Pfarrer aus Köln-Neubrück„Wenn wir nicht am Ball bleiben, rutscht das Viertel ab“

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Die Kirche St. Adelheid ist ein moderner Sakralbau, der 1969 eingeweiht wurde.

  • Pfarrer Gerd Breidenbach über die Architektur der Kirche St. Adelheid und die Probleme in Neubrück

Ohne Ihnen nahetreten zu wollen: Von außen sieht die Neubrücker Kirche St. Adelheid aus wie eine Turnhalle.

Das ist eine Kirche, die 1969 nach den Grundsätzen des Zweiten Vatikanischen Konzils errichtet wurde, der ja einen Erneuerungsprozess in der katholischen Kirche bedeutete. Vor dem Konzil saßen die Leute alle in Richtung Altar, und der Priester stand mit dem Rücken zum Volk.

Bei uns steht der Altar in der Mitte und das Volk Gottes versammelt sich drum herum. In Neubrück ist versucht worden, die neue Liturgie baulich umzusetzen. Von innen hat die Kirche auf jeden Fall mehr zu bieten als von außen. Aber der Architekt hat versucht, St. Adelheid dem Erscheinungsbild des neuen Stadtteils anzupassen. Dazu passt natürlich kein barocker Bau.

Mit seinen riesigen Hochhäusern scheint Neubrück ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein.

Es gibt beides: Hochhäuser und Einfamilienhäuser. Neubrück ist auch viel grüner, als der erste Eindruck vermuten lässt. Der Stadtteil ist gut gestartet: 1968 zogen viele beruflich gut integrierte Familien hier hin, in den Hochhäusern wohnten etliche Beamte.

Aber die Sozialstruktur hat sich gewandelt. Neubrück gehört zu einem Gürtel aus Stadtvierteln, die nicht mehr so privilegiert sind. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger und der Menschen mit Migrationshintergrund steigt. Diese Menschen zu integrieren, ist die Aufgabe der Zukunft.

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Pfarrer Gerd Breidenbach

Was tut die Kirche dafür?

Wir investieren in das Viertel, aktuell etwa sechs Millionen Euro. Das alte Pfarrheim kann nicht mehr betrieben werden, es wird abgerissen und neu gebaut. Direkt an die Kirche. Es soll ein niederschwelliges Begegnungszentrum werden mit großem Caféraum im Foyer.

Hoffentlich können wir im Sommer mit dem Abbruch beginnen. Auch ein Gebäude mit Wohnungen, einer Wohngruppe für Jugendliche und einer Arztpraxis soll entstehen.

Gibt es darüber hinaus keine Treffpunkte?

Es fehlt an allem. In Neubrück gibt es nur noch eine Kneipe, Restaurants gar nicht mehr. Man sieht, dass im Stadtteil etwas passiert ist – im Negativen. Wir sind froh, dass wir immerhin einen Supermarkt haben.

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Etwa 34 Prozent der Bewohner Neubrücks sind katholisch, 16 Prozent evangelisch, der Rest hat eine andere Konfession oder gar keine. Keine einfache Aufgabe für einen Pfarrer.

Es findet ein großer Umbruch statt. Weil Neubrück auf der grünen Wiese komplett neu entstanden ist, sind auch viele der Ur-Siedler in einem mittlerweile fortgeschrittenen Alter. Wir müssen jetzt einen krassen Generationenwechsel meistern.

Es sind viele Menschen muslimischen Ursprungs oder Konfessionslose zugezogen. Vereine und Initiativen versuchen, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Aber das ist harte Arbeit.

Was muss die Stadt leisten, damit Neubrück stabil bleibt?

Die Stadt muss städtebaulich einiges voranbringen. Pläne für eine Sanierung des Marktplatzes gibt es zwar, aber es hapert an den finanziellen Mitteln. Auch Polizei und Ordnungsamt müssen kontinuierlich Präsenz zeigen, damit die Kriminalitätsrate nicht steigt.

Eine Anbindung des Neubrücker Zentrums an das Straßenbahn-Netz wäre ebenfalls sinnvoll. So war es ursprünglich auch angedacht.

War der Spruch von Konrad Adenauer, es handele sich um die fortschrittlichste Siedlung Deutschlands, ein bisschen zu optimistisch?

Das mag damals so gewesen sein, so hat man eben gedacht. Und die Grundplanung war gar nicht schlecht. Aber wenn wir nicht am Ball bleiben, rutscht das Viertel ab.

Gerd Breidenbach (56) ist Leiter der Pfarreiengemeinschaft Am Heumarer Dreieck, intern „Roncalli“ genannt. Dazu gehören fünf Kirchen in Rath/Heumar, Ostheim und Neubrück.

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