Junge Talente in Köln„Galerie daneben“ bietet Nachwuchs-Künstlern einen Raum

Lesezeit 5 Minuten
Für Gitarrist Oskar Kotthaus und Autorin Paula Berens ist ihre musikalische Lesung im Rahmen der Ausstellung mit Fotos von Marie Geiter ein offenes Experiment.

Für Gitarrist Oskar Kotthaus und Autorin Paula Berens ist ihre musikalische Lesung im Rahmen der Ausstellung mit Fotos von Marie Geiter ein offenes Experiment.

Köln-Innenstadt – Für alle drei ist das gemeinsame Projekt „Traum-Albtraum“ eine Premiere. Marie Geiter zeigt zum ersten Mal ihre künstlerischen Fotografien auf einer Galeriewand. Paula Berens liest zum ersten Mal öffentlich ihre selbstverfassten Texte vor einem größeren Publikum. Und Oskar Kotthaus improvisiert mit seiner E-Gitarre erstmals zu Texten und Bildern im Rahmen einer Lesung und Ausstellung.

Das alles findet in der „Galerie daneben“ statt und ist zugleich Auftakt der neuen Reihe „Junge Talente“. Neben den sonstigen Ausstellungen soll der kleine Präsentationsraum zukünftig häufiger ein Forum bieten, in dem junge Maler, Fotografen, Autoren und Musiker ihre kreative Arbeit vorstellen können.

Am Beginn des Projektes stand die Absicht, die Fotos der 18-jährigen Marie Geiter auszustellen. Die hatte allerdings die Idee, die Bildebene um Wörter und Klänge zu erweitern. So bezog sie mit Paula Berens und Oskar Kotthaus zwei Freunde ein, die sie bereits seit der ersten Grundschulklasse kennt.

Alles zum Thema Universität zu Köln

Seit Kindertagen pflegen alle drei eine ungezwungene Lust an der kreativen Gestaltung, während im Laufe der Jahre jeder für sich sein bevorzugtes Medium entdeckte. Eröffnet wurde die Ausstellung mit Marie Geiters unheimlichen, bisweilen leicht bedrückenden Schwarz-Weiß-Fotos bereits am letzten Wochenende.

Ganz unterschiedliche Assoziationen und Stimmungen

Das Publikum zeigte sich berührt von der vertrackten Präsentation, in der die einzelnen Fotos von Gesichtern, Eisbärenkörperausschnitten und verschwommenen menschlichen Konturen jeweils ganz unterschiedliche Assoziationen und Stimmungen hervorrufen. Eine expressionistische Ästhetik mit viel Schwarz führt in düstere, bisweilen abgründige Seelengefilde.

„Jeder hat persönliche Assoziationen oder sogar Erinnerungen, wenn er ein Foto betrachtet. Für Menschen in meinem Alter sind Fotos ein riesiger Bestandteil des Alltags. Ich finde spannend, die zunächst abbildende Realität des Fotos zu verfremden. Und sichtbar zu machen, wie manchmal ein schöner Traum plötzlich unangenehm wird, oder umgekehrt,“ sagt Geiter. Wie sehr alle Fotos zusammen in ihrer rätselhaften Kombination tatsächlich in einen traumähnlichen Sog führten, erstaunte viele Ausstellungsbesucher.

Rätselhaften Zusammenhängen auf die Spur kommen

In ihrer musikalischen Lesung, die am Freitag, 17. Januar, stattfindet, will Paula Berens solchen rätselhaften Zusammenhängen auf die Spur kommen. Oder aber sie noch mehr beflügeln. Bislang weiß sie noch nicht, welche ihrer Texte sie vortragen wird. „Ich schreibe noch daran, bin im Prozess. Ich sammle. Ich baue aus alten Texten etwas zusammen, das sich auf das Thema bezieht, erklärt die 18-Jährige, die in diesem Jahr ihr Abitur macht. „Traum, Albtraum – für mich ist das ein Gefühl, das man auch im Wachzustand haben kann. Wann entwickelt sich etwas zum Albtraumhaften? Ich möchte das in einer Essenz zusammen fassen. Möchte diese Atmosphäre, dieses Gefühl mit meinen Texten unterstützen.“

