Edelweißpiraten-Festival 2019Wahre Helden sterben nie

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Die Musik der Edelweißpiraten, mit denen sie sich von den Parolen der Hitlerjugend abgrenzten, wurden im Friedenspark gespielt. (Bild aus 2019)

Die Musik der Edelweißpiraten, mit denen sie sich von den Parolen der Hitlerjugend abgrenzten, wurden im Friedenspark gespielt. (Bild aus 2019)

Südstadt – Eine klassische Gedenkveranstaltung war es nicht, das jährliche Edelweißpiraten-Festival. Wer am Sonntag im Friedenspark vorbeigeschaut hatte, dem schallte zunächst einmal Musik entgegen. „Wir möchten mit diesem Festival nicht nur an die Edelweißpiraten erinnern, sondern vor allem die unangepasste Jugend in der deutschen Geschichte bis in die Gegenwart feiern“, sagt Jan Krauthäuser, Festival-Leiter und Vorstand des Edelweißpiratenclubs.

„Deswegen betonen wir hier vor allem die Weltoffenheit. Es gibt Essen aus allen Teilen der Erde, ein Zeitzeugen-Café und vor allem Musik. Die Musik war das Herzstück der Edelweißpiraten, die ja aus Pfadfindergruppen entstanden sind. Das waren am Anfang ganz naturverbundene Lieder. Später wurden die Lieder aber auch sehr politisch und natürlich antinationalsozialistisch.“ Auf gleich mehreren Bühnen spielten Künstler die Lieder der Edelweißpiraten. Währenddessen wurde auch eine Wanderausstellung des NS-Dokumentationszentrums vorgestellt.

Diese beschäftigt sich seit 2003 mit der Jugend im Nationalsozialismus zwischen Indoktrination und Widerstand. „Es ist schön zu sehen, dass gerade auf so einem Festival neben so vielen anderen Programmpunkten auch diese Ausstellung immer großen Anklang findet“, so Dr. Werner Jung, Direktor des NS-Dokumentationszentrums Köln. „Es ist sehr wichtig zu sehen, was Jugendliche während der Nazizeit im Widerstand geleistet haben. Gerade jetzt, wo die Zeitzeugen immer weniger werden, ist so eine Ausstellung auch ein wichtiger erinnerungskultureller Faktor.“ Das NS-Dok stellt die Ausstellung auch immer wieder Schulen zur Verfügung.

Alles zum Thema Henriette Reker

Neben der Ausstellung war auch ein Zeitzeugen-Café organisiert worden. „Leider ist die letzte Edelweißpiratin Gertrud ’Mucki’ Koch vor einigen Jahren gestorben,“ berichtet Sabine Eichler, die Organisatorin des Cafés, „aber wir finden es wichtig, auch andere zu Wort kommen zu lassen. Es geht uns darum, das ganz normale Leben zu dieser Zeit darzustellen. Sowohl vor als auch nach 1945. Heutzutage kann man sich das ja kaum noch vorstellen, wie das damals gewesen ist. Da sind wir vielleicht die Letzten, die das Glück haben, tatsächlich mit Zeitzeugen reden zu können.“ Die Schirmherrschaft des Festivals hatte niemand anderes als Oberbürgermeisterin Henriette Reker übernommen. Sie lobte die Arbeit der Edelweißpiraten ausdrücklich. „Es ist mir eine große Ehre, hier dabei sein zu dürfen,“ erklärte sie, „gerade heutzutage, wo die Gesellschaft zusehends verroht, ist es wichtig, dass wir uns ganz besonders an Widerstandsgruppen wie die Edelweißpiraten erinnern.“

Sie sehe die Edelweißpiraten als ein Vorbild, nicht nur für die Jugend, sondern für alle. „Gerade jetzt, wo die Gesellschaft so aufgewühlt ist und es so schwierige Fragen zu bewältigen gilt, ist politisches Engagement wichtig. Ich freue mich zu sehen, dass es immer noch Jugendliche gibt, die sich ganz wie die Edelweißpiraten einbringen und auch Widerstand leisten und sich engagieren. Auch die Fridays-for-Future-Bewegung ist da ein sehr gutes Beispiel.“ Die Erinnerungskultur sehe sie nicht bedroht. „In Köln sind wir sehr aufgeschlossen und haben eine sehr lebendige Erinnerungskultur“, so Reker. Das Festival wird seit 2005 jährlich im Friedenspark veranstaltet. Es war auf Wunsch der letzten überlebenden Edelweißpiraten ins Leben gerufen worden.

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