DomgeschichtenDie Fundamente des Kölner Doms in 16 Metern Tiefe

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Besucher können  die Fundamente des Doms bewundern

  • Den Kölner Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale?
  • Regelmäßig haben wir für Sie eine neue Geschichte vom Dom – erzählt von einer, für die er eine Art zweites Zuhause ist: Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner.
  • In dieser Folge geht es 16 Meter tief in die Erde zu den Fundamenten des Doms.

Innenstadt – Als man bei den Ausgrabungen unter dem Dom in Richtung Westen unter dem Südturm ankam, war die Neugierde groß: Wie tief mögen wohl die Fundamente sein?

So begann man, in der Ecke zwischen dem Fundament des Südturms und dem Fundament des ersten westlichen Pfeilers ein Loch auszuheben. Man grub und grub und grub, bis man schließlich an der Unterkante beider Fundamente ankam, die dort – anders als oben – aneinanderstoßen: 16 Meter unter dem Niveau des heutigen Bodens.

16 Meter! Ein wirklich beeindruckendes Ergebnis. Damit man es auch künftig bewundern kann, wurde das Loch ausgesteift und offen gelassen.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Über die Domgeschichten

Eine Sammlung der schönsten Domgeschichten aus Geschichte und Gegenwart haben Barbara Schock-Werner und Joachim Frank unter dem gleichnamigen Titel im DuMont-Buchverlag veröffentlicht: Domgeschichten. Mit der Dombaumeisterin a.D. durch die Kölner Kathedrale, 176 Seiten mit zahlreichen Fotos von Csaba P. Rakoczy, Köln 2020, 18 Euro.

Den besten Überblick über die Ausgrabungen unter dem Dom gibt der Band: Georg Hauser: Schichten und Geschichte unter dem Dom. Die Kölner Domgrabung (= Meisterwerke des Kölner Doms Band 7, herausgegeben von Barbara Schock-Werner und Rolf Lauer), Verlag Kölner Dom 2010, 91 Seiten, 15 Euro.

Wenn Sie an einer Führung durch die Ausgrabungen interessiert sind, finden Sie die entsprechenden Informationen hier.

Der Steinmetz aus der Eifel

Es gibt aus dieser Zeit eine Geschichte über einen Steinmetz aus der Eifel, der an dem Loch mitarbeitete: Der als durchaus kernig beschriebene Handwerker kam eines Tages zur Arbeit und sagte: „Ich gehe da nicht mehr runter!“ Gefragt, warum, gab er zur Antwort: „Heute Nacht habe ich geträumt, dass ich unten war und das Loch über mir zusammenbrach. Und jetzt klettere ich da nicht mehr rein.“

Das hat er dann auch genau so durchgezogen. Wenn ich ehrlich bin: Ich kann das verstehen. Das Loch ist ziemlich eng, und bei der Vorstellung, unten in einem 16 Meter tiefen Schacht zu stecken, der damals auch noch nicht so gut gesichert war wie heute – da kann man schon Angstgefühle entwickeln. Ich habe es sogar oft erlebt, dass Besucher noch nicht einmal hinuntergucken wollten, weil es sie gruselte, geschweige denn hinuntersteigen.

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Ein Schacht führt tief unter die Oberfläche.

Wenn man das Wagnis dennoch eingeht, erkennt man, was die mittelalterlichen Baumeister bewogen hat, derart tief zu gehen: Sie haben sich nämlich durch alle Erdschichten hindurch bis auf die Kiesschicht des Rheins gegraben. Erst dort glaubten sie, für ihr gigantisches Vorhaben – den Bau der Domtürme – einen hinreichend stabilen Untergrund zu haben.

„Niemand hatte je so hohe Türme errichtet“

Man muss sich aus heutiger Sicht immer klarmachen, dass es zur Bauzeit des Doms im Mittelalter kein einziges auch nur annähernd vergleichbares Projekt gab. Für alles andere hatte man Erfahrungswerte. Aber niemand hatte je so hohe Türme errichtet.

Und so arbeiteten die damaligen Baumeister mit einem – wenn ich es böse formuliere – gänzlich unkölschen Sicherheitsquotienten. So gigantisch wie die Türme selbst fallen deshalb auch die Fundamente aus: Sieben Meter dick und die besagten 16 Meter tief. Da mussten schon sehr, sehr, sehr viele Steine aus der Eifel verbaut werden, bis man mit den eigentlichen Türmen anfangen konnte.

„Stahlbeton-Qualität“ schon 1350

Knapp ein Jahrzehnt dürfte es gedauert haben, nachdem man nach der Vollendung des Chors 1322 mit dem Bau der südlichen Seitenschiffe begonnen hatte, um 1350 an die Stelle des geplanten Südturms gelangt war und dort mit den Arbeiten am Fundament begonnen hatte.

Wenn Sie einmal durch den Zugang zur Turmbesteigung gehen, können Sie wunderbar sehen, wie sorgfältig diese Fundamente gebaut sind. Es wechseln sich immer eine Lage Tuff und eine Lage Basalt ab, verbunden durch hydraulischen Kalk, der sehr hart abbindet. In dieser Mischung hat das – ich möchte sagen – Stahlbeton-Qualität.

Man erkennt auch, wie akribisch Schicht auf Schicht übereinander gelegt wurde. Das war allerdings auch notwendig. Denn hätte man diese meterdicken Mauern zu schnell hochgezogen, hätte der Mörtelkalk nicht genügend Sauerstoff zum Abbinden bekommen und wäre vermutlich noch heute weich.

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Bei den Römern abgeschaut

Der schwarze Basalt ist das härteste Material überhaupt. Es handelt sich um Lavagestein, das beim Erkalten in die charakteristischen fünfeckigen Säulen bricht.

Man kann Basalt eigentlich nicht groß bearbeiten, sondern nur spalten. Die Stücke hat man dann im Domfundament verbaut in einer ähnlichen Technik wie schon die Römer.

Aber anders als in der Antike, sind die Fundamentmauern durchgehend aus den Tuff-Basalt-Schichten errichtet und nicht nur mit einer Außen- und Innenschale, zwischen die dann mit Geröll gefüllt worden wäre. Auch das dient natürlich der Stabilität.

Wasser unter dem Dom

Unten auf der Fundamentsohle ist der Boden im Normalfall feucht vom Rheinwasser. Führt der Fluss Hochwasser, steht Wasser im Loch, aber nur minimal. Fällt der Rheinpegel sehr tief, trocknet der Boden auch schon mal aus. Man kann dort unten also den vom Rhein bestimmten Grundwasserspiegel ablesen.

Die Stadt Köln macht sich das zunutze und hat eine Entnahmestelle für Grundwasser eingerichtet. Das Rohr, das dafür im Grund steckt, ist auch von oben gut zu sehen. 

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