Berens ist fasziniert von der Möglichkeit, die eigene Wahrnehmung und Erfahrung mit Wörtern fassbar zu machen und darüber sich selbst besser zu verstehen. „Ich schreibe schon mein ganzes Leben. Ich schreibe, wenn mich etwas packt, wenn mich etwas gereizt hat,“ sagt sie. „Früher habe ich Fantasiegeschichten geschrieben. Inzwischen schreibe ich poetische Dinge, Assoziationen. Das Schreiben öffnet mir die Sicht auf die Welt.“ Sie folgt keinem Plan, keinem vorher festgelegten Konzept. Sie hat nicht einmal die Absicht eines Ergebnisses. Sie stellt sich auch keinen Leser vor.

„Ich mache es einfach. Ich schreibe das vor allem für mich. Wichtig ist vor allem, dass man ehrlich ist beim Schreiben.“ Und sie ergänzt: „Das, was ich geschrieben habe, kann ich im nächsten Moment völlig anders wahrnehmen. Aber in dem Moment, in dem ich es schreibe, muss es aufrichtig sein. Ich bin selber immer gespannt, was ich kreiere.“ So ist die Vorstellung, ihre Texte öffentlich vorzutragen, denn auch mit einiger Unsicherheit verbunden. Bislang hat sie ihr Geschriebenes nur Freunden vorgelesen.

Kotthaus betreibt seine Musik eher unkonventionell

Oskar Kotthaus, der an diesem Abend mit seinem Gitarrenspiel auf Paula Berens’ Texte eingehen wird, macht sich dagegen keine Sorgen vor der Publikumssituation. Auch nicht davor, dass er die Texte dann zum ersten Mal hören wird. Der 19-Jährige, der im letzten Jahr ein Studium der Medienkulturwissenschaft und Musikvermittlung an der Universität Köln begann, ist seit langem gewohnt, musikalisch zu improvisieren. Er besucht regelmäßig öffentliche Jam-Sessions, das Spiel mit Klängen ist sein Element. Während er Rock'n Roll seine musikalische Grundlage nennt, probiert er alle Stilrichtungen aus, von Blues bis Metal, von Punk bis zum Singer-Songwriting.

Das könnte Sie auch interessieren:

Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt er Gitarre. „Ich habe nie viel geübt. Ich hatte zwar Unterricht, denn es ist wichtig, sich an einer Person zu orientieren. Aber ich habe früh gemerkt, dass es wichtig ist, durch ungezwungenes Musizieren seinen eigenen Weg zu finden.“ Er weiß, dass er seine Musik eher unkonventionell betreibt. Nicht zuletzt auch durch die klangliche Vielfalt, die ihn interessiert. Derzeit tüftelt Oskar Kotthaus an seinem ersten Album. Es soll ein Konzept-Album werden. „Weil sich darin viele unterschiedliche Klangaspekte integrieren lassen. So wie bei Pink Floyd etwa,“ sagt er. „Genau diese surrealistisch-fragmentarische Erfahrung interessiert mich auch am Thema 'Traum, Albtraum.“ Vor allem legt er wert auf Brüche, Unperfektes und den Klang des Zwischenraums.

Er ist sich sicher: „Wenn man nicht immer das Richtige spielt, ist es doch kein Problem. Darum geht es nicht. Die Menschen kommen doch nicht in die Galerie mit der Erwartung, dass es perfekt zugeht.“ So zeigt jedes der drei jungen Talente auf seine Art, was es heißen kann, künstlerische Suche und Selbstsuche miteinander zu verbinden. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Wie verschieden junge Menschen diese Möglichkeit ausspielen, soll die neue Reihe „Junge Talente“ zeigen. Die Galerie daneben ist offen für Interessenten ab 16 Jahren.

Galerie daneben, Lindenstraße 99. Die musikalische Lesung findet am Freitag, 17. Januar, um 18 Uhr statt. Die Ausstellung ist bis zum 31.1. zu sehen, Mi-Fr 14-18 , Sa 11-15 Uhr.

KStA abonnieren