Für über 100.000 EuroRote Funken mit barrierefreiem Wagen in Kölner Rosenmontagszug

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Günter Ebert auf dem Senatswagen

Köln – Ganz fertig ist der Wagen noch nicht: Die Farbe fehlt, die Kaschierung auch, der Blumenschmuck sowieso. Doch wie imposant der neue Senatswagen der Roten Funken wird, erschließt sich schon beim Anblick des hölzernen Rohbaus. In einer geräumigen Halle im Gewerbegebiet Godorf biegen Wagenbauer Jörg Liebetrau und sein fünfköpfiges Team gleichsam auf die Zielgerade ein. Nötz (Tonpfeife), Böckem (Bückling) und Rote Funken-Logo aus Styropor sind fertig modelliert. Etwa zwei Tonnen Holz und jede Menge Stahl wurden verbaut.

Barrierefreier Wagen für Kölner Rosenmontagszug

„Der Wagen muss leicht, stabil und solide zugleich sein“, erklärt Liebetrau. Knapp drei Monate dauert es, bis ein Wagen dieser Dimension fertig ist. Das Gefährt ist etwa 12 Meter lang, vier Meter hoch und drei Meter breit. Und der Grund dafür, dass die Funken ihre angestammte Position im Rosenmontagszug aufgeben: statt Gruppe fünf wie bisher sind sie ab sofort an Position 32, weil sie sich am Bonner Wall aufstellen müssen.

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Dabei ist das Besondere des Wagens von außen gar nicht zu erkennen. „Wir haben uns bei diesem Neubau für einen barrierefreien Wagen entschieden“, sagt Funken-Pressesprecher Günter Ebert. Das bedeutet: Der Wagen verfügt über einen Lift, damit Rollstuhlfahrer bequem auf die obere Ebene gebracht werden können. Zudem gibt es spezielle Sitze wie man sie aus dem Jachtbau kennt – fest verschraubt, drehbar und mit Haltegurten. Platz finden bis zu vier Rollstuhlfahrer und sechs gehbehinderte Personen.

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Kölner Karnevalswagen kostet über 100.000 Euro

Die Rollstühle können arretiert werden. Eine behindertengerechte Toilette in der Zwischenebene rundet die Ausstattung des barrierefreien Wagens ab. Auf dieser Ebene wird auch das Wurfmaterial untergebracht. „Das ist unerlässlich, da wir zwei Baggagewagen herausgenommen und so unseren Fuhrpark deutlich verkürzt haben. Der ist mit Vorstandswagen, zwei Kutschen, Kaschöttche und Persiflagewagen ohnehin recht überschaubar“, sagt Ebert. Der neue Wagen, der erste überhaupt für den Senat, zu dem 125 Mitglieder gehören, kostet über 100.000 Euro. Ohne den barrierefreien Ausbau wären es schätzungsweise 30 Prozent weniger. 

Auch Jan von Werth setzt auf Barrierefrei

Das Reiterkorps Jan von Werth war die erste Gesellschaft, die 2013 einen barrierefreien Wagen bauen ließ. Dieses Gefährt hat einen Aufzug, bietet Platz für maximal vier Rollstühle und verfügt über eine behindertengerechte Toilette. Das aus dieser Gesellschaft stammende Dreigestirn 2020 widmet sich in dieser Session ebenfalls dem Thema Inklusion.

Das Dreigestirn sammelt Geld für den Bau eines neuen Wagens für den Rosenmontagszug „für Menschen mit und ohne Handicap“. Auf dem geplanten Wagen sollen zehn Menschen mit einer Beeinträchtigung Platz finden. Er soll eine Rampe, eine Toilette, zusätzliche Befestigungen für Rollstühle und eine niedrige Brüstung für eine bessere Sicht bekommen. (mos) 

„Wir planen einen solchen Wagen bereits seit etlichen Jahren. Der demografische Wandel geht natürlich auch an unserem Verein nicht spurlos vorbei. Wir möchten, dass auch die Funken, die nicht mehr so sicher auf den Beinen sind, mit im Zug dabei sein können. Dieses Thema ist uns sehr wichtig.“ Daher soll das Gefährt auch kein Einzelstück bleiben. Bis zum Jubiläumsjahr 2023 soll der gesamte Funken-Fuhrpark ein einheitliches Design zeigen. Die Roten Funken wollen 200 Jahre nach ihrer Gründung barrierefrei durch den Rosenmontagszug rollen.

Das neue Flaggschiff soll trotz seiner beachtlichen Größe leicht zu händeln sein. Es verfügt über drei lenkbare Achsen und wird von einem leistungsstarken Traktor gezogen. Wagenbauer Liebetrau ist sich sicher, dass die Zuschauer am Zugweg den Wagen schon von weitem erkennen werden. „Der fällt auf“. Auch wegen der übergroßen Applikationen mit Logo, Nötz und Böckem auf beiden Seiten. „Allein der Fisch ist mehrere Meter lang.“ Es gibt mindestens zwei Wagen im Rosenmontagszug, die noch länger als der Senatswagen der Roten Funken sind: Der Prinzenwagen bringt es auf 13 Meter, der Museumswagen des Festkomitees Kölner Karneval sogar auf 14,5 Meter.

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