Kultladen in Kölner Südstadt schließtAbschied von der Blumenboutique nach 40 Jahren

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Helga Heider hochauflösend

Helga Heider, ein echtes Südstadt-Original, gibt ihren Blumenladen nach 40 Jahren auf. 

Innenstadt – In ihrer Blumenboutique ist sie die bemerkenswerteste Schöpfung. Ein Paradiesvogel mit Brigitte-Bardot-Lidstrich, Blondschopf und sorgfältig ummalten Lippen, überstrahlt sie jede noch so farbenfrohe Kreation in ihrem Laden auf der Merowingerstraße 23. Der Lammfellmantel im Sixties-Style und der schräg aufgesetzte Hut komplettieren das Gesamtkunstwerk Helga Heider. Dass es nach 40 Jahren „Time to say good-bye“ ist, wie es die großen Lettern auf dem Schaufenster ankündigen, mag sie selbst am wenigsten glauben.

Pferdestall-Romantik im Ladenlokal

„Es fällt mir schon schwer, das alles hier aufzugeben“, sagt sie in einem Anflug von Melancholie. Nach ihren Vorstellungen hat sie die Blumenboutique mit alten Balken im Reiterhof-Stil gestaltet, Fotos zeigen sie in Zwiesprache mit ihren vierbeinigen Lieblingen, das Ladenlokal strotzt nur so vor Pferdestall-Romantik. Diese, so Heider, müsse bis Ende des Jahres weichen, aus dem Blumengeschäft sollen Büroräume werden.

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Im Allerheiligsten, einer muggeligen Sitzecke im hinteren Teil der Blumenboutique, hängen Aufnahmen ihrer Kinder. Dass der Laden für Helga Heider mehr war als ein Arbeitsplatz, merkt man dem heimeligen Ambiente an. „Ich fühle mich wie zuhause, in meiner Wohnung sieht es ähnlich aus“, erklärt sie. „Ein lecker Käffchen“ gehöre für sie zum Arbeitsalltag dazu, manchmal, räumt sie ein, dürfe es auch ein Gläschen Sekt sein.

Floristisches Naturtalent

Sie brennt darauf, die gerade frisch eingekauften Blumen zu arrangieren, überhaupt liebt sie es, Verkaufsartikel und Umgebung individuell zu gestalten. Als sie ihr Hobby zum Beruf machte, überzeugte sie die Industrie- und Handelskammer von ihrem floristischen Naturtalent. „Keiner macht ja so verrückte Sachen wie ich“, sagt sie über den Stil ihrer Werke.

Aktuell vermittelt das Lädchen Weihnachtsmarkt-Stimmung, im kleinen Rahmen hat sie für sich und ihre Kunden ein Stückchen heile Weihnachtswelt geschaffen. Das Künstler-Gen habe ihre Mutter vom Großvater geerbt, meint Tochter Biggi über die kreative Ader Helga Heiders. Sie und ihre Schwestern Brady und Astrid sind wie einst schon der Papa in der Modebranche verortet. „Meine Töchter wollen mehr Zeit mit mir verbringen“, sagt Heider.

Weniger Originalität im Viertel

Das Good-Bye ist nicht nur für sie eine einschneidende Veränderung, das ganze Viertel scheint in Aufruhr. Im Minutentakt schauen alte Bekannte vorbei, jedes Mal gibt es ein großes Hallo. In letzter Zeit habe sie versucht, die jüngere Klientel für sich zu gewinnen, erzählt sie. Die Zeiten, in denen große Firmen und Unternehmen regelmäßig Blumenarrangements orderten, liegen lange zurück. „Die jungen Leute wollen es klein, schnuckelig und mit viel Natur“, kommentiert sie den Geschmack der jungen Generation, und eigentlich sei das ja genau ihr Thema.

Dennoch fordern Gesundheit und Corona letztlich ihren Tribut, Helga Heider geht nach 40 Jahren hingebungsvollem Dienst Blume und Kundschaft in den wohlverdienten Ruhestand. Ohne sie und ihren Laden wird es merklich stiller sein in der Südstadt – und weit weniger originell. „Ich will dynamisch bleiben“, sagt sie über ihre Zukunftspläne. Viel reisen möchte sie, nach St. Petersburg und an die polnische Grenze soll es gehen. Dort will sie ihren Wurzeln nachspüren.

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