Streit um Dirt-TrackStadt Köln lässt Brücker Parcours einebnen

Lesezeit 4 Minuten
Dirt Track2

Emil Roßbach (l.) und Sascha Bamberg sind traurig, weil die Stadt ihre Hindernisstrecke zerstört hat. 

Der Bagger hatte gründlich gearbeitet: Wo zuvor sein Pumptrack war – ein Rundkurs aus angelegten Lehmhügeln für Mountainbiker – fand Emil eines Morgens nur noch Schollen aufgebrochener Erde vor. Und die Jump Line nebenan war vollständig plattgemacht. Zusätzlich hatte der Baggerfahrer schwere Baumstämme auf die letzten Überreste der Aufschüttungen geschoben. Damit niemand mehr auf die Idee kommt, dort mit dem BMX-Rad herumzukurven.

Zwischen KVB-Gleisen und Flehbach

„Wir haben so viel Zeit und Arbeit in diese Strecke gesteckt“, trauert der 14-Jährige dem Brücker Pumptrack hinterher, der in einem Waldstück zwischen KVB-Trasse und Flehbach lag und von den Jugendlichen wegen seiner Lage „Tree Trail“ genannt wurde. Ein Jahr lang besuchte Emil den Parcours, zuweilen täglich, manchmal in Freistunden. Etwa 100 Sportler hätten den Track in der Woche genutzt, schätzt Emil. Ihm ist bewusst, dass es sich nicht um eine offizielle Sportstätte handelte: „Wir haben diese Strecke illegaler Weise gebaut, weil wir keine andere Möglichkeit sahen“, sagt Emil. „Die Stadt lässt nur Strecken abreißen und bietet keine neuen.“ Für Fußball- oder Tennisplätze aber sei immer Geld da.

MDS-KSTA-2020-08-13-71-163937639

Auf dem Gelände am Adenauer Weiher waren zeitweise richtige Profi-Rampen aufgebaut. 

Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Amts für Landschaftspflege und Grünflächen, zeigt Verständnis für Emil: „Der Sport ist sehr im Kommen, aber es fehlt an geeigneten Plätzen.“ Die Kreativität der jungen Leute sei im Grunde zu begrüßen. Dennoch hatte Bauers Amt vor einigen Wochen angekündigt, alle illegalen Parcours für Mountainbikes und BMX-Räder dem Erdboden gleich zu machen. In der Mitteilung hieß es, die Erdarbeiten beim Bau der Pumptracks griffen „zum Teil unmittelbar in den Wurzelraum der Bäume ein“. Deren Standfestigkeit sei dann nicht mehr garantiert. Die Verwaltung versichert aber auch, nach geeigneten Flächen zu suchen, doch laut Bauer ist das nicht so einfach: „Das Gelände darf nicht in einem Landschaftsschutzgebiet liegen, und Anwohner dürfen sich nicht gestört fühlen.“

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

MDS-KSTA-2020-06-20-71-162297779 (2)

Auf dem Junkersdorfer Track waren Kinder mit ihren Eltern unterwegs. 

Ersatz in Longerich und Gremberg

So sei man erst an zwei Stellen fündig geworden: In Longerich soll auf einem ehemaligen Fußballplatz ein Pumptrack entstehen (siehe Bericht unten), in Gremberg wird ein etwa 3000 Quadratmeter großes Areal am Grünzug Westerwaldstraße umfunktioniert. Wann sie eröffnet werden, steht noch in den Sternen. Ohnehin können sie den Bedarf nicht decken, gerade Nachwuchssportler bräuchten Tracks in ihrer Nähe. Sascha Bamberg vom Verein Dirt Stylists aus Bergisch Gladbach kennt das Problem und meint, die Verwaltungen sollten flexibler sein. „In einem Landschaftsschutzgebiet würden wir auch keinen Track anlegen, aber der Brücker Parcours wurde vor mehr als zehn Jahren auf dem früheren Gelände einer Gärtnerei gebaut. Das ist kein Wald, sondern eine Müllhalde“, meint der 37-Jährige, der selbst häufig am Flehbach „pumpt“.

Risiko nicht größer als im Skaterpark

Bamberg hat den Eindruck, dass die Verwaltung ein Auge zudrückt, wenn es um Tracks geht. Sie sei aber zum Handeln gezwungen, sobald sich Bürger über die illegalen Anlagen beschweren: „Jetzt in der Corona-Zeit sind viele Spaziergänger im Wald unterwegs, denen so etwas auffällt. “ Eine häufig geäußerte Sorge, die auch Bauer umtreibt, kann Bamberg nicht teilen: „Klar, man stürzt schon mal, wir haben alle Blessuren“, sagt er. „Aber im Vergleich den Fußballverletzungen meiner Kumpels sind die eher milde.“ Die Skaterparks aus Beton und Stein seien gefährlicher: „Davon gibt’s einige in der Stadt, die funktionieren auch ohne Aufsicht.“ Von der Nutzung eines „mobilen Pumptracks“, wie ihn die Stadt vor dem Rhein-Energie-Stadion aufgebaut hat, rät er aber ab: „Die Bahnen sind zu schmal, da fliegen wir mit dem Rad aus der Kurve, das ist nur was für Scooter.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Emils Mutter jedenfalls hat keine Probleme mit seinem Hobby: „Dann sitzt er nicht den ganzen Tag vor dem Computer. Er ist an der frischen Luft und hat hier Freunde gefunden“, sagt Annette Roßbach. Sie hatte sich das Treiben am „Tree Trail“ genau angesehen und sogar eine Runde gedreht. Ihr Urteil: „Ungefährlich, aber beim Sport kann man sich immer verletzen, das ist nie ganz auszuschließen.“ Emil bestätigt das: „Das Schienbein habe ich mir hier auch schon mal aufgeratscht, aber meinen einzigen ernsthaften Unfall hatte ich auf einem Radweg an einer Bahnunterführung.“

KStA abonnieren