Jochen Blatzheim verabschiedet sichHenriette Reker plädiert für Rettung der Bastei

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Wartet seit 20 Jahren auf eine dringend nötige Sanierung: die Bastei.

Wartet seit 20 Jahren auf eine dringend nötige Sanierung: die Bastei.

Köln – Der eine kam und fuhr erbost gleich wieder, weil er nicht mehr an dem Tisch platziert war, an dem er immer gesessen hatte. Einem zweiten ehemaligen Top-Manager, der sonst stets geladen war, wurde der Einlass verwehrt, weil er dieses Mal keine Einlasskarte hatte. Und mehrere kamen in jecker Litewka, obwohl es sich dieses Mal explizit um keine karnevalistische Veranstaltung mehr gehandelt hatte – und ließen sich flugs Ersatzkleidung bringen.

Die 50. und letzte Einladung des Gastronomen Jochen Blatzheim an Karnevalsdienstag – seit 2009 erstmals wieder und letztmals in der Bastei – verlief ganz nach dem Geschmack des gnadenlos ehrlichen Gastgebers, der Ende März mit 74 Jahren in den Ruhestand tritt: nämlich anders als von vielen erwartet.

Keine ungewollten Gäste zu Blatzheims Abschied

Blatzheim hatte niemanden mehr eingeladen, den er nicht mochte. Auch die Verkündigung des neuen Mottos hatte keinen Platz mehr und war aus dem Grund ja bereits im Rosenmontagszug enthüllt worden. Es war der Tag des Jochen Blatzheim, der nichts anderes in den Schatten stellen sollte und wollte.

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Die, die kommen durften, schienen so erleichtert, dass sie sich manch Bekenntnis entlocken ließen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach sich in dem Panorama-Restaurant für die Rettung des denkmalgeschützten Bauwerks aus, das seit 1997 nur noch für geschlossene Gesellschaften nutzbar ist. „Wir sollten es doch gemeinsam schaffen, dieses Juwel zu erhalten.“

„Karneval ohne Blatzheim ist wie Dreigestirn ohne Prinz“ 

Anwalt Olaf Junge porträtierte in einer Rede seinen Freund treffend mit allen Ecken und Kanten, würdigte seine Großzügigkeit, die er etwa mit den großen Essen für Obdachlose, die Blatzheim seit fast 20 Jahren ausrichtet, beweise, ohne großes Aufsehen darum zu machen. Er lobte aber auch dessen Geradlinigkeit: „Du warst nie stromlinienförmig, eher eine barocke Figur. Aber Du kamst immer von vorne, nie hinterrücks. Viele werden ihn vermissen. Selbst seine Feinde.“

Nachfolger Bernhard Conin freut sich auf die neue Aufgabe, zeigte aber auch Respekt: „Karneval ohne Blatzheim ist wie Dreigestirn ohne Prinz.“ Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach ernannte ihn zum Chef de la Cuisine auf Lebenszeit.

Der 74-Jährige will zunächst zur Ruhe kommen, aber dem Karneval die Treue halten.

Blatzheim hatte das letzte Wort

Wenn nach dem 1. April 2017 die Gürzenich-Gastronomie in die Verantwortung der KölnKongress Gastronomie GmbH endgültig übergeben sind, werden die „Blatzheim-Betriebe Jochen Blatzheim“ liquidiert. Damit endet die Geschichte eines Familienbetriebs, die nicht weniger als 60 Jahre angedauert hat. Natürlich nicht ohne, dass „der letzte Blatzheim“ und gelernte Koch Nachfolger Conin noch zeigte, wie Saftschinken richtig angeschnitten wird.

Und selbstverständlich hatte er das letzte Wort. An der Seite seines siebenjährigen Enkels Hanibal, der mit Blatzheims Tochter Chantal in der Schweiz lebt, verabschiedete sich Jochen Blatzheim von seinen privaten Gästen vieldeutig: „Wer weiß, was aus so einem kleinen Bub mal wird. Danke für Ihr Kommen und bis bald.“

Die Geschichte der Bastei

Die von Wilhelm Riphahn 1924 auf Resten eines Befestigungsturms von 1834 errichtete Bastei wurde 1959 von Hans Herbert Blatzheim als Restaurant eröffnet. Nach dessen plötzlichem Tod 1968 übernahm sein 24-jähriger Sohn Jochen. Das acht Meter über das Rheinufer ragende Bauwerk ist seit 1997 wegen nicht mehr zeitgemäßer Rettungswege, mangelhaftem Brandschutz und fehlender Barrierefreiheit nicht mehr öffentlich zugänglich. Eigentümer ist seit 2001 die Messe, Pächter Köln-Kongress. Zuvor war die Stadt allein Eigentümerin. (kaz)

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