Kölner Bürgermeister„Wir brauchen in der Innenstadt dringend Bäume, Bäume, Bäume“

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Andreas Hupke an der Minoritenkirche nahe seinem Büro

Andreas Hupke an der Minoritenkirche nahe seinem Büro

  • Andreas Hupke (70), grüner Bezirksbürgermeister, hat sein Büro im vierten Stock eines Gebäude unweit der Hohe Straße. Der pensionierte Bühnenarbeiter füllt sein politisches Amt ehrenamtlich aus, seit nunmehr 15 Jahren.
  • Sein Aufwand wird mit 750 Euro im Monat entschädigt. Trotzdem kämpft er für die kleinen und großen Themen in der Innenstadt, wie eine Hundewiese am Rande des Volksgartens oder das aggressive Betteln.
  • Ein Gespräch über das bereits erreichte und die kommenden Herausforderungen, wie der Wohnungsmangel, die Verkehrswende und den Klimawandel.

Herr Hupke, sind Sie zufrieden mit dem, was Sie im vergangenen Jahr erreichen konnten?

Andreas Hupke: Zufriedenheit bringt in der Politik nicht viel. Ich freue mich aber, dass wir als Bezirksvertretung (BV) mittlerweile von der Stadtgesellschaft wahrgenommen werden. Der neue Leiter des Rosenmontagszugs hat vor kurzem alle Bezirksbürgermeister eingeladen, auf einem Wagen des Festkomitees mitzufahren, um die Arbeit von uns Ehrenamtlern zu würdigen. Das ist mir in den ganzen Jahren als Bezirksbürgermeister noch nicht passiert, eine Ehre für die ganze BV, für die ich ja stellvertretend stehe.

Ist der Respekt für Ihr Amt und für das Gremium denn gewachsen? Sie sollten im Vorjahr mehr Zuständigkeiten erhalten.

Alles zum Thema Henriette Reker

Nein. Am Streit um die Deutzer Drehbrücke (die BV Innenstadt beschloss, sie für den Autoverkehr zu sperren, der Rat setzte sich darüber hinweg. Anm. d. Red.) sieht man doch, dass sich am Umgang des Rates mit uns nichts geändert hat.

Zur Person

Andreas Hupke, 70, stammt aus Monschau in der Eifel. 1973 zog er nach Köln. Er war aktiver Hausbesetzer. Er trat 1996 den Grünen bei. 1999 nahm er sein erstes Mandat war, als Bezirksvertreter. Seit 2004 ist er Bürgermeister des Stadtbezirks Innenstadt. Er vertritt die Belange von rund 130 000 Kölnern. (phh)

Seit zwölf Jahren kämpfen wir mit darum, dass die Bezirke die Entscheidungsrechte erhalten, die uns laut Gesetz zustehen. Das, was sich geändert hat, haben wir Henriette Reker zu verdanken, die sich sehr für uns eingesetzt hat.

Immerhin, das Budget ist gewachsen.

Ja. Wir haben ungefähr über 1,2 Millionen Euro entschieden. Beim städtischen Haushalt durften wir aber nichts entscheiden. Wir wurden da leider nur angehört. Finanzen, das ist das wichtigste Recht, das Gremien haben können. Und im Haushalt wird über vieles bestimmt, was keine gesamtstädtische Bedeutung hat.

Ist das immer so klar zu trennen?

Ja, finde ich schon. Gleichzeitig haben wir immer mehr Vorlagen auf der Tagesordnung, die wir beraten und beschließen sollen. Oft können wir dann nur Änderungswünsche anbringen. Uns fehlt die Zeit, wirklich zu gestalten. Und die Bezirke sind in einer erbärmlichen Verfassung, auch das hat sich im vergangenen Jahr gezeigt.

Was meinen Sie?

Die Bezirksämter hatten früher hunderte Mitarbeiter. Das wurde alles zusammengestrichen zugunsten der Zentralverwaltung. Starke Bezirksvertretungen kann es aber nur mit einer starken Verwaltung geben. Das hat konkrete Auswirkungen: Die Ordnungskräfte sind nicht mehr so schnell vor Ort. Probleme wie die Schrotträder, das E-Roller-Chaos, Falschparker, ließen sich mit starken Bezirksämtern besser in den Griff bekommen.

