Ufer in Köln-PollFräse gräbt Trinkwasser-Tunnel unter dem Rhein

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Sektdusche für eine Tunnelbohrmaschine: Marion Müller von der Rhein-Energie schmiss die Sektflasche.

Sektdusche für eine Tunnelbohrmaschine: Marion Müller von der Rhein-Energie schmiss die Sektflasche.

Poll – Am Samstag wird Marie-Polly startklar sein. Dann wird die mächtige Tunnelbohrmaschine am Poller Rheinufer damit beginnen, sich langsam unterhalb des Rheins zum linksrheinischen Ufer vorzuarbeiten. 40 bis 80 Millimeter wird Marie-Polly pro Minute schaffen und etwa acht Wochen später am Bayenthalgürtel ihre Nase wieder aus dem Erdreich schieben. Pausen sind nicht vorgesehen.

Der auch Düker genannte Leitungstunnel, den die Maschine mit ihrem Durchmesser von 2,40 Metern ab jetzt gräbt, ist Teil eines schon lang geplanten Projekts der Rhein-Energie: Zum ersten Mal soll es eine Verbindung zwischen dem links- und dem rechtsrheinischen Trinkwassernetz geben. Die Verbindung diene der Versorgungssicherheit, so Rhein-Energie-Sprecher Christoph Preuß: „Sollte links oder rechts des Rheins einmal ein Wasserwerk ausfallen, kann der Düker mit Trinkwasserkapazitäten der jeweils anderen Rheinseite »aushelfen«.“

Solche Engpässe habe es bislang zwar nicht gegeben. „Ab er die Stadt wächst“, so Preuß: „Wir müssen vorausschauend investieren, sonst könnten wir mal Kapazitätsprobleme bekommen.“ Der Wassertransfer wird im Notfall wohl vor allem vom Rechts- ins Linksrheinische erfolgen. Denn rechts des Rheins gibt es fünf Wasserwerke, links aber nur drei. Aber auch in der umgekehrten Richtung kann das Wasser fließen.

Die neue Wasserleitung führt von Poll nach Marienburg unterhalb des Rheins.

Die neue Wasserleitung führt von Poll nach Marienburg unterhalb des Rheins.

Anspielung auf Marienburg und Poll

Die Bohrmaschine wird sich in zehn Metern Tiefe unterhalb des Flussbetts durch feuchten Kiessand fräsen. Am Donnerstag bekam das 40-Tonnen-Gerät aber erstmal eine Sektdusche verpasst: Marion Müller, Mitarbeiterin der Hauptabteilung Wasser der Rhein-Energie, taufte es auf den Namen, für den sich die Belegschaft bei einer Abstimmung entschieden hat. Marie-Polly ist eine Anspielung auf die beiden Stadtteile, die der Düker verbindet: Marienburg und Poll.

Trinkwassernetz Köln

Die derzeit zwei Trinkwassernetze in Köln bestehen aus rund 2530 Kilometern Versorgungsleitungen und rund 1290 Kilometern Anschlussleitungen. Linksrheinisch gibt es die Wasserwerke Weiler, Severin und Hochkirchen, rechtsrheinisch die Werke Westhoven, Zündorf, Leidenhausen, Erker Mühle und Höhenhaus. Für die Rhein-Energie ist der aktuelle Düker das dritte Tunnelprojekt unterhalb des Rheines. Ein begehbarer Fernwärmetunnel wurde 1985 fertiggestellt, er beginnt in Höhe der Messe in Deutz und verläuft nahe der Hohenzollernbrücke bis unterhalb des Musical Domes. Ein nicht-begehbarer Fernwärmetunnel verbindet seit zwei Jahren die Stadtteile Niehl und Mülheim. (cht)

„Das Projekt ist technisch und zeitlich sehr anspruchsvoll“, sagte Andreas Cerbe, Netzvorstand des Energieversorgers, auf der Baustelle auf den Poller Wiesen. Insgesamt investiert die Rhein-Energie rund 15 Millionen Euro in den Ausbau. Davon wird nicht nur der 722 Meter lange Leitungstunnel finanziert, sondern auch eine 3,1 Kilometer lange Verbindung von den Poller Wiesen zum Wasserwerk Westhoven. Eine neue Trinkwasserleitung zum Düker-Ende im Bayenthalgürtel ist bereits fertig. Zudem würden mehrere Wasserwerke ausgebaut.

Schacht für die Bohrmaschine

Schacht für die Bohrmaschine

Ende 2019 sollen die Trinkwassernetze dann verbunden sein. Polly-Marie wird sich krumm wie eine Banane durch den Rheinboden bohren, am linken Rheinufer wird sie einen Schlenker um das Bismarck-Denkmal machen. Hat sie ihre Arbeit erledigt, wird die Röhre ausgebaut und eine Wasserleitung mit einem Durchmesser von 70 Zentimetern eingezogen. Anschließend wird die Röhre mit Beton verfüllt. Der Endkunde wird wohl gar nicht mitbekommen, von welcher Rheinseite sein Wasser nun kommt: „Die Wasserqualität auf beiden Seiten ist so gut wie gleich.“

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