Zwei Mannschaften geschlossenOhne Kunstrasen gibt es keine Kölner Nachwuchskicker

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Kicker Buchforst

Über die Misere diskutierten Vorstandsmitglieder der beiden Vereine auch mit dem CDU-Ratskandidaten Dominik Kaven (2.v.r).   

Buchforst – Kunstrasenbelag für Sportplätze – an sich eine gute Idee. Darauf kann man auch bei Regenwetter noch spielen, wenn sich ein Aschenbelag längst in eine Matsch- und Pfützenhölle verwandelt hätte. Und wer fällt, verletzt sich auf Kunstrasen auch nicht so schnell. Kunstrasenplätze können aber auch ernste Probleme mit sich bringen – und zwar für jene Vereine, die keinen haben.

Wie die DJK Buchforst-Kalk zum Beispiel, die auf einem Aschenplatz an der Kopernikusstraße trainiert und spielt. Da geht es langsam ans Eingemachte: „Im vorigen Jahr hatten wir noch eine Seniorenmannschaft und ich vier Jugendmannschaften, inzwischen mussten wir zwei Jugendmannschaften schließen“, erzählt der Vereinsvorsitzende Mario Goeblet. Denn zahlreiche Vereine in der Umgebung in Kalk, Poll, Holweide, Mülheim, Vingst, Stammheim oder Dellbrück, verfügen mittlerweile über Kunstrasenplätze: „Alles von Buchforst aus gut mit Bus oder Bahn zu erreichen.“

Kunstrasenplätze sind länger bespielbar

Da fangen die Eltern der jungen Kicker an zu rechnen: Für einen vergleichbaren Monatsbeitrag können ihre Kinder bei Kunstrasen-Vereinen häufiger trainieren, weil die Plätze bei Regen länger bespielbar sind. Neben der Angst vor Verletzungen spielt zuweilen auch die Frage nach der Sauberkeit der Trikots eine Rolle. „Die Kinder denken schon ähnlich“, erzählt Mario Stein, Trainer der DJK-Senioren, „ich habe schon erlebt, dass einige Jungen bei unserem Sommerturnier mitmachen wollten, aber sofort wieder umgekehrt sind, als sie sahen, dass wir »nur Rasen« haben.“

Eine schwere Krise hatte man in der Kopernikusstraße schon 2017 erlebt, als der Vorgängerverein FC Buchforst, der in den 90er Jahren noch zehn Mannschaften hatte, aufgelöst wurde. Goeblet gründete damals zusammen mit dem heutigen Jugendleiter Heinz Gras gleich die DJK aus den Resten des alten Vereins und konnte mit dem neuen Jugendtrainer Marcel Gottsmann tatsächlich neue Nachwuchskicker begeistern. „Die Jugendlichen würden auch gerne weiter kommen, ein in Buchforst verwurzelter Verein könnte erfolgreich sein, wenn er einen Rasenplatz hätte. Denn der Stadtteil ist einer der kinderreichsten in Köln“, meint Ali Esen, Mitglied des Integrationsausschusses sowie des Sportausschusses der Stadt Köln.

Stadt kann keine schnelle Abhilfe versprechen

Esen ist auch Vorsitzender von Anadoluspor Köln, einem Verein, der seit Anfang der 80er Jahre ebenfalls an der Kopernikusstraße trainiert. Anadoluspor kann derzeit gar keine Jugendmannschaft aufstellen: „Wir säen, andere ernten“, sagt er mit Blick auf die jungen Kicker, die in den vergangenen Jahren von der Kopernikusstraße zu Kunstrasen-Vereinen abgewandert sind.

Schnelle Abhilfe kann man auch bei der Stadt nicht versprechen, denn die Anlage eines Kunstrasenplatzes ist mit einer Million Euro nicht gerade billig, entsprechende Anträge werden auf der Grundlage einer Prioritätenliste nach und nach abgearbeitet. Mit ihren Problemen stünden DJK und Anadoluspor keineswegs allein da, erklärt Pressesprecher Jürgen Müllenberg: „Alle Vereine, die bislang noch nicht über einen Kunststoffrasenplatz verfügen und auch nach der aktuellen Prioritätenliste 2018-2020 nicht berücksichtigt sind, haben ähnliche Sorgen wie die DJK Buchforst- Kalk.“ Derzeit gebe es stadtweit 43 Kunstrasenplätze, weitere 23 befänden sich in der Planung beziehungsweise im Bau: „Mit jedem fertiggestellten Platz erhöht sich allerdings der Druck auf die noch nicht berücksichtigten Vereine.“

Aktuell werde eine neue Prioritätenliste erstellt, dabei spielten Kriterien wie der Sanierungsbedarf oder die Anzahl der Vereine, die einen Platz nutzen, eine Rolle. Aber auch die Zahl der Mannschaften, die dort trainiert. Auf der einen Seite Mitgliederschwund wegen des fehlenden Rasenplatzes, den wiederum bevorzugt Vereine mit vielen Mannschaften kriegen – ein klassischer Teufelskreis. Hoffnung schöpfte Mario Goeblet, als OB Reker zuletzt bei einem Besuch viel Verständnis für die Situation des Vereins zeigte: „Und die Grundschule nebenan hat uns zugesagt, dass sie eine Mädchenmannschaft aufstellen wird, auch der Schulsport ist ein Argument für uns.“ Andererseits muss er fürchten, dass sich schon bald eine weitere Jugendmannschaft der DJK auflöst.

Mustafa Özkanli, zweiter Vorsitzender von Anadoluspor erinnert daran, dass einige der umliegenden Kunstrasen-Vereine wegen des Andrangs bereits einen Aufnahmestopp verhängen mussten, da könne ein Kunstrasen in der Kopernikusstraße entlastend wirken. Vielleicht, so Goeblet, schaffe es die DJK so auf die neue Prioritätenliste: „2021 hätte der FC Buchforst sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Ob wir da ein großes Fest machen, hängt auch davon ab, wie sich die Dinge bis dahin entwickeln.“

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