KlinikumEin Krankenhaus zieht um

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In den Räumen der Bronchoskopie der Lungenklinik werden neue Geräte samt Material ausgepackt.

In den Räumen der Bronchoskopie der Lungenklinik werden neue Geräte samt Material ausgepackt.

Merheim – Notfälle sind ihr Ding. Ausschließlich eigentlich. Organisation und Notfallpläne sind der Arbeitsbereich von Anke Steck. Doch auf diesen Notfall-Patienten ist die 44-Jährige gerade nicht vorbereitet. „Meine Schienen sind nicht da“, ruft ein Oberarzt verzweifelt, als er seine Kollegin im Neubau des Klinikums Merheim erspäht. Und: Er ist kein Orthopäde, der Brüche zu schienen hätte. Der Kollege ist aus der Inneren Medizin und muss – wie 500 andere Kollegen – auf dem Gelände an der Ostmerheimer Straße umziehen. Unter laufendem Betrieb. Vom Altbau in den Neubau. Und es sind die Schienen für die Aktenschränke, die fehlen. Weshalb sich jetzt „tonnenweise“ Patientenakten vor seinen Augen türmen.

Am Klinikum Merheim ist ein sechsgeschossiger Neubau mit Funktionsbereichen, Pflegestationen und einem Hubschrauberlandeplatz entstanden. Am Montag wird das Haus mit dem Namen 20b eingeweiht. Bis Mitte Juli ziehen neun klinische Abteilungen ein. Es sind die Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, die neurologische Klinik mit Schmerzambulanz und MS-Zentrum, die neurochirurgische Ambulanz und die plastische Chirurgie. Im Obergeschoss sind die Lungenklinik, die Klinik für Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, die Innere Medizin I, die Anästhesiologie und die Augenklinik. (kaz)

Einfach ins Möbelhaus fahren und welche holen? „Wenn das so einfach wäre“, sagt Steck, die seit zwei Monaten als Projektleiterin Inbetriebnahme nichts als den Umzug betreut, der noch mindestens bis Mitte Juli andauern wird. „Das muss ja alles über den Generalunternehmer abgewickelt werden.“ Schon der Einzugstermin hatte sich verzögert – März war eigentlich geplant – „weil jedes so große Bauprojekt Überraschungen birgt“, wie Klinik-Sprecherin Monika Funken erklärt.

Anke Steck übernahm fortan. Und dass es wie bei privaten Umzügen immer Pannen gibt, war ihr vorher klar. „Sonst wär’s ja langweilig“, findet sie. Trotzdem hat die Organisatorin schon mal daran gedacht, sich ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich bin schuld“ zuzulegen. Humor hat sie. Den braucht sie auch. Denn seit drei Wochen zieht sie täglich einen Bereich um.

Sprechstunden verlegt

Allein die Einrichtung der Operationssäle brauchte sieben Tage. Zeitgleich werden Ärzte in neues medizinisches Gerät eingewiesen, Gertrud Buhr und Christian Tänzer von der Versorgung bestücken Schränke mit Material. „Seit Anfang 2011 bereiten wir uns darauf vor“, so Buhr. „Jetzt sind wir froh, dass es endlich so weit ist.“ Die kranken Menschen spüren von all dem Durcheinander kaum etwas. Höchstens zwei Tage lang werden Patienten, bei denen nichts Akutes droht, nicht einbestellt, Sprechstunden in andere Räume verlegt. „In der Regel ist nach einem Tag mit Hilfe eines Umzugsunternehmens das Gröbste geschafft. Auch jeder zweite Computer und jedes zweite Telefon funktioniert dann wieder.“

Eine Patientin irrt noch über die Flure und sucht nach der neuen Adresse für das EKG. Hier geht eine Tür nicht mehr auf, weil ein Kopiergerät sie blockiert. Dort fehlt noch eine Genehmigung für den Hubschrauberlandeplatz von der Bezirksregierung. Im Flur der Bronchoskopie wird ein Transportkoffer für ein Endoskop vermisst. „Doch insgesamt ist alles recht gut organisiert.“ Es werde eine Zeit dauern, bis alles eingespielt sei. Auch bei der Ausschilderung gebe es noch Nachbesserungsbedarf. Dann würden alle – Patienten wie Mitarbeiter – von der 67-Millionen-Euro-Investition profitieren. Wo es früher allein für die Unfallchirurgie drei Anlaufpunkte in zwei Häusern gab, soll ein klarer getrennter Patientenempfang Verbesserungen bringen. Ebenso getrennte Warteräume für akute Notfallpatienten (im Altbau) und solche, die nur zur Nachsorge kommen (Neubau). Wenn jetzt noch das Problem mit dem Handyempfang gelöst wäre. Mehr verbautes Metall und dickere Wände im Neubau verhindern derzeit jede mobile Kommunikation, so dass zusätzliche Antennen erwogen werden. „Aber“, so Steck, „man soll ja ohnehin nicht im Krankenhaus telefonieren.“

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