olivia Zirkel feiern Doppelgeburtstag 2018, wobei die Feierlichkeiten zum Geschäftsjubiläum erst Ende des Monats stattfinden. „Le Bloc, vor allem die Modenschau in St. Michael, erfordert viel Aufmerksamkeit“, sagt Stockmann, die man als federführendes Mitglied der Initiatoren bezeichnen kann. „Wenn wir heute auf die zehn Jahre zurückblicken, dann macht uns das schon glücklich. Am Anfang waren wir fünf, heute ist ein ganzes Viertel involviert, die Veranstaltung hat sich toll entwickelt.“ Der ursprüngliche Plan, mehr Leute ins Belgische Viertel zu locken, ist voll und ganz aufgegangen. „Wochenlang hält das Grundrauschen“, sagt Stockmann. Sie meint die gute Stimmung, die noch lange die Veranstalter beschwingt und die Besucher zur Rückkehr animiert.

Unter freiem Himmel tanzen - Demet und Hisham Taha

Wenn man sich das Belgische Viertel wie das Wohnzimmer einer guten Freundin vorstellt, dann ist Le Bloc sozusagen der Balkon dazu. Weil das Modefest nun mal mehr draußen als drinnen stattfindet.

Natürlich machen sich die Boutiquen schick, natürlich werden neue Kollektionen präsentiert und selbstverständlich gibt es auch das eine oder andere Getränk im Geschäft, aber grundsätzlich lebt das Fest von der Bewegung der Besucher. Und dass sich die Masse rührt, ist unter anderem auch Demet und Hisham Taha zu verdanken. „Special Event“ nennt das die Lingerie-Designerin, mit dem sie das Volk in die Venloer Straße 1-3 lockt. Mal bestellte sie die Burlesque-Tänzerin Kitty Gowild in ihr Schaufenster, dann Tango-Tanzpaare. „Dieses Mal kommt die Musikerin und Bluessängerin Little Red Taxi Girl mit ihrer Begleitcombo The Never Going Homes vorbei. Aber erst am Abend (ab 19 Uhr), wenn der Hauptakt vorbei ist. Und der heißt für Taha nun mal Modenschau in der Kirche. Wochenlang entwirft sie dafür und freut sich über die völlige Gestaltungsfreiheit. Dieses Mal wird sie sich beim Catwalk auf Bademode für Männer und Frauen konzentrieren, Geometrisches und Florales wird sie zeigen. Aber Ihr Highlight ist das Showpiece: „Das macht einfach Spaß zu entwerfen – mehr Federn, mehr Pailletten, nicht unbedingt für den Hausgebrauch, eher was für Bühne oder Film, oder den egozentrischen Hausgebrauch“, sagt Demet Taha und lacht.  

Der Mann fürs Logo - Hon-Tai Shiau

Alle am Brüsseler Platz kennen Hon-Tai. Bei gutem Wetter sieht man ihn häufig mit seinem kleinen Chihuaua Kenny vor seiner Boutique sitzend – dem Conceptstore Bob 10.5.10. Kundschaft, die zum ersten Mal das Geschäft für Herrenmode mit Parfum und Accessoires betritt, denkt natürlich, der Besitzer heißt Bob und der 10.5.10 sei das Eröffnungsdatum. Tatsächlich sind es aber die Essenszeiten seines ersten Hundes Bob(by) – zehn Uhr morgens, fünf Uhr mittags, zehn Uhr abends. Soviel zur Hundekunde.

Die Boutique, in der auch viele Frauen fündig werden, feiert dieses Jahr wie Le Bloc zehnjähriges Jubiläum. Hon-Tai ist Le Bloc-Gründungsmitglied und zusammen mit Judith Schmitt von der Stadtrevue (Seite 4) Erfinder von Le Bloc. Weil der modebegeisterte Hon-Tai Grafik-Designer ist, ist er für den Namen und das grüne Logo verantwortlich. Das grüne Viereck bildet das Carré innerhalb der Maastrichter-, Brüsseler-, Brabanter und Antwerpener Straße.

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