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„Schaden ist maximal“Kölner Karnevalisten kritisieren Politik für unklare Vorgaben

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Die Band Paveier bei einer Sitzung 2017

Köln – Die Karnevalsoffiziellen landauf, landab fühlen sich von der Politik alleine gelassen und beklagen deren unklare Vorgaben. Vier Wochen vor Weiberfastnacht haben die Regionalpräsidenten des Bund Deutscher Karneval (BDK) bei einem Treffen mit Vertretern der Landesregierung in der Düsseldorfer Staatskanzlei erfahren, dass die aktuell geltenden Corona-Regeln wohl auch in der zweiten Hälfte der Session nicht verschärft werden.

„Entgegen der Omikron-Vorhersagen der Politik von vor Weihnachten nehmen die Menschen aktuell wahr, dass Karneval in Kneipen oder im Rahmen von Saalveranstaltungen nach wie vor stattfinden darf und längst stattfindet”, beklagt BDK-Präsident Klaus-Ludwig Fess. „Die einzigen, die auf Wunsch der Politik freiwillig abgesagt haben, sind die ehrenamtlich agierenden Karnevalsvereine.“

Man wisse immer noch nicht, ob die versprochenen finanziellen Hilfen von Bund und Land wirklich kommen und erlebe gleichzeitig, wie kommerzielle Veranstalter in die entstandenen Lücken stoßen. „Der Schaden für das Brauchtum ist maximal, während das Pandemiegeschehen durch unsere freiwilligen Absagen von Sitzungen praktisch nicht beeinflusst wird.”

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Veranstaltungen mit 750 Menschen derzeit erlaubt

Trotz anderslautender Signale zum Ende des vorigen Jahres, sind Veranstaltungen mit 750 Personen in Innenräumen nach wie vor erlaubt, Masken nicht vorgeschrieben. „Wir sind als Karnevalisten nicht in der Position, kommerzielle Veranstalter oder gar jeden einzelnen Jecken zu drängen, strengere Regeln umzusetzen, als die Corona-Schutzverordnung vorschreibt“, so Fess weiter. Man können nur zur Vorsicht mahnen und die eigenen Veranstaltungen unter strengen Hygieneregeln umsetzen. „Ein Ärgernis ist, dass aufgrund der Voraussagen und der jetzt gemachten Aussagen der Politik die ehrenamtlichen Karnevalisten auf Veranstaltungen verzichtet haben, während kommerzielle Anbieter alle Möglichkeiten ausschöpfen können.”

Eine ähnlich widersprüchliche Situation ist für den Straßen- und Kneipenkarneval Ende Februar zu erwarten. „Zum einen werden Veranstaltungen mit Zuschauern, die unter 2G+-Bedingungen durchgeführt werden könnten, derzeit nicht genehmigt, während sich zum anderen Tausende von Jecken unkontrolliert an den Feierhotspots treffen und selbstverständlich auch in die geöffneten Kneipen strömen werden”, erklärt dazu Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval (FK). „Und am Ende wird der Karneval in der öffentlichen Wahrnehmung erneut zum Corona-Treiber erklärt, obwohl die Menschen nur alle das tun, was gesetzlich erlaubt ist.“ Man wolle frühzeitig auf diesen Widerspruch hinweisen, denn „noch haben Bund und Land Zeit, den Kommunen die Werkszeuge für sicheres Feiern an die Hand zu geben.”

Moralischer Druck drängte Veranstalter zu frühen Absagen

Bei der Empfehlung für eine freiwillige Absage von Saalveranstaltungen musste im Dezember für einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten geplant werden, um Planungssicherheit für die meist ehrenamtlich agierenden und zum großen Teil gemeinnützigen Karnevalsvereine zu schaffen. Auch alternative Veranstalter wie die Stunksitzung beugten sich der Planungsunsicherheit und dem moralischen Druck von außen und sagten alles ab.

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Ende Januar ist zu erkennen, dass sich zwar die Inzidenzen erhöhen, die Hospitalisierung aber stabil bleibt, sodass klare Signale aus der Politik kommen, dass die Corona-Regeln in den kommenden Wochen nicht verschärft werden müssen. „Das muss bei den Menschen so ankommen, dass der freiwillige Verzicht auf Karnevalsveranstaltungen nicht mehr nötig ist”, fürchtet Kuckelkorn. „Daher kann man es niemandem verdenken, sich unter Beachtung der aktuellen Corona-Regeln im Kostüm zu treffen und zu feiern, wenn es ohne Kostüm ja auch erlaubt ist.“

Der organisierte Karneval sei sich der Verantwortung bewusst und werde dies auch weiterhin mit Augenmaß und nur bei kleinen Formaten tun, aber: „Ohne klare Vorgaben wird der einzelne Jeck dort feiern, wo es möglich ist.” Noch im November hatte die Politik bundesweit lauthals verkündet, dass sie „Bilder wie die aus Köln“ von der Sessionseröffnung etwa auf der Zülpicher Straße nicht mehr sehen wolle. Obwohl bis auf nachlässige städtische Kontrollen dort nichts passierte, was nicht erlaubt gewesen wäre. So, wie es im Moment aussieht, ist man weder beim Land NRW noch bei der Stadt Köln auf dieses Szenario vorbereitet.

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