Trotz KälteNilgänse-Küken im Kölner Volksgarten sind viel zu früh geboren

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Sieben Nilgänse-Küken sind im Volksgarten viel zu früh im Jahr zur Welt gekommen.

Südstadt – Nachts sinken die Temperaturen im Volksgarten in Richtung Gefrierpunkt. Schlechte Zeiten für Nilgänse. Feuchtigkeit zieht ins Gefieder. Wenn jetzt noch der Weiher vereist... Ausgerechnet unter diesen Bedingungen zieht ein Nilgänse-Paar sieben Küken auf. Die laufen in diesen Tagen putzmunter über Wiesen und Wege im Park und trinken ab und zu einen Schluck Teichwasser. Eigentlich brüten die Tiere zwischen Mai und August. 

Kölner Nilgänse haben zu früh gebrütet

Aber da ist wohl einiges durcheinandergeraten. „Nilgänse sind extrem anpassungsfähig“, sagt Bernd Marcordes, Kurator im Kölner Zoo und dort zuständig für die Vögel. Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Kölner Grünflächenamtes, erinnert an die beinahe frühlingshaften Temperaturen vor einigen Wochen: „Vielleicht haben die Gänse gedacht, dass die Brutzeit bereits begonnen hat.“

Nilgänse-Küken als Folge des Klimawandels? So weit würde Bauer nicht gehen. Aber er wird das weiter beobachten. Kommen auf die Stadt Probleme zu, wenn die Nilgänse zweimal im Jahr brüten? Bauer verneint. „Nilgänse verteidigen ihr Revier sehr aggressiv. Deshalb haben wir in Köln an den Gewässern gar nicht genug Platz für eine sehr große Population.“ Das sieht bei den Kanadagänsen anders aus. Die findet man in bemerkenswerten Schwärmen am Kalscheurer Weiher, im Rheinpark, am Decksteiner Weiher und auch im Volksgarten. Dort leben sie in mehr oder weniger friedlicher Koexistenz mit den Nilgänsen und den Stockenten.

Nilgänse ertränken Stockenten

Letztere bekommen die Aggressivität der Nilgänse schon mal am eigenen Leib zu spüren. Mit finalem Ausgang. „Es wurde beobachtet, dass die Nilgänse die Stockenten so lange tunken, bis sie ertrunken sind“, berichtet Bauer. Und auch Zoo-Kurator Marcordes weiß über solche Vorfälle zu berichten. „Ich wurde von Bürgern angerufen, die am Weiher vor dem Cinedom beobachtet haben, dass Nilgänse Stockentenküken getötet haben.

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Die Wiese im Volksgarten wird immer mehr zum Tummelplatz von Kanadagänsen.

Überfälle wie diese kämen immer dann vor, wenn andere Tiere einem Nilgänse-Pärchen mit Küken zu nahe kämen. „Nilgänse sind einfach sehr dominant“, beschreibt Marcordes deren nicht besonders soziales Sozialverhalten, das er auch schon im Zoo beobachtet hat. „Die kommen natürlich auch zu uns. Sie fliegen dann aber meist wieder weg, weil sie bei uns nichts zu holen haben. Hartnäckige Gänse vertreiben wir. Und manchmal gehen unsere Vögel auch in den Clinch mit den Nilgänsen. Da kann es ganz schön zur Sache gehen.“

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Selbst Greifvögel werden attackiert

Aus Marcordes’ Sicht hat die Nilgans in Köln „Potenzial“. Es gebe genug Gras zu fressen, natürliche Feinde gebe es außer Füchsen nicht. Hin und wieder hole der Habicht mal ein Küken. Da könne es allerdings passieren, dass der Greifvogel sehr unangenehme Erfahrungen mit den Eltern mache und es beim nächsten Mal lieber bleiben lasse. Dominant heißt auch, dass die Nilgänse heimisches Federvieh vertreiben. Das will man natürlich nicht.

Nil- und Kanadagänse

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Am Kalscheurer Weiher finden die Kanada-Gänse sehr gute Lebensbedingungen vor.

Die Geschichte der Verbreitung von Nil- und Kanadagänsen (Foto Rahmann)  ist sehr ähnlich. Beide wurden seit dem 18. Jahrhundert in England als Ziergeflügel gehalten. Ausgebrochene Tiere gründeten die ersten wilden Populationen in West-Europa. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts soll es 500 frei lebende Tiere gegeben haben. Seit den 70er-Jahren verbreiteten sich die Gänse rasant vor allem entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse. (rah)

Ärger mit Kölner Tierschützern verhindern

Aber den Gänsen ist schwer beizukommen. In Frankfurt am Main hat man sich vor nicht allzu langer Zeit nicht anders zu helfen gewusst als die Tiere zu erschießen. Davon rät Bauer ab: „Die Stadt ist ein befriedetes Gebiet. Würde man hier Gänse töten, hätte man sofort Ärger mit Tierschützern. Das wollen wir nicht.“ Das Problem mit der wachsenden Gänsezahl ist zwar erkannt, aber noch nicht definiert. „Wir wissen gar nicht, wie viele Gänse in Köln leben“, sagt Bauer. Zählen sei schwieriger als gedacht. Man wisse eben nicht, wo sich wie viele Tiere aufhalten.

Gänse-Management an Kölner Hotspots

Bauer rät zum Gelege-Management. „Kanadagänsen kann man Gipseier unterschieben.“ Bei Nilgänsen ist das ungleich schwieriger. Die nisten auf Bäumen. Und so wird man im Volksgarten auch in Zukunft beobachten, was Marcordes ganz lapidar beschreibt: „Wenn die Küken die entsprechende Größe erreicht haben, springen die vom Baum und gehen munter ihrer Wege.“

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