Kardinal WoelkiVatikan entsendet Prüfer ins Erzbistum Köln

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Kardinal Woelki 2014 bei seiner Amtseinführung in Köln.

Rom/Köln – Angesichts der Krise im Erzbistum Köln hat Papst Franziskus eine Apostolische Visitation angekündigt. Dies teilten die Nuntiatur (Botschaft) des Vatikans in Berlin und das Erzbistum am Freitagmittag zeit- und wortgleich mit.

Zu päpstlichen Gesandten mit umfassenden Vollmachten ernannte Franziskus den Kardinal von Stockholm, Anders Arborelius, und den Rotterdamer Bischof Johannes van den Hende, den Vorsitzenden der niederländischen Bischofskonferenz.

Die Gesandten des Heiligen Stuhls würden sich im Laufe der ersten Junihälfte vor Ort ein umfassendes Bild „von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum verschaffen“ und gleichzeitig eventuelle Fehler Kardinal Woelkis sowie der derzeit beurlaubten Bischöfe Stefan Heße (Erzbischof von Hamburg), Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff (beide Weihbischöfe in Köln) im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs untersuchen.

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In einem Video-Statement begrüßte Woelki den „Blick von außen auf unser Bistum“ als gut und richtig für die Aufarbeitung. Aus der Ferne lasse sich die Situation nicht genau erfassen. Die Visitation könne „wertvolle Hinweise geben, was bei der Aufarbeitung schiefgelaufen ist und was noch zu tun ist“. Er habe sich nicht vorstellen können, welche immensen Auswirkungen die Aufarbeitung von Schuld nach sich ziehe, fügte Woelki hinzu. Wer immer sich an dieses Thema heranmache, „tritt allen auf die Füße“. Ihm liege der verstärkte Dialog mit den Menschen im Erzbistum weiterhin am Herzen, betonte der Erzbischof. Wegen des „Gifts der Polarisierung“ sei dies „zurzeit nicht ganz so einfach“. Bereits in einer ersten Reaktion hatte Woelki betont, dass er die Visitatoren „mit voller Überzeugung“ unterstützen werde. „Alles, was der konsequenten Aufarbeitung dient, begrüße ich.“

Zuvor hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Entsendung der zwei Apostolischen Visitatoren berichtet. Die vom Papst eingesetzten Visitatoren haben umfangreiche Vollmachten.

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Präzedenzfall in Deutschland sind die Vorgänge um den früheren Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Wegen massiver Kritik an der luxuriösen Umgestaltung des Bischofshauses und an der Amtsführung des Bischofs entsandte Papst Franziskus 2013 einen Apostolischen Visitator.

Dessen Abschlussbericht führte zur Einsetzung eines Administrators (Verwalters) für das Bistum durch den Papst. Tebartz-van Elst bot seinen Rücktritt an und wurde anschließend mit einer Aufgabe in der römischen Kurie betraut.

Seit mehr als einem Jahr wird im Erzbistum Köln um die öffentliche Aufarbeitung früherer Missbrauchsfälle durch Geistliche gerungen. Dabei geht es auch um die Frage, inwiefern hohe Amtsträger Missbrauchstäter geschützt und Fälle vertuscht haben. Auch Woelki werden Vorwürfe gemacht, obwohl ihn ein Aufarbeitungsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke juristisch entlastet.

Dennoch wird seit Wochen immer wieder über neue Details rund um Fälle aus dem Gercke-Report diskutiert. Kritiker werfen Woelki vor, sich zu sehr auf juristische Fragen zurückzuziehen und zu wenig moralische Verantwortung zu übernehmen.

Ende 2020 wurde in einem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeiger“ dem Kardinal erstmals angelastet, in einem Missbrauchsfall an Vertuschung beteiligt gewesen zu sein. Woelki wandte sich deshalb im Dezember an Papst Franziskus. Der Papst solle prüfen, ob er als Kölner Erzbischof eine Pflichtverletzung nach dem Kirchenrecht begangen habe, so Woelkis Absicht damals.

Auch Laienvertreter vom Kölner Katholikenausschuss und die Protest-Initiative Maria 2.0 im Rheinland hatten Papst Franziskus um sein Eingreifen gebeten und unter anderem eine Visitationsreise eines Vatikanvertreters angeregt. Bislang gab es aus dem Vatikan keine offizielle Antwort auf diese Anfragen.

Der Mitte März veröffentlichte Gercke-Report weist hohen Amtsträgern im Erzbistum Köln – darunter ehemalige Generalvikare und Erzbischöfe – mindestens 75 Pflichtverletzungen zwischen 1975 und 2018 nach. Demnach sind die Würdenträger Verdachtsfällen nicht nachgegangen und haben sich nicht um die Betroffenen gekümmert.

Nach Veröffentlichung des Gutachtens boten der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sowie der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp Papst Franziskus ihren Rücktritt an. Beide waren früher als Generalvikare in Köln tätig. Heße werden elf und Schwaderlapp acht Pflichtverletzungen angelastet. Woelki hingegen wird im Report sowohl unter kirchen- als auch strafrechtlichen Gesichtspunkten entlastet.

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