Tötungsdelikt am EbertplatzAngeklagter legt Geständnis ab – „Bin zutiefst betroffen“

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Absperrband, Polizeifahrzeuge und Einsatzkräfte zeugen vom Tötungsdelikt auf dem Ebertplatz.

  • Im August vergangene Jahres wurde ein 25 Jahre alter Somalier auf dem Ebertplatz in Köln mit einer Glasflasche erstochen.
  • Seit Ende Mai wird vor der 5. Großen Strafkammer wegen Totschlags verhandelt. Auf der Anklagebank sitzt Yacqub S.
  • Am Freitag hat er ein schriftliches, achtseitiges Geständnis abgelegt.

Köln – War die Gewaltattacke mit tödlichem Ausgang am Ebertplatz im August vergangenen Jahres ein Unfall? War es gar Notwehr, weil das Opfer den Täter gezielt angegriffen haben soll? So jedenfalls liest sich das schriftliche Geständnis von Yacqub S., das sein Anwalt Wolfgang Kutsch für seinen Mandanten am 11. Verhandlungstag auf Saal 2 verliest.

Seit Ende Mai wird vor der 5. Großen Strafkammer wegen Totschlags verhandelt. Von Anfang an hat S. auf Anraten seines Anwaltes geschwiegen. Mehr als vierzig Zeugen wurden inzwischen vernommen und das Gericht scheint von der Aufklärung des Geschehens nach wie vor Meilen entfernt. Da kommt das Geständnis des Angeklagten zur rechten Zeit.

Yacqub S. wollte in Köln feiern und mit Freunden abhängen

Er will am Tattag nachmittags in Düren, wo er in einer Flüchtlingsunterkunft wohnte, beschlossen haben, zu feiern, denn er hatte nach eigenen Angaben allen Grund dazu. Er hatte einen festen Job, verdiente sein eigenes Geld. Der 24. August sei sein letzter Arbeitstag gewesen und er hatte drei Wochen Urlaub vor sich. „Ich wollte ausgehen, nach Köln fahren, in eine Bar oder Disco, was trinken und mit Freunden abhängen.“ Den Tag über habe er in Düren noch Freunde getroffen, hier eine Flasche Wodka gemeinsam geleert, dort einen Joint geraucht. Immer wieder habe sein Landsmann Hamsa ihn am Telefon bedrängt, doch endlich nach Köln zu kommen, um dort einen auszugeben. Dutzende Anrufe habe er damals auf seinem Handy von Hamsa gehabt, zuletzt sei er gar nicht mehr drangegangen. Denn er habe nicht eingesehen, sein selbst verdientes Geld mit den anderen zu teilen.

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Nach Mitternacht kam Yacqub S. dann in Köln an, Hamsa und Kollegen nahmen ihn am Hauptbahnhof in Empfang. Doch S. wollte keine Runden ausgeben, wie immer wieder von ihm verlangt wurde. So machte er sich allein auf, ging in eine Bar am Ebertplatz, beschaffte sich von einem Dealer für 25 Euro Koks und für 10 Euro Marihuana und konsumierte die Drogen. Es war bereits Stunden nach Mitternacht, als er am Ebertplatz auf einer Bank saß, eigentlich wieder nach Hause fahren wollte, weil „ich mich ziemlich betrunken fühlte und müde war", als Hamsa und Kollegen, darunter das spätere Opfer, auf ihn zukamen.

Angeklagter will blind zur Flasche gegriffen haben

Die Landsmänner begingen angeblich sofort eine Prügelei, das Opfer habe ihm dabei das Handy aus der Hand geschlagen. Plötzlich habe er bei Hamsa ein Messer in der Hand aufblitzen sehen. „Ich hatte Angst und war panisch“, beschrieb S. seine Gefühlslage, die ihn offensichtlich, verstärkt durch den Alkohol- und Drogenkonsum, nicht mehr klar habe denken lassen. Um sich zu verteidigen, habe er auf dem Boden eine Flasche gesehen und wahllos zugegriffen: „Ob die kaputt war, daran kann ich mich nicht erinnern.“

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Mit der Flasche habe er sich zur Wehr gesetzt. „Erst als ich das Blut sah, wurde mir bewusst, was ich getan habe." Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er nur noch den abgebrochenen Hals einer Bierflasche in der Hand hielt und auch nicht, wo er das Opfer, das er vorher noch nie gesehen habe, getroffen habe. „Ich habe niemals vorgehabt ihn zu erstechen und bin zutiefst betroffen, dass ein Mensch gestorben ist“, endet das achtseitige Geständnis.

Zuvor hatte das Gericht die Sachbearbeiterin des Sozialamtes gehört, bei der sich das Opfer am Monatsersten regelmäßig zur Scheckübergabe eingefunden hatte. Sie habe den 25-jährigen Somalier als „sehr ruhig und unauffällig“ in Erinnerung, jedoch sei er häufig alkoholisiert auf dem Amt erschienen. Allerdings habe sie von Kollegen gehört, dass er wohl auch anders konnte. Der Hausmeister des Flüchtlingsheims hatte den Somalier als „unberechenbar“ beschrieben. Es gab in der Unterkunft wohl oft Streitereien. Mitbewohner hatten sich beschwert: „Er war zu laut, zu unhygienisch“, auch soll sein Name in Zusammenhang mit einer Messerattacke gefallen sein. 

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