InterviewKölner Galerist Heinz Holtmann: „Ein Skulpturenfestival am Rhein“

Lesezeit 6 Minuten
Neuer Inhalt

Heinz Holtmann (79) ist Kunsthändler. Seine Galerie ist im Rheinauhafen.

Köln – Herr Holtmann, Sie werden im nächsten Jahr 80 und haben gerade Ihre 40. Art Cologne erfolgreich hinter sich. Wie geht es Ihnen?

Gut! Ich habe im Leben alles richtig gemacht und würde es wieder so machen, weil mir die Arbeit trotz meines Alters noch immer wahnsinnig Spaß bereitet.

Sie sind kein gebürtiger Kölner, sondern Westfale, wie sind Sie nach Köln gekommen?

Alles zum Thema Gerhard Richter

Bei den Feierlichkeiten zur Verleihung des Kaiserrings an Victor Vasarely - das ist ein Kunstpreis, mit dem die Stadt Goslar seit 1975 zeitgenössische Künstler ehrt – hat Eva Stünke zu mir gesagt: "Wollen Sie hier wirklich an der Zonengrenze versauern? Übernehmen Sie doch unsere Galerie in Köln!"

Seit 1980 in Köln

Sie waren damals der Gründungsdirektor des Goslaer Museums und haben dann quasi Ihre Koffer gepackt?

Hein und Eva Stünke hatten die Galerie "Der Spiegel". Nachdem ich 1979 zunächst ihre Werkstätten in der Eifel kaufen konnte, habe ich 1980 die Räume der Galerie übernommen und als erstes eine Beuys-Austellung gezeigt.

Zur Person

Bevor Heinz Holtmann 1980 die Räume der Galerie „Der Spiegel“ von Hein Stünke (im Bild 1967 vor einem Plakat des Kunstmarkt Köln/ Foto: Zadik Archiv) und Eva Stünke übernahm und seine Kölner Karriere mit einer Beuys-Ausstellung startete, war der gebürtige Westfale Direktor des Kunstvereins Braunschweig sowie Gründungsdirektor des Museums in Goslar und dort beratendes Jurymitglied für den Kunstpreis „Kaiserring“.

Die Kunstgalerie „Der Spiegel“, im Jahr 1945 von Hein Stünke und seiner Frau Eva ursprünglich in Deutz gegründet, existiert noch immer. Sie wird heute unter dem selben Namen von Stünkes Nachfolger Werner Hillmann in der Richartzstraße betrieben. Aktuell ist dort die Ausstellung „Rückspiegel“ zu sehen

In 40 Jahren als Galerist war der 79-Jährige Heinz Holtmann auf rund 160 Kunstmessen weltweit vertreten. In seiner Galerie im Rheinauhafen war zuletzt ist eine Ausstellung der jungen Kölner Künstlerin Alicia Viebrock zu sehen.

Heinz Holtmann fungierte zudem lange als Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien und war zwölf Jahre Vorsitzender vom Archiv des Internationalen Kunsthandels. (she)

Was war das damals in dieser Stadt für eine Zeit für die Kunst? Als ich herkam, war Köln die Hochburg schlechthin. Es gab damals einen ganzseitigen Bericht in der "New York Times" unter der Überschrift: "Läuft uns Köln den Rang ab?" Das war ein echtes Thema für die. Gerhard Richter kam nach Köln, Sigmar Polke ebenfalls. Das war eine spannende Zeit.

Auch für Ihre Galerie?

Zu unseren Ausstellungseröffnungen kamen damals bis zu 600 Leute. Die Richartzstraße musste teilweise gesperrt werden aufgrund des Ansturms. Die Leute wollten alle Beuys sehen.

Der auch höchstselbst kam?

Ja klar. Wir kannten uns ja bereits persönlich, sonst hätte er das wohl nicht gemacht.

Erinnern Sie sich noch gut an Ihre Anfänge auf der Art Cologne?

Die heutige Art Cologne geht ja auf eine Idee von Hein Stünke und seinem damaligen Assistenten Rudolf Zwirner zurück. Beide wollten mit der Gründung des "Kunstmarkt Köln '67" - damals noch im Gürzenich - den deutschen Kunsthandel ankurbeln. Das Amüsante ist, dass die daraus entstandene "Art Cologne" zu meiner Anfangszeit noch im Wechsel mit Düsseldorf stattfand. Weil in Köln jedoch mehr verkauft wurde, einigte man sich schließlich auf Köln aus dauerhaften Standort.

„Ich war positiv überrascht von der Messe in Düsseldorf“

Nun ist im letztem November - von Köln kritisch beäugt - erstmals eine eigenständige "Art Düsseldorf" an den Start gegangen.

