Schul-Interimsbauten geplantKölner Politiker kritisieren Baumfällungen im Grüngürtel

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Linken-Bezirksvertreter Michael Scheffer: „Dieser Standort ist einfach nicht geeignet."

Köln-Innenstadt – Viele Schulen im Kölner Stadtgebiet sind renovierungsbedürftig. Allein in der Innenstadt warten mindestens sechs Grund- und Förderschulen auf die Erneuerung ihrer Gebäude. Während der Arbeiten jedoch müssen die Schüler andernorts unterkommen, weshalb die Stadt Köln zwei Standorte für Interimsbauten auserkoren hat: Am Bouleplatz in der Kreutzerstraße und im Grenzbereich des Grüngürtels am Venloer Wall sollen deshalb dreigeschossige Container entstehen.

Schul-Interimsbauten im Grüngürtel in Köln

In diesen sollen die Schüler der betroffenen Schulen nacheinander unterrichtet werden, während die Sanierungen ihrer Einrichtungen vonstatten gehen. Seit zwei Jahren gibt es wegen des geplanten Baus am Venloer Wall Streit: Für die Schulcontainer müssen nämlich insgesamt 62 Bäume gefällt werden, auch werden die Außenanlagen der hier ansässigen Kindertagesstätten verkleinert. Im Sommer des letzten Jahres riefen die Elternbeiräte der Kitas so eine Petition ins Leben, an der sich auch die ansässige Ortsgruppe des Naturfreunde e.V. beteiligte.

In der Petition appellierten die Unterschreiber an die Stadt, einen anderen Standort für die Interimsbauten zu finden. Obwohl rund 700 Menschen den Appell unterschrieben und sich auch die Bezirksvertretung Innenstadt zunächst mehrstimmig gegen das Vorhaben aussprach, fiel eine erneute Abstimmung – diesmal im Beschwerde-Ausschuss – gegensätzlich aus.

Mehrheit stimmte für Durchführung des Bauvorhabens

Nun entschied sich die Mehrheit für eine Durchführung des Bauvorhabens, schließlich gäbe es keine Alternativen. Michael Scheffer, der Bezirksvertreter der Linken, sieht das anders: „Dieser Standort ist schlicht und einfach nicht ideal”, sagt Scheffer, der die Entscheidung der Stadt als skandalös bezeichnet.

Man hätte in dieser Angelegenheit von Anfang an nicht mit offenen Karten gespielt – schließlich habe es zunächst geheißen, dass die „Bäume nach Möglichkeit erhalten” werden sollten, in einer Mitteilung aus dem Oktober 2021 war dann davon die Rede, dass „voraussichtlich 17 Bäume und acht Sträucher gefällt werden müssen”. Dass nun 62 Bäume den Kettensägen zum Opfer fallen sollen, sei laut Scheffer niemals Thema gewesen: „Dafür muss es eine andere Lösung geben”, sagt der Linken-Politiker.

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Diese Meinung vertritt auch Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke. Der 72-Jährige kritisiert neben der mangelnden Transparenz von Seiten der Verwaltung auch, dass die Entscheider bei ihrem Vorhaben keine Rücksicht auf die fortschreitende Klimakrise nehmen würden: „Das sind alles Bäume im besten Lebensalter und hier wird abgeholzt, als gäbe es die Klimakrise überhaupt nicht”, so Hupke: „Die große und perfide Gefahr liegt darin, dass sich die Menschen an die Reduzierung der Grünflächen gewöhnen und man sich dann sagt: Dann können wir sie auch richtig bebauen.”

Das Argument, es gäbe keine Alternative für die die Interimsbauten, lässt der Bezirksbürgermeister ebenfalls nicht gelten – schließlich hätte es auch den Vorschlag gegeben, die Container auf dem Abschnitt der Vogelsanger Straße zu errichten, der am Grüngürtel vorbeiläuft und in der Vergangenheit ohnehin für den Verkehr gesperrt war: „Da hätte man alles hinsetzen können, was jetzt brutal in den Grüngürtel gehauen wird. Und nun sollen auch noch mehr Bäume gefällt werden, als anfangs angekündigt”, so Hupke, „da sind wir nicht richtig informiert worden und das ist nicht Ordnung.”

Zwischenquartiere verdrängen Bäume

Dennoch ist sich auch Linken-Politiker Scheffer bewusst, dass der Schulnotstand in Köln dringend angegangen werden muss – dafür aber so viele Bäume zu fällen und das Areal der angrenzenden Kitas zu verkleinern, hält er für den falschen Weg: „Wir reden hier schließlich von Zwischenquartieren. Die Container werden hier vielleicht zehn Jahre stehen, die Bäume aber brauchen ein halbes Jahrhundert, um zu wachsen.” Auch mit Blick auf den Klimawandel sei die Fällung von gesunden Bäumen in dieser Zahl ein falsches Signal.

Rodungen zwischen 1. März und 30. September eigentlich verboten

Die Argumente der Elternbeiräte, des Naturfreunde e.V. und Teilen der Bezirksvertretung Innenstadt scheinen jedoch nicht zu helfen: „Politisch ist das Thema durch”, sagt Scheffer, „ich gehe jetzt vom Schlimmsten aus - es kann sein, dass die Fällungen noch im März beginnen.” Dennoch hofft der Linke, das Vorhaben noch irgendwie verhindern zu können – zumal es laut Naturschutzgesetz verboten ist, Rodungen im Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 30. September durchzuführen.

Dann ist nämlich Brut- und Aufzuchtzeit vieler Vogelarten und eine Fällung ist nur mit Ausnahmegenehmigung möglich. Die geplanten Interimsbauten sollen 700 Schulplätze erhalten und 120 weitere schaffen – es ist also ein Dilemma zwischen der Bekämpfung des Schulnotstandes und dem Erhalt der Kölner Natur. Schließlich ist beides wichtig, in einer Großstadt aber nicht immer gleichzeitig möglich.

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