Wenn es Nacht wird am RheinboulevardGastronom klagt über Kriminalität in Köln

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Christian Becker betreibt den kleinen Biergarten unter der Hohenzollernbrücke.

  • Biergartenbetreiber Christian Becker klagt über die zunehmende Kriminalität am Rheinboulevard.
  • Einige Kunden würden sogar aus Angst fernbleiben.
  • Das sagt die Polizei zur Lage am Rheinboulevard.

Köln-Innenstadt – Er schimpfe sich inzwischen „Brennpunktgastronom“, sagt Christian Becker, und meine das nicht lustig. Becker, der auch die Gastronomie des Hänneschen-Theaters betreibt, hat einen kleinen Biergarten am Rheinboulevard, gleich unter der Hohenzollernbrücke, zudem ist er für das Platz-Café am Ebertplatz verantwortlich. „Früher bin ich abends mit einem komischen Gefühl zum Ebertplatz gefahren“, sagt er. „Inzwischen hat sich die Lage dort sehr verbessert. Ein komisches Gefühl habe ich seit einiger Zeit, wenn ich zum Rheinboulevard fahre. Obwohl ich den Platz und die meisten Menschen dort sehr mag.“ Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich der Bereich rund um die Rheintreppe zu einem Sammelbecken für junge Menschen entwickelt, „die freitags und samstags abends nicht mehr wissen, wo sie hingehen – und was sie mit ihrer Kraft und Potenz anstellen sollen“.

Köln: Drogen, Pöbeleien und Schlägereien

An einem Spätsommerabend ist das zu besichtigen: Junge Männer, die Schnaps trinken und kiffen sitzen auf der Treppe zur Brücke und schlagen die Zeit tot.

Ein Polizist redet mit zwei jungen Männern, die auf die Frage nach Drogen ahnungslos tun. „Später am Abend wird es hier dann oft aggressiv“, sagt Christian Becker. „Die Aggressionen entladen sich in Pöbeleien und Schlägereien.“

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Kunden in Köln bleiben aus Angst fern

Die Beobachtung ist nicht neu. Die Erfahrungen, die die Angestellten des Biergartens gemacht haben, verdeutlichen aber, dass „die Stadt aufpassen muss, dass der Ort nicht kippt“, wie Christian Becker sagt. „Wir reden hier über einen der schönsten Plätze der Stadt. Einige Kunden kommen schon nicht mehr, weil ihnen die Stimmung hier abends Angst macht.“

Am Samstag vor einer Woche will eine von Beckers Angestellten den Biergarten schließen, als ein kräftiger junger Mann sie anraunzt: „Ich will noch was trinken.“ Die Frau bittet um Verständnis, dass die Bude geschlossen sei – „ehe ich mich versah, holte der Mann aus und wollte mich am Nacken packen. Ich konnte ausweichen und habe gedroht, die Polizei zu rufen“, sagt sie.

Beckers Kollege ging bei Prügelei dazwischen

Täglich erlebe sie am Wochenende, wie betrunkene junge Männer frech und aggressiv würden, „sie haben uns auch schon vor den Bierwagen gespuckt“. Schlägereien? „Jeden Abend.“ Erst vor ein paar Tagen musste einer der Mitarbeiter dazwischengehen, als vier oder fünf junge Männer einen Schwarzen Jugendlichen brutal verprügelten und auf ihn eintraten.

„Dabei hat unser Kollege eine Faust aufs Ohr bekommen“, sagt Christian Becker. „Es ist einfach nicht mehr lustig – wir haben Stammkunden, die den Ort inzwischen meiden. Ich denke aber, das ließe sich ändern, wenn Ordnungsamt und Polizei am Wochenende präsenter wären.“

Polizei zeichnet differenziertes Bild

Im Juli bewarfen junge Männer Beamte einer Hundertschaft mit Flaschen, beleidigten sie und verhielten sich äußerst aggressiv. Einige Beamte beklagen eine zunehmende Respektlosigkeit und Aggressivität am Rheinboulevard.

Auf Anfrage zeichnet die Kölner Polizei ein differenzierteres Bild: Die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz hätten sich im Vergleich zum Vorjahr (113 Anzeigen) fast halbiert. Die Zahl der angezeigten Körperverletzungen liege indes um fast 50 Prozent höher als 2019, als 28 Fälle zur Anzeige gebracht wurden. Die Zahl der Taschendiebstähle am Rheinboulevard sei leicht gesunken, etwa wie im Vorjahr seien rund 20 Fälle von Sachbeschädigungen angezeigt worden.

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939 Platzverweise wurden für den Bereich Rheinboulevard ausgesprochen – die hohe Zahl hänge vor allem mit nicht eingehaltenen Abstandsregeln während der Corona-Pandemie zusammen. Auch die gestiegene Zahl der Körperverletzungen hält die Polizei für „nicht repräsentativ“, die Zahlen seien „teilweise dem Einfluss der Corona-Pandemie“ zuzuschreiben. Das glaubt auch Christian Becker: „Durch die Schließung der Diskotheken und einiger Plätze hat sich der Rheinboulevard mehr und mehr zum Treffpunkt für bestimmte Gruppen entwickelt“, sagt er.

Entspannung im Herbst

Seit März hätten sich die an den Rheinboulevard angrenzenden Straßen wie Kennedyufer, Rheinparkweg, Charle-de-Gaulle-Platz, Auenweg und Alfred-Schütte-Allee zudem verstärkt zu Treffpunkten des „Tuner-, Poser- und Raserklientels“ entwickelt, hat die Polizei beobachtet. Die Behörde führt das auch auf die zwischenzeitliche Schließung der Gastronomie und Diskotheken auf den Ringen zurück.

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Seit die Restaurants und Bars auf den Ringen wieder geöffnet haben, habe sich die Lage entspannt. Die Polizei habe in diesem Jahr in dem Bereich lediglich zwei Strafanzeign wegen „verbotenem Kraftfahrzeugrennen“ erstattet und diverse Ordnungswidrigkeiten registriert. Für den Herbst und Winter geht die Polizei von einer deutlichen Entspannung der Lage am Rheinboulevard aus.

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