Kölner Lebenshilfe-Workshops„Komme mit meinem Rollstuhl nicht in die Linie 13 rein”

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Beim Workshop „Mein Leben im Veedel“ ging es um Verbesserungen vor der Haustür.

Beim Workshop „Mein Leben im Veedel“ ging es um Verbesserungen vor der Haustür.

Innenstadt – „Ich komme mit meinem Rollstuhl nicht in die Linie 13 rein“, sagt Daniel Irven. Er ist Mitglied des Lebenshilfe-Rats, der die Menschen mit Behinderung innerhalb des Vereins vertritt. Kurzerhand machten er und seine Kollegen die Problematik auf Facebook öffentlich und schrieben einen Brief an die Stadt.

Menschen mit körperlicher Behinderung häufig im Nachteil

Ergebnis: In den sozialen Medien genoss die Geschichte große Aufmerksamkeit, Nutzer und Nutzerinnen reagierten empört, wütend oder enttäuscht. Von der Stadt bisher keine Antwort. Dass Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung oft im Nachteil sind, ist leider keine Neuigkeit. Zu häufig sind Orte des öffentlichen Lebens nicht barrierefrei.

Wie wenig Menschen mit geistiger Behinderung in unserer Gesellschaft mitbestimmen können, geht dagegen oft unter, denn es ist nicht so offensichtlich wie hinderliche Stufen an der Stadtbahn-Linie 13. Und genau darum ging es am Fachtag im Bürgerhaus Stollwerck: Welche Möglichkeiten haben Menschen mit geistiger Behinderung, sich im gesellschaftlichen und politischen Leben zu integrieren? Was ist schon realisiert, was muss sich verbessern?

Alles zum Thema Henriette Reker

Nach einer Begrüßung von Oberbürgermeisterin und Schirmherrin Henriette Reker und fachlichem Input durch Christian Huppert, Professor an der Fachhochschule Bielefeld, fanden sechs inklusive Workshops zu den verschiedensten Bereichen statt, in denen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung aktiv werden können.

Sechs inklusive Workshops

Dabei reicht das Spektrum der Möglichkeiten von politischer Beteiligung in der Stadt über das Theaterspielen bis hin zur Mitgestaltung des eigenen Veedels. Geleitet wurden die Kurse von Partnern der Lebenshilfe, Mitgliedern, oder von Menschen mit Behinderung, die sich bereits engagieren.

Ziel der Workshops war es, Optionen aufzuzeigen, wie sich Menschen mit geistiger Behinderung aktiv beteiligen können und ihnen die Möglichkeit zu geben, für sich herauszufinden, welche Art von Aktivität zu ihnen passt. Aber auch, um Grenzen zu verdeutlichen, wie Lebenshilfe-Geschäftsführer Matthias Toetz betont, denn über die muss auch geredet werden. „Oft klappt die Einbindung von Menschen mit geistiger Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt eben auch nicht“, sagt er, obwohl das eines der größten Ziele ist.

Dann muss überlegt werden, ob es an den Rahmenbedingungen liegt oder an den Menschen selbst. Schließlich kann jeder nur das tun, was innerhalb seiner Möglichkeiten liegt.

Ein Raum zum Lernen

Christian Huppert – seit Jahren in den Bereichen Behinderung und Inklusion tätig – sieht das ähnlich: „Eine Voraussetzung für die Beteiligung von Menschen mit Behinderung ist, dass es Raum zum Lernen gibt und um lernen zu können, muss man auch mal an Grenzen stoßen und scheitern können.“ Es geht also darum, einen gesunden Mittelweg zu finden zwischen der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung und vollkommener Rücksicht, die zu Unselbstständigkeit führt.

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„Oft ist auch Sprache eine Barriere“, sagt Annette Lantiat von der Lebenshilfe Köln. „Dadurch werden viele häufig von vornherein ausgeschlossen.“ Dass das aber nicht immer der Fall sein muss, beweisen die Mitglieder der Stadt-AG Behindertenpolitik, die sich am Fachtag vorstellten.

Politik-Workshop „Mitreden in Köln“

Die Arbeitsgemeinschaft vertritt die Interessen von Menschen mit Beeinträchtigung in zahlreichen Ausschüssen – von Gesundheit bis Verkehr. Dass viele Betroffene sich politisch einmischen wollen, bewies der volle Seminarraum am Fachtag. Im Politik-Workshop „Mitreden in Köln“ erklärten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, was ihre Aufgaben sind, wofür sie sich einsetzen und animierten andere zum Mitmachen.

Wem das alles ein bisschen zu schnell ging, bekam ein Headset, über das die Diskussion von einer Dolmetscherin in leichte Sprache übertragen wurde. Sicherlich hat die Stadt-AG Behindertenpolitik nach dem Fachtag an Zuwachs gewonnen, denn wer will sich nicht für Dinge stark machen, die einen selber betreffen? Und wer weiß – vielleicht kann die Politgruppe ja den Druck auf die Stadt erhöhen, sodass auch Daniel Irven bald bequem mit der Linie 13 fahren kann.

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