Ich habe daran teilgenommen und war positiv überrascht von der Atmosphäre. Ich hatte bis auf einen nur neue Sammler, die nicht aus Köln kamen. Das hätte ich nicht vermutet. Vor dem Hintergrund kann es also durchaus sinnvoll sein, zwei Messen im Rheinland zu haben. Obwohl ich als Kölner Köln bevorzuge.

Etliche Galeristen aus Köln sind Anfang des Jahrtausends nach Berlin gegangen und vielfach ernüchtert zurückgekehrt.

Ich habe ja bereits Mitte der 90er Jahre eine zusätzliche Galerie in Berlin eröffnet und habe nur Minus gemacht. Später habe ich andere gewarnt. Da gibt es wenig Großindustrie. Und Politiker sind keine Sammler.

„Der Hauptübeltäter war Norbert Walter-Borjans“

Gab es noch andere Gründe fürs Scheitern?

Ja, die Anhebung der Mehrwertsteuer von 7 auf plötzlich 19 Prozent im Jahr 2014 hat vielen Galeristen das Genick gebrochen. Und der Hauptübeltäter für diese Entwicklung saß hier in Köln: Norbert Walter-Borjans. Als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz hat er uns das eingebrockt und eine Margensteuer verhindert. Jetzt bei der neuen Regierung plädiere ich dafür, dass wir das Thema noch mal anpacken.

Lassen Sie uns noch mal auf die Sammler zu sprechen kommen. Die werden im Rheinland ja auch nicht jünger. Was ist mit der nachfolgenden Generation. Gibt die Ihr Geld noch für Kunst aus?

Ich habe schon länger nicht nur die etablierten Künstler, die ich von Anfang an hatte, sondern habe mich mehr um junge Künstler bemüht. Anton Henning, Tobias Nink, oder die 32-jährige Alicia Viebrock. Bei ihrer Vernissage waren ganz viele junge Besucher da.

Mit anderen Worten: Man kann jüngere Leute über die Kunst von jungen Künstlern ansprechen?

Ja, ich erlebe das so.

Sie sind mit Ihrer etablierten Galerie nach 20 Jahren von der Richartzstraße weggegangen und in Rathausnähe gezogen. Weshalb?

Ich habe mich in der Richartzstraße sehr wohl gefühlt, nur die Miete war wahnsinnig hoch. Am Standort Obenmarspforten war ich gar nicht glücklich. Der Parkplatz dort glich mehr einer Bedürfnisanstalt. Fürchterlich! Dann kam die Idee, in den Rheinauhafen zu ziehen.

Eine gute Entscheidung?

Heute haben wir bei unseren Vernissagen sonntags zwischen 100 und 300 Besucher. Von Adenauers bis Gerhart Baum sind alle da.

Kommt noch ein Aber?

Ja, die Rheinauhafengesellschaft hat von Anfang an kein richtiges Konzept gehabt. Hier hätte eine viel größere Mischung an Geschäften entstehen müssen - vom Feinkosteinzelhandel bis zum Kiosk. Und was haben wir stattdessen? - Muckibuden und Anwälte. Die haben einfach losvermietet bzw. versucht, das Terrain mit falschen Sachen zu beleben: einem Gebrauchtfahrradmarkt, mittelmäßigen Weinfesten und sogenannten Lifestyle-Events.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was würden Sie vorschlagen?

Wir wünschen uns Belebung, aber nicht um jeden Preis. Wir wollen nicht von ständigen Events umgeben sein. Hier genügen eine oder zwei Veranstaltungen, aber die müssen hochkarätig sein.

Und das klappt in Köln nicht?

Man muss es richtig machen. Meine Idee für den Rheinauhafen wäre ein jährliches Skulpturenfestival mit 30 bis 40 internationalen Künstlern. Da müsste die Stadt mitmachen, da braucht man Sponsoren. Ich würde zwei große weiße Zelte aufstellen lassen, wo junge Künstler mit Marmor oder Holz arbeiten, damit der Bürger auch mal sieht, wie Kunst entsteht und wie viel Mühe Kunst macht.

Ein reines Kunstfestival?

Nein, man bräuchte ansprechende Gastronomie. Und eröffnen könnte man das Festival mit zwei angestrahlten Wasserfällen von der Severinsbrücke und der Südbrücke. Man könnte versuchen, den dänischen Künstler Olafur Elíasson dafür zu gewinnen, der Ähnliches schon sehr spektakulär in Manhattan inszeniert hat. Elíasson ist in New York ein Star und hat eine Zeit lang unentdeckt in Köln gelebt. Außerdem könnten zehntausend Besucher jeweils ein kleines Holzschiffchen, in dem eine Kerze brennt, in den Rhein lassen.

Das klingt sehr schön.

Ja, man darf nicht vergessen, nicht nur der Karneval, auch die Kultur ist ein Wirtschaftsfaktor. Ich habe meine Idee bereits Frau Reker vorgeschlagen, die war sehr angetan.

KStA abonnieren