Welche Themen haben Sie 2019 besonders beschäftigt?

Das ist immer so viel, Kleines und Großes. Auch eine Hundewiese, wie die, die wir an den Rand des Volksgartens verlegt haben, kann einiges zum Frieden beitragen. Was auf jeden Fall nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen hat, ist das aggressive Betteln in der Innenstadt. Da werden abends strategisch die Übernachtungsplätze ausgewählt, die morgens den besten Ertrag versprechen. Ich bin sicher, dass das von Hintermännern organisiert wird. Ich habe viele E-Mails von Geschäftsleuten und Anwohnern deswegen bekommen. Das werden wir in diesem Jahr angehen.

Wohnungsmangel ist ein Thema, das sich zuspitzt.

Da ist der Rat für die Planung zuständig. Wir in der BV haben die Milieuschutzsatzung für das Severinsviertel angestoßen, die nun endlich in Kraft getreten ist. Wir haben uns klar auf die Seite der Schwächeren, der Mieter gestellt. Ohne sie zu schützen, bleibt das vielbesungene Veedel eine Floskel.

Die Verkehrswende betrifft immer stärker die Innenstadt.

Ja, das ist überfällig und eine große Herausforderung. Wir müssen den Verkehr aus der Domumgebung heraushalten. An dem Entwurf für die Trankgasse wird deutlich, dass manches Denken noch in den 80ern festhängt. Auch wenn fünf von sieben Brücken sich innerhalb der Innenstadt befinden, ist sie nicht nur der Durchgangsraum für die gesamte Stadt.

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Sie muss künftig weiträumig umfahren werden. Wir können nicht mehr so freizügig sein mit dem knappen Raum. Mein Ziel ist eine Viertelparität für Autos, Fahrräder, ÖPNV und Fußgänger.

Vor welche Herausforderungen stellt der Klimawandel die Politik für die Innenstadt?

Bei uns ist es jetzt schon sechs Grad wärmer als in Lindenthal. Wir brauchen dringend einen Masterplan Grün und Bäume, Bäume, Bäume – Zehntausende. Die ganze Nord-Süd-Fahrt könnte eine Mittelallee bekommen, oder die Roonstraße. Das war früher eine Allee mit zehn Meter breiten Bürgersteigen. Und viele Brunnen liegen brach, nicht nur am Neumarkt. Sie können auch zur Kühlung beitragen.

Wie passt dazu ein Entwurf für den Campus Kartause, den Sie mit dem Baudezernenten und dem Bauherrn, der evangelische Kirche, für das Areal am Kartäuserwall ausgewählt haben? Dort wird ein großer Platz versiegelt, Bäume müssen gefällt werden.

Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem es geordnete Verfahren gibt. Das Projekt gilt es sicher noch zu diskutieren, den Entwurf zur Zufriedenheit aller weiter zu entwickeln. Aber die Kirche wird da bauen.

Hat sich der Umgang mit dem öffentlichen Raum verändert?

Ja. Zum ersten Mal wurde auf der Nord-Süd-Fahrt gefeiert. Ich bin ein großer Fan von Straßenland. Am Ebertplatz ist das Konzept aufgegangen, mit mehr Kunst für eine Belebung zu sorgen. Mir war klar, dass wir den Platz nicht aufgeben dürfen.

Die Menschen sind immer öfter draußen.

Deshalb sind wir froh, dass die Stadt endlich das Programm Sitzen statt Parken langfristig angelegt hat, wenngleich die Umsetzung immer noch sehr gebremst ist. Immerhin haben die Gastronomen (die auf Antrag Parkplätze als Außensitzplätze nutzen können. Anm. d. Red.) jetzt Planungssicherheit für drei Jahre.

Was wünschen Sie denn Ihrem Bezirk für dieses Jahr?

Dass die Menschen mehr zusammenhalten. Ich wünsche uns, dass wir, auch wenn wir in der Altstadt oder dem Kwartier Latäng gerne feiern, mehr Respekt gegenüber der 2000 Jahre alten Stadt zeigen. Und einen respektvollen, fairen Wahlkampf wünsche ich uns allen.

Treten Sie denn noch einmal an?

Wenn ich von unserem Ortsverband nominiert werde, würde ich mich sehr freuen.

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